Stand: 30.04.2020 10:53 Uhr

Versteckter Zucker in vielen Lebensmitteln

von Susan Penack und Rieke Sprotte
Ein Mann schaut sich Produkte in Regalen an. © fotolia.com Foto: Minerva Studio
Fast alle verarbeiteten Lebensmittel enthalten Zucker.

Es ist gar nicht so leicht, Zucker im Alltag aus dem Weg zu gehen: Zucker ist eine beliebte Zutat der Lebensmittelindustrie und steckt in fast jedem verarbeiteten Produkt. Anhand der Nährwerttabelle lässt sich nicht erkennen, ob es sich um zugesetzten Zucker oder natürlich enthaltenen Zucker handelt. Deshalb lohnt ein Blick in die Zutatenliste, denn laut Gesetz müssen alle Zutaten dort aufgeführt werden.

Blick in Zutatenliste zeigt, ob Zucker enthalten ist

In der Zutatenliste steht immer ganz vorn, was den größten Anteil im Produkt ausmacht. Süße tarnt sich allerdings oft unter anderen Namen und ist gar nicht so leicht als Zucker zu entlarven. Denn nur Haushaltszucker, also Saccharose, muss auf der Zutatenliste als Zucker ausgewiesen werden. Zum Süßen werden aber auch Sirup, Malzextrakt und andere Zuckerarten wie Laktose, Maltose oder Dextrose eingesetzt.

Oft wird der Zuckergehalt eines Produkts auf viele Zutaten verteilt. Wie viel Zucker wirklich in einem Lebensmittel steckt, kann der Laie also kaum noch erkennen.

Was Begriffe wie "zuckerarm" und "zuckerfrei" bedeuten

Viele Verbraucher versuchen, im Alltag weniger Zucker zu essen. Die Hersteller locken daher mit Angaben wie "weniger süß", "weniger Zucker" oder sogar "zuckerfrei". Einige dieser Aussagen sind gesetzlich geregelt und dürfen nur unter bestimmten Bedingungen verwendet werden:

  • "Zuckerarm": Im Erzeugnis sind bei festen Produkten maximal fünf Gramm Zucker je 100 Gramm, bei flüssigen Produkten 2,5 Gramm je 100 Milliliter erlaubt.
  • "Zuckerfrei": Das Produkt muss nicht völlig zuckerfrei sein. Ein Restgehalt von maximal 0,5 Gramm Zucker je 100 Gramm oder je 100 Milliliter ist gesetzlich erlaubt. Ein Liter "zuckerfreie" Limonade kann also bis zu 5 Gramm Zucker enthalten.
  • "Zuckerreduziert" und "30 Prozent weniger Zucker": Der Zuckergehalt im Produkt muss mindestens um 30 Prozent im Vergleich zu anderen Lebensmitteln gleicher Art reduziert sein. Die Angabe ist nur zulässig, wenn bei dem zuckerreduzierten Produkt außerdem der Energiegehalt (kcal) gleich oder niedriger ist als der des Vergleichsprodukts. In der Realität spart man oft kaum Kalorien. Anstelle von Zucker werden andere süßende Stoffe eingesetzt, die ebenfalls viele Kalorien enthalten.
  • "Ohne Zuckerzusatz": Dem Produkt dürfen weder Einfach- oder Zweifachzucker noch andere wegen ihrer süßenden Wirkung eingesetzte Zutaten zugesetzt werden. Enthalten Zutaten von Natur aus Zucker, sollte darauf hingewiesen werden (muss aber nicht). "Ohne Zuckerzusatz" heißt also nicht, dass kein Zucker enthalten ist.

Irreführende Werbebotschaften auf der Verpackung

Neben den gesetzlich geregelten Werbeaussagen finden sich auf Lebensmittelverpackungen häufig auch andere Botschaften, die mitunter irreführend sein können. Hier einige Beispiele:

