Friedhof Ohlsdorf: Hamburgs besonderer Park
Der weltgrößte Parkfriedhof ist Naturidyll und einzigartiges Kulturdenkmal. In Ohlsdorf ruhen viele bekannte Hamburger, aber auch unzählige Kriegsopfer. Mahnmale erinnern an die Katastrophen des 20. Jahrhunderts.
Ort der Besinnung, des kulturellen Reichtums und der Begegnung mit der Vergangenheit: Der Parkfriedhof Ohlsdorf im Norden Hamburgs ist eine der außergewöhnlichsten Grünanlagen Deutschlands. Dichter, Musiker und Schauspieler fanden hier ihre letzte Ruhestätte, aber auch Soldaten, Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft sowie unzählige Namenlose. Repräsentative Grabanlagen und Mausoleen zeugen vom Reichtum hanseatischer Kaufleute, Gedenksteine und Mahnmale von Zeiten des Schreckens. Mit 391 Hektar Fläche - so viel wie 566 Fußballfelder - ist der Ohlsdorfer Friedhof der größte Parkfriedhof der Welt.
Paradiesgarten und Erholungsraum
Der Friedhof als romantischer Landschaftsgarten mit geschwungenen Wegen, Hügeln und Teichen: Nach dieser Idee ließ der erste Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes den Parkfriedhof ab 1877 anlegen. Jeder Verstorbene sollte in seinem Grab wie in einem eigenen kleinen Paradiesgarten ruhen. Zugleich sollte der Friedhof auch als Erholungs- und Besinnungsraum für die Lebenden dienen. Dieses Prinzip prägt den Ohlsdorfer Friedhof bis heute.
Stets war der Ohlsdorfer Friedhof eng mit den Geschicken der Stadt Hamburg verbunden. Erste repräsentative Grabstätten und Mausoleen reicher Hamburger Reeder, Kaufleute und Architekten entstehen im 19. Jahrhundert. In der Nähe des Haupteingangs wird ein Ehrenfriedhof in Form eines Barockgartens mit Treppenanlage und hoch aufragender Christusfigur angelegt. Sie dient als Ruhestätte verdienter Hamburger Persönlichkeiten. Verschiedene Bürgermeister und Kaufleute, außerdem Künstler wie Philipp Otto Runge oder die Schauspieler Gustav Gründgens und Ida Ehre sind in diesem Parkteil, der heute "Althamburgischer Gedächtnisfriedhof" heißt, bestattet.
Mahnmale erinnern an Katastrophen
Doch auch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts spiegeln sich auf dem Friedhof eindrucksvoll wider. Riesige Gräberfelder erinnern an die Gefallenen zweier Weltkriege, in einem Sammelgrab an der Mittelallee liegen 36.918 Opfer des Hamburger Feuersturms von 1943. Eine 16 Meter hohe Stele an der Talstraße erinnert an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Sie enthält 105 Urnen mit Asche aus den Konzentrationslagern. Auch der Opfer der Sturmflut von 1962 wird mit einer eigenen Grabanlage gedacht.
Der Friedhof - auch eine Oase des Lebens
Dass der Friedhof trotz zahlloser Gräber und Mahnmale nicht wie eine schwermütige Toteninsel wirkt, verdankt er seiner großzügigen parkartigen Anlage mit schattigen Laubbäumen, riesigen Rhododendren und romantischen Teichen. Dazwischen finden sich immer wieder kulturhistorisch bedeutende Grabplastiken und berührende Skulpturen. Zugleich ist Ohlsdorf auch ein wichtiges innerstädtisches Refugium für selten gewordene Tierarten wie Igel, Fledermaus und Uhu. Rund um den Prökelmoorteich brüten im Frühjahr Gänse, im Teich leben Wasserschildkröten und Graureiher. Sogar Rehe fühlen sich auf dem Friedhof wohl. Ein Naturlehrpfad vermittelt einen Eindruck von der Artenvielfalt.
Den Friedhof zu Fuß entdecken
Das gesamte Gelände lässt sich kaum an einem Tag erkunden, es lohnt sich daher, mehrere Spaziergänge in verschiedenen Parkteilen zu unternehmen und sich viel Zeit zu nehmen, um die besondere Stimmung des Ortes einzufangen.
