"Beschämendes Bild": Hansa Rostock verurteilt Vorfälle in Paderborn
Der FC Hansa Rostock bleibt in der 2. Fußball-Bundesliga ein großes Sorgenkind mit schlechtem Image. Dabei rückt das Verhalten der Fans die sportlich bedrohliche Situation in den Hintergrund. Das Außenbild sei eine "Vollkatastrophe", sagte Vorstandschef Robert Marien nach den schweren Ausschreitungen im Auswärtsspiel beim SC Paderborn dem NDR.
Rostock wird nach der 0:3-Niederlage am Freitag beim SC Paderborn auf Relegationsplatz 16 überwintern. Die sportliche Situation der Norddeutschen hat sich auch nach der Trennung von Trainer Alois Schwartz nicht verbessert, in Ostwestfalen waren die Gäste über 90 Minuten die klar schlechtere Mannschaft und agierten offensiv unauffällig. Etwas, was sich über einige der mitgereisten Anhänger der Mecklenburger nicht sagen lässt.
Die Gewaltexzesse von FCH-Problemfans sorgen für Fassungslosigkeit - und werden dem sportlich taumelnden Club eine immens hohe Geldstrafe einbringen. Der Schaden, den Randalierer Rostock zufügen, hat aber weit mehr Dimensionen als nur die wirtschaftliche. Das Image des FC Hansa ist schwer getrübt, das Problem beschäftigt den Club schon lange - eine Lösung ist nicht in Sicht.
Marien: "Mit aller Härte sanktionieren"
"Es gibt wohl Videoaufnahmen, auf denen Personen identifiziert werden können. Darum wird es gehen: Diese Personen mit aller Härte zu sanktionieren, und das nicht nur von Vereinsseite, sondern auch strafrechtlich", sagte Hansas Vorstandsvorsitzender Robert Marien dem NDR.
Doch wie geht es danach weiter angesichts der immer wiederkehrenden Probleme? "Wir hatten Anfang des Jahres bei St. Pauli ein Spiel mit erheblichen Ausschreitungen, die wir sanktioniert haben", sagte Marien. "Danach haben wir eine lange Phase gehabt, in der Hansa gegen den bundesweiten Trend geschwommen ist. Es ist ja nicht nur Hansa Rostock, sondern eine bundesweite Entwicklung", merkte der 42-Jährige an.
Bei der Frage, ob sich Vereine an den Kosten von Polizeieinsätzen beteiligen sollen, wich Marien aus. Er könne die "Steuerzahler" durchaus verstehen, es sei aber nur eine "Geldverschiebung" und würde die Probleme rund um die Stadien nicht lösen. Diese seien gesellschaftlich hervor gerufen.
SCP-Geschäftsführer Hornberger: "Das war Krieg"
"Ich bin seit 22 Jahren dabei - aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist alles zerstört worden, was zu zerstören war", sagte Paderborns Geschäftsführer Martin Hornberger bei "Sky": "Ich habe Bilder der Überwachungskameras gesehen - das war Krieg! Das hat mit Fußball und Fankultur absolut nichts mehr zu tun." Der 62-Jährige fordert massive Konsequenzen. Man müsse sich bei der DFL und dem DFB überlegen, "ob man Vereine, die Fans haben, die zu solcher Gewalt neigen, überhaupt noch in andere Stadien lässt".
"Fakt ist, dass das Außenbild und die Ereignisse jetzt eine Vollkatastrophe sind, das kann man nicht anders benennen. Die werden auch erhebliche Konsequenzen haben." Hansas Vorstandsvorsitzender Robert Marien
Hansa reagierte am Sonnabend auf die Vorwürfe in einer Stellungnahme. "Mit zwei Spielunterbrechungen, erheblicher Sachbeschädigung sowie körperlichen Auseinandersetzungen in Folge dessen es mehrere Verletzte zu beklagen gibt, hat der FC Hansa Rostock in Paderborn für ein beschämendes Bild gesorgt", schrieb der Club auf seiner Website.