  • "Weniger süß" heißt nicht, dass auch weniger Zucker verarbeitet wurde.
  • "Mit (natürlicher) Fruchtsüße" heißt nicht, dass das Lebensmittel keinen Zucker oder keine zuckerhaltigen Zutaten enthält oder besonders natürlich ist.
  • "Zuckerauszug aus Trauben" bedeutet nicht, dass ein besonders gesunder Zucker verwendet wurde.
  • "Süße nur aus Früchten" oder "natursüß" ist nicht gleichzusetzen mit ungesüßt.
  • "Ohne Zusatz von Süßungsmitteln" bedeutet nicht, dass kein Zucker oder andere süßende Zutaten verwendet wurden, sondern nur, dass weder Süßstoffe noch Zuckeraustauschstoffe (Süßungsmittel) im Produkt enthalten sind. Zucker darf aber drin sein.
  • "Mit Traubenzucker" heißt nicht gesünder - im Gegenteil: Durch die geringere Süßkraft von Traubenzucker ist eventuell sogar mehr Zucker nötig, um die gewünschte Süße zu erreichen. 

Problem Softdrinks: Debatte um Zuckersteuer

Ein großes Problem stellen nach Ansicht von Experten zuckerhaltige Getränke wie Softdrinks dar. Denn aufgrund des zugesetzten Zuckers liefern gesüßte Getränke jede Menge Energie, oft aber kaum Nährstoffe. Verbraucherschützer, Ärzte und Ernährungswissenschaftler setzen sich schon seit Längerem für eine Zuckersteuer in Deutschland ein. Vergleichbare Sondersteuern auf süße Getränke gibt es seit einigen Jahren bereits in Irland, Portugal, Estland, Belgien, Norwegen, Mexiko, Südafrika und Frankreich. Und auch Großbritannien hat eine solche Abgabe 2018 eingeführt. Dort hat die Zuckersteuer dazu geführt, dass der durchschnittliche Zuckergehalt in den britischen Getränken um 30 Prozent gesunken ist, dass sich der Konsum stark gezuckerter Getränke halbiert hat und gleichzeitig der Konsum von Wasser und zuckerarmen Getränken um 40 Prozent gestiegen ist.

Ernährungsministerin Klöckner gegen Zuckersteuer

Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) lehnt eine Steuer für zuckerhaltige Limonaden bisher ab. Ihre Argumente: Das Thema Fehlernährung könne man damit nicht in den Griff bekommen. Außerdem sei die Besteuerung eines einzigen Lebensmittels nicht zielführend. Das Ministerium setzt stattdessen auf die Freiwilligkeit der Industrie und Bildungsangebote zum Thema gesunde Ernährung. 

Weitere Informationen
Eine Frau hält Zuckerwürfel in den Händen. © fotolia.com Foto: Syda Productions

Warum der Körper keinen reinen Zucker braucht

Die Lust auf Zucker ist angeboren. Der Körper benötigt aber gar keinen reinen Industriezucker, um in Schwung zu kommen. Er kann die benötigte Energie aus anderen Lebensmitteln selbst herstellen. mehr

Diverse Frühstückscerealien © PantherMedia Foto: cook_inspire

Zucker: Kinder als Zielgruppe der Lebensmittelindustrie

Kinder lieben Zucker. Der steckt allerdings nicht nur in Süßigkeiten wie Eis und Schokolade, sondern auch in vermeintlich gesunden Lebensmitteln wie Frühstücksflocken. mehr

Verschiedene Zuckerarten © fotolia Foto:  fovito

Zucker: Die größten Irrtümer über Glukose, Honig und Co.

Honig oder Traubenzucker halten viele für gesunde Süße. Aber stimmt das? Und welche Namen hat Zucker noch? mehr

Locker gestapelte Würfelzuckerstücke auf einer Fläche mit Streuzucker. © fotolia.com Foto: fotos4people

Zucker: Gefährlich für die Gesundheit?

Zu viel Zucker spielt bei der Entstehung von Diabetes eine Rolle, womöglich sogar bei Krebs. mehr

Dieses Thema im Programm:

Die Tricks | 04.05.2020 | 21:00 Uhr

Mehr Verbrauchertipps

Themenbild zur Kfz-Versicherung: Ein Spielzeugauto steht auf einer Liste unterschiedlicher Versicherer. Daneben liegen ein Taschenrechner und ein Kugelschreiber. © picture alliance / dpa Themendienst

Autoversicherung bis 2. Dezember wechseln und Geld sparen

Viele Kfz-Versicherungen haben kräftige Beitragserhöhungen angekündigt. Ein Anbieterwechsel kann sich daher lohnen. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?