Marienburg: Pittoreskes Märchenschloss der Welfen
Malerische Ritterburg oder "Neuschwanstein des Nordens": Schloss Marienburg bei Hildesheim im Calenberger Land ist ein bedeutendes Baudenkmal. Wegen dringender Sanierungsarbeiten ist es derzeit geschlossen
"Es war einmal ein König, der schenkte seiner Vermählten ein Schloss mit vielen Zimmern, hohen Aussichtstürmen, einer Kapelle und Stallungen." Genau so beginnt die Geschichte von Schloss Marienburg. Dabei handelt es sich nicht um ein Märchen, das Schloss gibt es wirklich. Wer von Süden in Richtung Hannover fährt, sieht es schon von Weitem auf einem dicht bewaldeten Berg stehen.
Heute ist das pittoreske Gebäude im Calenberger Land ein Museum mit prunkvollen Räumen und einer prachtvollen Bibliothek. Vom Hauptturm auf 44 Metern Höhe bietet sich ein weiter Ausblick in das gesamte Umland. Zu sehen sind unter anderem das Leinetal, die Sieben Berge und der Hildesheimer Dom. Besucher können das Schloss allerdings derzeit nicht besichtigen. Wegen einer dringend notwendigen Sanierung sind fast alle Teile geschlossen. Die Arbeiten sollen bis 2030 andauern.
Geschenk König Georg V. an seine Frau Marie
Schloss Marienburg gilt als eines der bedeutendsten neugotischen Baudenkmäler in Deutschland. Es steht 20 Kilometer südlich von Hannover bei Nordstemmen und bildet ein Ensemble mit dem Bahnhof des kleinen Ortes, der einst als königlicher Bahnhof für das Schloss ausgebaut wurde. Erbaut wurde die Marienburg zwischen 1858 und 1867. Georg V. (1819-1878), König von Hannover, hatte seiner Frau Marie zu ihrem 39. Geburtstag ein Schloss als Sommersitz geschenkt - zunächst aber nur das Gelände.
Königin Marie machte bei der Bauplanung die entscheidenden Vorgaben. Anfangs stand ihr der Gründer der Hannoverschen Architektenschule, Conrad Wilhelm Hase, zur Seite. Hase arbeitete sieben Jahre am Schlossbau mit, wurde 1864 aber nach Unstimmigkeiten mit der Bauleitung entlassen. Als Nachfolger stellte die Königin Edwin Oppeler ein, einen Schüler Hases. Der bestehende Bau wurde dann um einen Rittersaal mit Fußbodenheizung und eine Schlossküche ergänzt.
Königspaar verlässt Schloss Marienburg ins Exil
König Georg V. hinterließ indes kaum Spuren auf Schloss Marienburg. Er konnte die beeindruckende Anlage niemals sehen, denn er war seit seiner Kindheit blind. Damit er die Burg ertasten konnte, wurde ihm ein Korkmodell gefertigt. Noch bevor das Schloss vollendet war, annektierte Preußen 1866 das Königreich Hannover. Georg V. flüchtete mit Sohn Ernst August und Tochter Frederike ins Exil nach Österreich.
Marie konnte sich nicht von ihrem Märchenschloss trennen und zog mit Tochter Mary und einem 40-köpfigen Hofstaat in die Marienburg ein. Doch der Aufenthalt der beiden dauerte nicht einmal ein Jahr. Im Juli 1867 folgten Marie und ihre Tochter dem König nach Österreich.
Schloss Marienburg erst 1945 wieder bewohnt
Danach war das Schloss fast 80 Jahre unbewohnt. Das änderte sich erst, als Erbprinz Ernst August III. mit seiner Frau Viktoria Luise und seinen Kindern 1945 in die Marienburg einzog. Die Familie war vor heranrückenden sowjetischen Truppen aus Schloss Blankenburg geflohen. Im Jahr 1965 verließ Viktoria Luise die Marienburg. Seitdem wird das "Neuschwanstein des Nordens" von der königlichen Familie nicht mehr als Wohnsitz genutzt. 2004 überschrieb Welfen-Chef Prinz Ernst August von Hannover seinem gleichnamigen Sohn das Anwesen. In der Folge ist zwischen Vater und Sohn ein juristischer Streit um die Rückgabe des Schlosses entbrannt.
Kunstschätze bei Auktion unter dem Hammer
Im Oktober 2005 ließen die Welfen einen Großteil der Kunstschätze der Marienburg versteigern - etwa 20.000 Objekte. Der Erlös betrug rund 44 Millionen Euro. Die Auktion stieß teils auf heftige Kritik. "Alles in allem hat auf der Marienburg ein Ausverkauf der Welfen- wie der Landesgeschichte stattgefunden", sagte Waldemar R. Röhrbein, früherer Leiter des Historischen Museums in Hannover.
Stiftung Schloss Marienburg ist heute Eigentümerin
Der Erlös aus der Auktion reichte offenbar nicht, um das Schloss dauerhaft zu erhalten. Das alte Gemäuer benötigt immer wieder teure Sanierungen. 2018 erklärt das Welfenhaus, es könne die Kosten nicht länger tragen. Schließlich wurde das Schloss und die Einrichtung in die neue Stiftung Schloss Marienburg überführt, an der auch das Land Niedersachsen beteiligt ist. Im Gegenzug soll viel öffentliches Geld von Land und Bund in die Sanierung fließen. Das Schloss ist an eine Betreibergesellschaft verpachtet.