Ein schöner Fußweg durch das Gelände ist der Stille Weg: Er beginnt an der sogenannten Dichterecke, in der Schriftsteller wie Wolfgang Borchert, aber auch mehrere Schauspieler des Ohnsorg-Theaters sowie der Literaturkritiker Hellmuth Karasek begraben sind. Vorbei an dem eindrucksvollen Mausoleum Riedemann, das sich auf einer Anhöhe erhebt, schlängelt sich der Weg durch die Parklandschaft und endet am Wasserturm, der an den Turm eines Märchenschlosses erinnert. In der Nähe befindet sich der Garten der Frauen, wo viele bedeutende Persönlichkeiten wie etwa Gerda Gmelin und Domenica ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.
Unterwegs zu den Gräbern berühmter Hamburger
In vielen Teilen des Parks sind Informationstafeln aufgestellt, die bei der Orientierung auf dem weitläufigen Gelände helfen. Die Gräber bekannter Hamburger lassen sich besonders einfach mithilfe einer speziellen Navigations-App auffinden, die allerdings kostenpflichtig ist. Alternativ bietet der Friedhof in seinem Informationshaus sowie im Internet kostenlose Broschüren mit Spaziergängen, die unter anderem zu Prominentengräbern wie das von Hans Albers oder Inge Meysel führen, zum Download an. Das Grab des 2015 verstorbenen früheren Kanzlers Helmut Schmidt und seiner Ehefrau Loki befindet sich in der Nähe von Kapelle 10. Schauspieler Jan Fedder, der 2019 starb, liegt nahe Kapelle 2 begraben.
Ein Besuch auf dem Parkfriedhof lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Besonders stimmungsvoll ist es aber Ende Mai und Anfang Juni, wenn die riesigen Rhododendren blühen, sowie im Herbst, wenn sich das Laub verfärbt. Auch im Winter bei Schnee wirkt der Friedhof wie verzaubert.
Jüdischer Friedhof mit eigenem Eingang
Einen separaten Eingang an der Ilandkoppel besitzt der jüdische Friedhof. Gegenüber der großen Trauerhalle aus dem 19. Jahrhundert befindet sich ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Im Oktober 2016 kam ein Friedhof für die reformjüdische Gemeinde Hamburgs dazu.
Geschichte des Friedhofs
Nach der Eröffnung des Ohlsdorfer Friedhofs 1877 wurden alle weiteren Friedhöfe Hamburgs nach und nach geschlossen. Mehrere Jahrzehnte lang war Ohlsdorf der einzige Begräbnisplatz Hamburgs, den die Stadt ab 1919 noch einmal erweitern ließ. Die gestalterische Umsetzung übernahm der neue Friedhofsdirektor Otto Linne. Sein Ansatz unterschied sich stark von den landschaftsromantischen Vorstellungen seines Vorgängers Wilhelm Cordes. Linne favorisierte klare Linien und geometrische Formen. Hecken und Baumreihen trennen die Grabquartiere voneinander ab.
Große, repräsentative Grabstätten und Mausoleen wie im Cordes-Teil waren nun als Zeugnisse sozialer Unterschiede unerwünscht. Sie fehlen deshalb im sogenannten Linne-Teil des Friedhofs. Noch heute spiegeln sich die verschiedenen Vorstellungen der beiden Friedhofsplaner in den beiden recht unterschiedlichen Friedhofsteilen wider.
Friedhof entwickelt sich weiter
Derzeit befindet sich der Friedhof in einer weiteren Phase der Umgestaltung. Da seit Jahren immer weniger Platz für Beisetzungen benötigt wird, soll künftig mehr Fläche als Erholungsraum für die Lebenden dienen. Ziel ist es, dabei den Charakter der denkmalgeschützten Anlage als letzte Ruhestätte der Verstorbenen langfristig zu erhalten. Einige Umgestaltungen sind bereits erfolgt. So wurden an vielen Stellen neue, großformatige Informationstafeln aufgestellt und eine Kapelle zum Kulturort umgewidmet.