Verbände in SH kritisieren Kürzungen bei Radverkehr und ÖPNV
Der Ausstoß von Treibhausgasen geht beim Verkehr in Schleswig-Holstein nicht runter. Gleichzeitig kürzt das Land beim Nahverkehr. Das seien die falschen Prioritäten, kritisieren mehrere Verbände und fordern einen Kurswechsel - wenn nötig, auch zu Lasten der Straße.
Beim Klimaschutz im Bereich Verkehr geht es in Schleswig-Holstein nur schleppend voran. In den letzten Jahren sind dort die Treibhausgasemissionen unverändert geblieben. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Umweltministeriums hervor. Und nicht nur das: Während auf der einen Seite der Rückgang der Emissionen stagniert, hat das Land auf der anderen Seite beim Rad- und Schienenverkehr gekürzt.
Das sei ein falsches Signal, so die Kritik mehrerer Verkehrsverbände. Denn das stelle die von der Landesregierung selbst gesteckten Klimaschutz-Ziele in Frage. Deshalb fordern die Landesvertretungen von BUND, ADFC und des ökologischen Verkehrsclubs (VCD) gemeinsam von der Landesregierung, sie solle konsequenter auf umweltfreundliche Verkehrsmittel setzen - und das, wenn nötig, auch zu Lasten der Straße.
Ehrgeizige Ziele
Die Klimaschutzziele der Landesregierung sind ehrgeizig. So soll unter anderem der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 57 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Über die Fortschritte informiert ein Monitoringbericht, der einmal pro Jahr veröffentlicht wird.
Daraus geht hervor, dass das Land von 34 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten in 1990 auf insgesamt 14,4 Mio. Tonnen in 2030 reduzieren will. Das ist das Ziel. Der Bereich Verkehr ist dabei einer von sechs verschiedenen Sektoren - neben der Industrie, Energie- oder Abfallwirtschaft - der in die Rechnung einbezogen wird.
Emissionen im Verkehrssektor: 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente
Beim Verkehr soll der Ausstoß von 6,2 Millionen Tonnen in 1990 auf 2,8 Millionen Tonnen im Jahr 2030 mehr als halbiert werden. Das Problem: Seit 2020 bleiben die Emissionen konstant bei rund 5 Millionen Tonnen.
ADFC: "Jahrzehnte alte Verkehrspolitik"
Einen Grund dafür sieht Jan Voss, Landesgeschäftsführer des ADFC, darin, dass die Ansprüche der Landesregierung nicht mit den selbst gesetzten Zielen übereinstimmen. Stattdessen werde eine Jahrzehnte alte Verkehrspolitik fortgesetzt statt auf nachhaltige Verkehrsmittel - wie Fahrrad, Bus und Bahn - zu setzen, so Voss. Man müsse die bisherigen Maßnahmen nun konsequent überprüfen und an den Klimaschutz anpassen, fordert er.
Beim Radverkehr sei das Hauptproblem, dass es an Planern im zuständigen Landesamt mangele. Dort hake es zurzeit am meisten, so Voss. Ohne sie könne der Neubau von Radwegen und die Sanierung bestehender Wege nicht vorangetrieben werden.
Kürzungen im Nahverkehr
Aber auch beim Bus- und Bahnangebot müsse weiter ausgebaut werden. Dort einzusparen, sei das komplett falsche Signal, so Voss. Mitte Juni hatte Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) angekündigt, dass zum Ende des Jahres Zugverbindungen vor allem in Randzeiten gestrichen werden sollen.
Grund dafür sei eine Finanzlücke, so Madsen. Laut Madsen entsteht sie dadurch, dass bis zum Jahr 2032 sogenannte Regionalisierungsmittel vom Bund fehlen. Ein Teil dieser Lücke soll nun durch die Abbestellung von Zuglinien geschlossen werden, so der Verkehrsminister.
BUND: Haushaltsmittel sinnvoller einsetzen
Peter Löffler, Sprecher des Arbeitskreises Mobilität beim BUND SH, schließt sich der Forderung an, dass die Landesregierung Maßnahmen umsetzen müsse, die auch geeignet seien, die eigenen Ziele in der Klimapolitik zu erreichen. Laut Löffler kann das gelingen, indem die begrenzten Haushaltsmittel sinnvoller eingesetzt werden und in zusätzliche Schienen, sichere Fahrradwege und in die Kostenübernahme für den Busverkehr der Kreise und Kommunen durch das Land gesteckt würden.
CO2 sparen mit Elektromobilität
Tobias von der Heide (CDU), Staatssekretär im Verkehrsministerium, sieht ebenfalls Handlungsbedarf bei den Klimazielen: "Im Verkehrsbereich haben wir da noch viel zu tun." Aber er glaubt, dass die Landesregierung auf einem guten Weg sei. Vor allem die Elektromobilität - sei es auf der Straße oder auf der Schiene - sei ihm zufolge ein Schlüssel für eine erfolgreiche Verkehrswende. Denn dort könne am meisten CO2 eingespart werden.
Von den Kürzungen im Bahnverkehr sind laut von der Heide hauptsächlich die Randzeiten und damit auch nur wenige Fahrgäste betroffen. Darüber hinaus tue man sehr viel. Das Deutschlandticket sei ein Sinnbild dafür, so von der Heide. Dieses führe zum Beispiel dazu, dass die Fahrgastzahlen auf vielen Strecken um 20 bis 30 Prozent gestiegen seien. Außerdem werde kontinuierlich die Zahl der elektrischen Züge auf Schleswig-Holsteins Schienen erhöht.
Investitionen in den Radverkehr: "Viermal so viel wie noch 2020"
Für den Radverkehr werde so viel Geld wie noch nie ausgegeben, so der Staatssekretär. Zu Beginn der Legislaturperiode hatte sich das Kabinett auf 20 Millionen Euro geeinigt. Wegen Einsparungen im Landeshaushalt, ist der Anteil auf 18 Millionen gesunken: "Das ist aber ein riesige Steigerung für die Investitionen im Fahrradverkehr. Im Vergleich zum Jahr 2020 ist das fast viermal so hoch", so von der Heide.
"Vorreiterrolle beibehalten"
Die finanziellen Mittel für den Ausbau des Radverkehrsnetzes seien schon ein wichtiger Schritt, sagt der AFDC-Landesgeschäftsführer Voss. Aber es sei weiterhin wichtig, dass das Land beim Ausbau der Radwege eine Vorreiter-Rolle einnehme. Denn das Fahrrad sei ein wichtiger Teil der Mobilitätswende, so Voss: "Wenn die Radwege schlecht sind, steigt man schnell auf das Auto um."