Pflegegrad beantragen: So geht es
Wer im Alter auf Pflege oder Hilfe im Alltag angewiesen ist, kann Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen. Was sind die Voraussetzungen? Welche Leistungen gibt es? Tipps zur Antragstellung.
Wer Geld von der Pflegeversicherung bekommen möchte, muss einen Antrag stellen. Antragsteller sind der oder die Pflegebedürftige oder eine bevollmächtigte Person, etwa Angehörige. Voraussetzung, um Leistungen aus der Pflegeversicherung zu erhalten: Es muss ein Pflegegrad festgestellt werden. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit. Das Geld kann sowohl für Hilfe in der eigenen Wohnung durch einen ambulanten Pflegedienst verwendet werden als auch für einen Platz im Pflegeheim.
Erstantrag an die Pflegekasse stellen
Erste Anlaufstelle sind die Pflegekassen, die den Krankenkassen angegliedert sind. Es reicht aus, die zuständige Krankenkasse formlos anzuschreiben - mit dem Hinweis, Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragen zu wollen, und der Bitte um Weiterleitung an die Pflegekasse. Antragsteller erhalten dann schriftliche Unterlagen der Pflegekasse zugeschickt und müssen neben persönlichen Daten angeben, welche Leistungen sie beantragen möchten. Die Verbraucherzentrale erklärt, wie man das Formular ausfüllt. Einige Krankenkassen bieten Erstbeantragung auch online an. Privatversicherte stellen den Antrag an die private Pflegeversicherung und wenden sich an ihren Krankenversicherer.
Gutachter beurteilen den Pflegegrad
Die Pflegekasse informiert den Medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegekassen (MD), der einen Gutachter oder einen Gutachterin zum Antragsteller schickt. Bei privat Pflegeversicherten ist das meist der medizinische Dienst Medicproof. Der Gutachter befragt den Pflegebedürftigen ausführlich, um zu ermitteln, welche Unterstützung in welchem Umfang notwendig ist. Bei dem Termin, der in manchen Fällen auch nur telefonisch stattfindet, sollten Angehörige oder eine Vertrauensperson anwesend sein. Begutachtet werden die Selbstständigkeit und Fähigkeiten in sechs Lebensbereichen, sogenannten Modulen:
- Mobilität: Wie eingeschränkt ist die körperliche Beweglichkeit, etwa beim Aufstehen oder Treppensteigen?
- Geistige und kommunikative Fähigkeiten: Dabei geht es um Sprechen und Verstehen, zeitliche und räumliche Orientierung.
- Verhaltensweisen und psychische Belastung: Thema sind Ängste und Reaktionen auf Angehörige oder Pflegende.
- Selbstversorgung: Kann der Betroffene sich selbst waschen und anziehen sowie essen und trinken?
- Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen: Nehmen Antragsteller Medikamente wie verordnet ein, nutzen sie Hilfsmittel zielgerichtet und können sie einen Arzt aufsuchen?
- Gestaltung des Alltagslebens: Wird der Tag selbst gestaltet, gibt es Kontakte und Verbindungen zu anderen Menschen?
Aus diesen Einschätzungen ermittelt der Gutachter einen Punktewert, der schließlich einem von fünf Pflegegraden entspricht. Außerdem nimmt er die Bereiche "außerhäusliche Aktivitäten" und "Haushaltsführung" mit auf, die jedoch nicht mit in die Bewertung eingehen. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps, wie man sich auf die Begutachtung vorbereiten kann.
Pflegegrad mit Tool online berechnen
Orientierung erhalten Pflegebedürftige und deren Angehörige auch mit dem Pflegegrad-Rechner der Verbraucherzentralen. Mit der kostenlosen und werbefreien Online-Anwendung sollen sie bereits vor Antragstellung einschätzen können, ob ein Pflegegrad vorliegt und ob sich ein Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung lohnt. Das Tool leitet Schritt für Schritt durch die Module und gibt Erläuterungen. Der ermittelte Pflegegrad bietet eine gute Grundlage, um sich auf eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vorzubereiten.
Wie viel Geld gibt es von der Pflegekasse?
Leistungen aus der Pflegeversicherung gibt es nur, wenn der Antragsteller in den vergangenen zehn Jahren mindestens zwei Jahre in die Pflegekasse eingezahlt hat oder in der Familienversicherung mitversichert ist. Die Höhe richtet sich einerseits nach dem Pflegegrad, andererseits nach der Art der Unterstützung. Pflegebedürftige können Unterstützung auf verschiedene Arten in Anspruch nehmen:
- Pflegegeld: Organisiert man die häusliche Pflege selbst, kann man sich Pflegegeld auszahlen lassen. So können etwa Angehörige, Freunde oder selbst beauftragte Kräfte die Pflege übernehmen. Das Pflegegeld liegt zwischen 332 Euro pro Monat bei Pflegegrad 2 und 947 Euro bei Pflegegrad 5.
- Pflegesachleistung: Die Pflege erfolgt zu Hause durch einen ambulanten Pflegedienst. Dann zahlt die Pflegekasse monatlich zwischen 761 Euro (Pflegegrad 2) und 2.200 Euro (Pflegegrad 5) an den Pflegedienst.
- Vollstationäre Pflegeleistungen: Die Pflegekasse zahlt für die Unterbringung in einem Pflegeheim zwischen 125 Euro (Pflegegrad 1) und 2.005 Euro (Pflegegrad 5). Außerdem gibt es einen Leistungszuschlag zu den hohen Kosten der Pflege.
Werden die Sachleistungen nur teilweise in Anspruch genommen, erhält die pflegebedürftige Person ein anteiliges Pflegegeld. Damit kann zum Beispiel ein Angehöriger für seine Hilfe bezahlt werden. Menschen mit Pflegegrad 1 erhalten kein Pflegegeld, sondern nur einen "Entlastungsbeitrag" von monatlich 125 Euro, mit dem sie anerkannte Hilfsangebote bezahlen können. Dieser Betrag für Unterstützung im Alltag steht allen Pflegebedürftigen zu, die zu Hause versorgt werden. Einen Überblick über die Pflegeleistungen gibt die Verbraucherzentrale.
Pflegegrad: Wie lange dauert die Feststellung?
Das Gesetz schreibt vor, dass zwischen der Antragstellung und dem schriftlichen Bescheid über den bewilligten Pflegegrad höchstens 25 Arbeitstage liegen dürfen. Wird der Pflegegrad abgelehnt oder hält man die Einstufung für falsch, kann man Widerspruch einlegen. Unterstützung bieten hierbei der Sozialverband Deutschland oder etwa der private Anbieter Pflegewächter in Hannover. Menschen, die bereits einen Pflegegrad haben, nun aber auf mehr Hilfe angewiesen sind, wenden sich erneut an die Pflegekasse ihrer Krankenversicherung.
Bei Pflegestützpunkten kostenlos beraten lassen
Über Leistungen der Pflegeversicherung kann man sich bei den Pflegekassen informieren. Deren Pflegeberater geben Auskunft und kennen auch die Adressen von Pflegestützpunkten, die es in vielen Städten gibt. Die Stützpunkte beraten kostenlos zu allen Fragen rund um die Pflege.