Fertiggerichte: "Frei von"-Kennzeichnung ist irreführend
Viele Hersteller von Fertiggerichten werben mit Natürlichkeit: "Frei von" Geschmacksverstärkern oder Konservierungsstoffen sind beliebte Werbeaussagen auf Verpackungen im Supermarktregal. Was ist dran an diesen Versprechen?
Verbraucherschützer warnen, dass die Versprechen der Hersteller häufig nicht das beinhalten, was sich Konsumenten darunter vorstellen. Denn die Zutatenliste vieler Fertiggerichte ist lang. Hinter Begriffen wie Natriumsulfit oder Xanthan sowie den sogenannten E-Nummern stecken verschiedenste Zusatzstoffe. Konservierungsmittel, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker, Verdickungsmittel und Co. ermöglichen es der Industrie, ein Produkt anzubieten, das schmeckt, lange haltbar ist und bestenfalls noch gut aussieht. Zusatzstoffe müssen Zulassungsverfahren durchlaufen. Außerdem muss auf dem Produkt stehen, wozu der Stoff eingesetzt wurde, zum Beispiel: "Verdickungsmittel: Xanthan".
Lebensmittelindustrie verwendet Ersatzstoffe statt Zusatzstoffe
Beim Verbraucher sind die klassischen Zusatzstoffe zunehmend unbeliebt. Daher gebe es einen Trend zu sauberen Etiketten, auch Clean Labels genannt, sagt der Leiter des Deutschen Zusatzstoffmuseums in Hamburg, Christian Niemeyer. Dabei würden klassische Zusatzstoffe durch sogenannte Ersatzstoffe ersetzt, zum Beispiel ein Farbstoff durch ein färbendes Lebensmittel. "Die können technisch das gleiche sein, aber in der Funktion noch viel besser", sagt Niemeyer.
Hefeextrakt als Geschmacksverstärker, Rote Bete zur Färbung
Es gibt eine ganze Bandbreite dieser Ersatzstoffe. Hefeextrakt kann als Geschmacksverstärker, Rote-Bete-Extrakt zur Färbung eingesetzt werden. Milcheiweißerzeugnis kann vom Binde- bis zum Konservierungsmittel gleich eine ganze Reihe von Funktionen erfüllen. Lebensmittelbestandteile übernehmen die Funktionen von Zusatzstoffen. Für die Lebensmittelindustrie hat das einen klaren Vorteil: Auch wenn Hefeextrakt geschmacksverstärkende Wirkungen hat, ist er kein Zusatzstoff. Der Hersteller von Fertigprodukten kann also mit der Aussage "Ohne Geschmacksverstärker" werben.
Die Ersatzstoffe werden weder toxikologisch geprüft, noch muss der Hersteller ausweisen, welche Funktion die Zutat im Lebensmittel erfüllt, also ob sie zum Beispiel zur Konservierung oder Bindung dient.
Verbraucherschützer kritisieren "Frei von"-Kennzeichnung
Die Erwartungen der Verbraucher sind allerdings ganz andere, wenn sie zu "Frei von"- Produkten greifen, wie Stephanie Wetzel vom Verbraucher-Portal Lebensmittelklarheit betont: "Die Verbraucher möchten Zusatzstoffe nicht im Produkt haben und sind dann enttäuscht." Auch wenn die Hersteller rechtlich auf der sicheren Seite sind - aus Sicht der Verbraucherzentrale ist die "Frei von"- Auslobung oft eine Verbrauchertäuschung. Denn auch die Verbrauchermeinung sei maßgeblich dafür, ob eine Kennzeichnung täuschend sei oder nicht. Eine klare Kennzeichnung, ob Zutaten eine Funktion im Produkt übernehmen, könnte Verbrauchern nach Sicht des Portals eine bessere Orientierung bieten.
Schaden sich die Hersteller mit ihrer Werbung selbst?
Die Lebensmittelindustrie verspricht sich von "Frei von"-Werbebotschaften einen höheren Absatz. Doch die Werbemasche könnte den Herstellern auf Dauer sogar schaden, betont Marketingexpertin Dr. Anke Zühlsdorf. Im Auftrag der Uni Göttingen machte sie Umfragen zur Kennzeichnungspflicht und fand heraus, dass Verbraucher bei Werbebotschaften wie "Frei von Geschmacksverstärkern" erwarten, dass auch keine Aromastoffe im Produkt enthalten sind.
In ihren Untersuchungen stellte sie ein zunehmendes Misstrauen der Verbraucher gegenüber Lebensmittelherstellern fest. "Das ist insbesondere für die Hersteller problematisch, die Produktverbesserungen bewerben wollen, sagte sie. "Denen wird nicht mehr geglaubt wird, das ist insgesamt schwierig."