DFL beschließt Investoren-Einstieg
Die 36 Fußballclubs der 1. und 2. Liga haben im zweiten Anlauf den Weg für den umstrittenen Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) frei gemacht. Mit 24 Ja-Stimmen kam die Zwei-Drittel-Mehrheit knapp zusammen.
Zehn Clubs votierten gegen den Einstieg, zwei - darunter Zweitligist VfL Osnabrück - enthielten sich. Der erste Versuch, einen Investor ins Boot zu holen, war im Mai gescheitert. Damals wurde die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. Seinerzeit waren viele Clubs nicht mit der Verteilung des Geldes einverstanden gewesen. Sie befürchteten die weitere Zementierung der sportlichen Kräfteverhältnisse und die Einflussnahme eines Geldgebers.
Nun ist der Weg für einen Investoren-Einstieg frei - sehr zur Freude des Ligaverbandes. Das Votum sei ein "gutes Zeichen, dass wir gemeinsam - DFL wie auch die Clubs - die Bundesliga und 2. Bundesliga weiterentwickeln wollen", erklärte DFL-Geschäftsführer Marc Lenz. "Für die Mehrheit ist der jetzige Beschluss das konsensfähige Modell."
Wie hat Hannovers Profiboss Kind abgestimmt?
Mit Spannung erwartet worden war das Abstimmungsverhalten von Zweitligist Hannover 96. Der Mutterverein (Hannover 96 e.V.) hatte Martin Kind, Geschäftsführer der ausgelagerten KGaA, angewiesen, mit "Nein" zu stimmen. Kind gilt aber als Befürworter des Investoren-Einstiegs, sein Abstimmungsverhalten wollte er nicht öffentlich machen. Auf Anfrage der ARD Sportschau nach der Versammlung sagte Kind lediglich:
Göttlich "akzeptiert" die Entscheidung
Präsident Oke Göttlich vom Zweitligisten FC St. Pauli betonte, die demokratische Entscheidung "selbstverständlich respektieren" zu wollen: "Wichtig ist in dem weiteren Prozess, eine faire und sinnvolle Verteilung von Geldern zu erreichen, um den nationalen Wettbewerb attraktiver zu gestalten und damit auch finanziell zu stärken." Nun werde sich zeigen, "wie stark die Gemeinschaft der DFL tatsächlich ist".
Bis zu einer Milliarde Euro sollen erlöst werden
Der neue Plan der DFL sieht vor, sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben.
Im Idealfall gehen 600 Millionen an die DFL-Zentralverwaltung zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (Digitalisierung, Streamingplattform, usw.). 300 Millionen erhalten gemäß dem gültigen Verteilerschlüssel die Clubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das die Clubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen.
DFL: "Rote Linien" bei der Mitbestimmung gezogen
Vor der Abstimmung am Montag hatten die beiden DFL-Geschäftsführer Lenz und Steffen Merkel die Clubs bei mehreren Gesprächsrunden über die Pläne informiert. Dabei wurden "rote Linien" gezogen. Hoheitsrechte sollen nicht abgegeben werden. Es soll keine "Mitbestimmungsrechte eines Partners in Bezug auf Pflichtspiele im Ausland, Anstoßzeiten oder im Bereich der Spielplanung" geben. Und: "Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Minderheitsbeteiligung würden die lizenzierten Rechte automatisch an den DFL e.V. zurückfallen."
Marien: "Kann Sorge der Fans nachvollziehen"
"Der FC Hansa Rostock wird sich dafür einsetzen, dass die gesetzten roten Linien nicht gebrochen werden", sagte Clubchef Robert Marien dem NDR. "Ich kann die Sorge und Angst der Fans nachvollziehen. Der Fußball an sich, ob das jetzt DFL oder DFB, hat in den letzten Jahren nicht mit Glaubwürdigkeit geglänzt." Hansa hat mit "Ja" gestimmt, nachdem es im ersten Anlauf noch ein "Nein" aus Rostock gegeben hatte. "Ich glaube, es ist bei allen 36 Clubs unstrittig, dass unser Geschäftsfeld weiterentwickelt werden muss", sagte Marien.
Fanbündnis "Unsere Kurve" kritisiert Investoren-Einstieg
Das Fanbündnis "Unsere Kurve" übte derweil harsche Kritik am "Ja" zu einem Investoren-Einstieg. "Die wohlfeilen Worte der DFL in der Coronapause haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Geld steht über allem", hieß es auf Nachfrage. "Die Einzigartigkeit des deutschen Fußballs wird für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League über Bord geworfen. Ein Investor, dem man rote Linien in den Vertrag schreiben muss, kann nicht im Sinne des Sports sein."
Die Entscheidung verschärfe "die ungleichen Chancen in den deutschen Ligen zugunsten eines zunehmend künstlichen Produktes der internationalen TikTok-Welt", führte "Unsere Kurve" aus. Eine Beteiligung der Mitglieder in den Vereinen sowie der Dialog mit den Fans scheine "in zukunftsweisenden Entscheidungen der DFL keine wichtige Rolle zu spielen".