Erst schweigende Fans, dann fliegende Raketen
Was war passiert? Wie erwartet hatten am Freitagabend die Fans beider Clubs zwölf Minuten lang geschwiegen, um gegen den beschlossenen Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu protestieren. Anschließend allerdings flogen aus dem Gästeblock Leuchtraketen auf das Spielfeld, Schiedsrichter Wolfgang Haslberger unterbrach die Begegnung und ließ erst nach acht Minuten weiterspielen.
Im zweiten Durchgang setzte Haslberger das Spiel aufgrund von Pyrotechnik im Rahmen einer Choreografie der FCH-Fans erneut für fast 20 Minuten aus. Die Begegnung stand sogar kurz vor dem Abbruch. Das hatte allerdings mit dem Verhalten der Rostocker Fans im Innenbereich des Stadions zu tun.
Gewalt von Hansa-Fans gegen Ordnungskräfte
Während des Spiels hätten sich "etwa 150 gewaltbereite Gästefans" vor dem Ausgang des Blocks versammelt und dort die Einsatzkräfte mit diversen Gegenständen beworfen, teilten der SC Paderborn und die Polizei mit. "Acht Ordnungsdienst-Mitarbeiter und zwölf Polizeibeamte erlitten Verletzungen, eine Polizistin musste mit einer Schnittverletzung in einem Paderborner Krankenhaus behandelt werden", hieß es.
Es soll laut Hansa bereits in der Einlassphase zu Auseinandersetzungen mit dem Ordnungsdienst gekommen sein. "In Folge dessen wurde einigen Hansa-Fans der Zutritt verwehrt. Solidarisierungshandlungen anderer Hansa-Fans führten sodann zu einem Einsatz der Polizei und zu nachfolgenden Auseinandersetzungen im äußeren Gästebereich des Stadions und im Gäste-Block", so der Club.
Schäden in Höhe von mehr als 100.000 Euro
Zudem sei Paderborner Angaben zufolge kurz vor Ende der Partie ein Gästefan über einen Zaun in den Sitzplatz-Bereich geklettert und habe dort einen neutralen Zuschauer schwer am Kopf verletzt. Der Mann musste demnach per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.
"Sie haben volle Gewalt gezeigt", schilderte Hornberger. Die massiven materiellen Schäden schätzt er auf mehr als 100.000 Euro. Dafür soll der Gastverein aufkommen. "Wir werden die Rechnung Hansa Rostock schicken. Wir können ja nichts dafür", sagte Hornberger. Die Mecklenburger haben dem SCP bereits signalisiert, sich an den Kosten für den entstandenen Sachschaden im Stadion zu beteiligen.
Drei Vorfälle binnen weniger Wochen
Der FC Hansa kommt aber nicht zuletzt aufgrund seiner Anhänger einfach nicht zur Ruhe. Schon vergangene Woche hatten im Heimspiel der Rostocker gegen Schalke 04 (0:2) die Fans beider Vereine für mehr als 25 Minuten Unterbrechung durch Tumulte auf der Tribüne gesorgt. Zunächst hatten Schalke-Anhänger eine Plexiglaswand zerbrochen und waren in den Pufferbereich in Richtung Heimfans vorgedrungen, wo sie die Hansa-Fans provozierten. Diese gingen darauf ein und es entwickelte sich eine aufgeheizte Situation, in der sich beide Fanlager mit Pyrotechnik beschossen.
Im Heimspiel zuvor gegen den FC St. Pauli hatten Hansa-Anhänger eine Choreografie gezeigt, auf dem mehrere Hochhäuser, darunter das sogenannte Sonnenblumenhaus, zu sehen waren. Die Choreo kann als Anspielung auf die rassistischen Angriffe in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 interpretiert werden. Der Verein verteidigte allerdings in diesem Kontext seine Fans und sprach von einer "angemeldeten Geburtstags-Choreo" des Fanclubs "Plattenbau Rostock".
"Man sollte jeden Vorfall für sich betrachten, ich möchte ungern diese Vorkommnisse mit anderen vermengen, wo es andere Auslöser gab", sagte Marien der "Bild". Die öffentliche Wahrnehmung des Clubs habe in den vergangenen Monaten aber massiv gelitten: "Fakt ist, dass das Außenbild und die Ereignisse jetzt eine Vollkatastrophe sind, das kann man nicht anders benennen."