Die Schleuse zwischen Elbe (oben) und Nord-Ostsee-Kanal (NOK) in Brunsbüttel mit der Baustelle für die 5. Schleusenkammer. © picture alliance/dpa Foto: Jonas Walzberg

Wie gut sind Häfen und Schleusen in SH vor Sabotage geschützt?

Stand: 11.10.2022 19:08 Uhr

Seit der Sabotage wichtiger Bahn-Kabel ist klar, wie anfällig die Infrastruktur für Anschläge sein kann. Doch nicht nur die Bahn kann es treffen. Experten warnen, dass auch die maritime Struktur zum Ziel werden könnte.

von Balthasar Hümbs

Eine Sabotage der Häfen würde gerade Schleswig-Holstein besonders hart treffen. Schiffe, die in engen Hafeneinfahrten absichtlich auf Grund gesetzt werden, Hackerangriffe auf wichtige IT-Systeme oder Beschädigungen an der Trasse der Hafenbahn: Möglichkeiten, Schleswig-Holsteins maritime Wirtschaft lahmzulegen gibt es viele, sagt Sebastian Bruns vom Institut für Sicherheitspolitik der Uni Kiel. Im maritimen Bereich hätten kleine Störungen besonders schwere Konsequenzen.

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"Politik und Wirtschaft schützen die maritime Struktur zu wenig"

"Weil es nur eine bestimmte Anzahl von Werften zum Beispiel gibt, von Docks, von Kreuzfahrtterminals, von Liegeplätzen", sagt Bruns. Doch zum Schutz dieser verwundbaren Infrastruktur würden Politik und Wirtschaft nicht genug tun und sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben, so der maritime Sicherheitsexperte. Tatsächlich nimmt das Thema maritime Sicherheit im Nationalen Hafenkonzept des Bundes nur zwei von 124 Seiten ein. Konkrete Maßnahmen werden dort nicht genannt. Bruns Forderung: Die Verantwortlichen in Behörden und Betrieben müssten ihre Sicherheitskonzepte überarbeiten. Außerdem solle der Personalabbau bei der landeseigenen Wasserschutzpolizei rückgängig gemacht werden.

Zuständigkeiten teilweise unklar

Die für den Nord-Ostsee-Kanal zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung erklärt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein, man habe "in den letzten Jahren diverse organisatorische, bauliche und technische Sicherheitsmaßnahmen identifiziert und umgesetzt". Außerdem sei man dabei, die Sicherheit am Kanal kontinuierlich zu erhöhen. Zu konkreten Konzepten gibt es aber keine Auskunft. Der Seehafen Kiel will sich nicht äußern. Die Stadt Lübeck und die städtische Lübecker Hafengesellschaft erklären, man sei nicht zuständig, sondern das Innenministerium des Landes. Eine Ministeriumssprecherin wiederum sieht die Verantwortung beim Bund.

Das Bundesinnenministerium sagt auf Anfrage, man gehe seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges von einer erhöhten Bedrohungslage für Kritische Infrastruktur aus, Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung gebe es aber nicht. Um für den Ernstfall gerüstet zu sein, will Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aber die Bundespolizei aufrüsten. Neben 44 neuen Transporthubschraubern setzt das Ministerium auf ein viertes Küstenwachschiff der neusten Generation, das gerade im Bau ist. Außerdem soll die Bundespolizei 1.000 neue Stellen bekommen. Keine Angaben macht das Ministerium jedoch dazu, ob in Anbetracht der neuen Bedrohungen maritime Sicherheitskonzepte auf den Prüfstand kommen.

Strukturreformen gefordert

Es seien zu viele Akteure und Behörden für maritime Sicherheit zuständig, meint Bruns: "Die Bürokratie nimmt überhand." Er fordert grundlegende Strukturreformen und klarere Zuständigkeiten. Ein erster Schritt könne die Einsetzung eines nationalen Koordinators für maritime Sicherheit sein. Doch klar ist für Bruns auch: Maritime Infrastruktur sei mit ihrer offenen Lage am Wasser nie hundertprozentig vor Angriffen zu schützen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 10.10.2022 | 17:00 Uhr

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