Indexmiete: Inflationsausgleich zu Lasten der Mieter
Seit gut 30 Jahren dürfen Vermieter mit ihren Mietern Verträge über die sogenannte Indexmiete abschließen. Ein Indexmietvertrag kann allerdings für Mieter ein schwer kalkulierbares Risiko enthalten.
Im Kern geht es beim Indexmietvertrag darum, dass der Vermieter die Nettokaltmiete (ohne Mietnebenkosten) in regelmäßigen Abständen - mindestens ein Jahr - an die jeweilige Entwicklung der Verbraucherpreise automatisch anpassen kann. Die Indexmiete soll so die Inflation abbilden. Als Maßstab wird dabei der sogenannte Verbraucherpreisindex (VPI) des Statistischen Bundesamtes herangezogen.
Der VPI errechnet sich aus der durchschnittlichen Preisentwicklung für Gütergruppen und Dienstleistungen, die typischerweise von privaten Haushalten erworben werden. Zum Beispiel Lebensmittel, Möbel oder Elektroartikel, aber auch Autos und andere Fortbewegungsmittel, Reinigungsdienste oder Mieten.
Vorteile der Indexmiete für Vermieter
Für Vermieter sind Mietverträge mit einer Preisanpassungsklausel wie bei der Indexmiete aus zwei Gründen interessant.
1. In Zeiten hoher Inflationsraten können Vermieter das Risiko der Geldentwertung vollständig auf den Haushalt des Mieters abwälzen.
2. Ist eine Preisanpassungsklausel im Mietvertrag vereinbart, dürfen Vermieter die Miete quasi automatisch erhöhen - ohne Angabe irgendeines anderen Rechtsgrundes. Sollten die Verbraucherpreise jedoch fallen, müssten die Mieten ebenfalls in gleichem Maße nach unten angepasst werden.
Warum ist die Indexmiete für Mieter wirtschaftlich riskant?
Über viele Jahre spielte es für Mieter und Mieterinnen keine Rolle, ob ihr Vertrag eine Preisanpassungsklausel enthielt, also ein Indexmietvertrag war oder nicht. Die jährlichen Inflationsraten waren lange Zeit so niedrig, dass sie bei den Mieten kaum spürbar waren. Seit dem Jahr 2021 sind die Verbraucherpreise aber stark angestiegen: um 3,9 Prozent im Jahr 2021, 6,9 Prozent in 2022 und um weitere 5,9 Prozent in 2023. Für Mieter mit einem Vertrag zur Indexmiete ergaben sich daraus Mieterhöhungen von einigen bis mehreren hundert Euro!
Denn für die konkrete Mieterhöhung bei einem Indexmietvertrag ist im Einzelfall nicht nur die jährliche Inflation maßgebend, sondern auch, wie sich der Verbraucherpreisindex seit dem Zeitpunkt der letzten Mieterhöhung entwickelt hat.
Rechenbeispiel Indexmiete:
Die letzte Mieterhöhung gab es im Februar 2011. Damals lag der Verbraucherpreisindex bei 89,3 Punkten. Im Februar 2023 erhöht der Vermieter erstmals die Miete. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Verbraucherpreisindex bei 115,2 Punkten. Das entspricht einer Steigerung von 29 Prozent. Auf Basis der Preisanpassungsklausel im Mietvertrag darf der Vermieter die Miete ebenfalls um 29 Prozent erhöhen. Bei einer Nettokaltmiete von beispielsweise 1000 Euro wäre das eine Erhöhung um 290 Euro.
Preissteigerungen im Rahmen eines Indexmietvertrages wären nicht so schlimm, wenn die Löhne sich genauso entwickeln würden, wie die Preise. Das ist aber leider eher selten. Folge: Indexmieter müssen mit dem Risiko leben, dass die Verbraucherpreise den Löhnen davonlaufen und die Mieten unbezahlbar werden.
So ermittelt man die Mieterhöhung bei einer Indexmiete
Die Berechnungsformel lautet:
(Neuer Indexstand zum Zeitpunkt der aktuellen Mieterhöhung / Alter Indexstand zum Zeitpunkt der letzten Mieterhöhung * 100) – 100 = Prozentsatz der Mieterhöhung
Die jeweiligen monatsbezogenen Indexstände gibt es auf der Webseite des Statistischen Bundesamtes unter dem Stichwort: Verbraucherpreisindex.
Indexbasierte Mieterhöhungen sind nicht begrenzt
Wer zur Indexmiete wohnt, wird sich vielleicht fragen, ob die Miete tatsächlich in dem Umfang steigen darf wie die Inflation? Die Antwort lautet: Ja, die Indexmiete darf genauso so schnell steigen, wie das Geld an Wert verliert. Es gibt momentan kein Limit beziehungsweise keine Kappungsgrenzen für indexbasierte Mieterhöhungen.
Zwar findet die Mietpreisbremse auch bei einem Indexmietvertrag Anwendung. Das betrifft aber nur die Ausgangsmiete, die bei Abschluss des Mietvertrages vereinbart wird. Für alle späteren Mieterhöhungen wird die im Mietvertrag enthaltene Preisanpassungsklausel nach Verbraucherpreisindex zugrunde gelegt.
Abschaffung und Begrenzung der Indexmiete gefordert
Wegen des Risikos, dass eine Indexmiete unbezahlbar wird, fordern Mieterverbände die Abschaffung von Indexmietvereinbarungen für Neuverträge. Für bestehende Indexmietverträge fordern sie die Einführung von Kappungsgrenzen, die eine Mietsteigerung von maximal zwei Prozent jährlich vorsehen.
Fazit:
Indexmietverträge enthalten für Mieter und Mieterinnen ein schwer kalkulierbares Risiko, weil sie die Inflationsgefahr in den Mietvertrag aufnehmen.
In Zeiten niedriger Inflationsraten ist ein Vertrag zur Indexmiete vielleicht interessant für Mieter, weil die ortsüblichen Mieten möglicherweise stärker steigen als die Inflation.
Bei hohen Inflationsraten ist ein Indexmietvertrag für Mieter aber nachteilig, weil die Preissteigerungen nur schwer vorhersehbar und für Mieterinnen und Mieter schlecht kalkulierbar sind.
Wer einen Indexmietvertrag hat, sollte beim Mieterverein oder der Verbraucherzentrale prüfen lassen, ob die Regelungen zur Indexmiete überhaupt wirksam sind. Denn manchmal kommt es vor, dass die vereinbarten Preisanpassungsklauseln nicht korrekt oder nicht vollständig sind - und damit unwirksam.