Robbenbabys auf Helgoland: Wie ein Metallzaun für mehr Nähe sorgt
Seit vergangenem Jahr trennt ein kilometerlanger Metallzaun auf Helgolands Düne Robben und Menschen. Das sorgt für mehr Nähe, tolle Fotos von den Wildtieren und ihren Jungen - aber auch für gefährliche Situationen.
Auf Helgolands Düne ist aktuell viel los. Junge Kegelrobben wachsen hier am Strand auf. Zu erkennen sind sie an ihrem Wollfell. Das ist vor allem in den ersten Wochen überlebensnotwendig, denn es schützt die Jungen vor Wind und Kälte, ist aber nicht wasserdicht. Daher sind die kleinen Robben die ersten Wochen darauf angewiesen, an hochwassergeschützten Strandabschnitten zu liegen. Beunruhigungen können nach Angaben des Vereins Jordsand dazu führen, dass die Verbindung zwischen Mutter und Jungem abreißt, oder die Jungtiere ins Wasser gehen. Das kann ihren Tod bedeuten.
Metallzaun sorgt für mehr Nähe
Deswegen gibt es seit vergangenem Jahr eine besondere Besucherlenkung: einen Metallzaun. Denn der Dezember ist auch eine beliebte Urlaubssaison für Touristen - und die wollen meist möglichst nah an die Tiere herankommen. Ein Interessenkonflikt. Bisher war es auf der Helgoländer Düne so, dass die Besucher sich frei am Strand bewegen konnten. Seit vergangenem Jahr aber trennt der kilometerlange Metallzaun Menschen und Tiere. Das führe dazu, dass sich Menschen und Tiere wieder näher kämen, wie Biologin Rebecca Ballstaedt vom Verein Jordsand auf Helgoland erklärt: "Das ist neu, dass wir die Gäste auf bis zu zwei Meter an die Tiere ranlassen können."
Die neue Regelung führt allerdings auch dazu, dass die bis zu 300 Kilogramm schweren Kegelrobben theoretisch durchs Gitter angefasst werden könnten. Das soll aber nicht passieren. "Es handelt sich um Deutschlands größtes Raubtier. Auch die Jungtiere haben schon ein gefährliches Gebiss. Die Bullen können sogar an Land bis zu 20 Kilometer pro Stunde schnell werden. Die Weibchen versuchen alles um ihre Jungen zu beschützen", sagt Ballstaedt. Während sie am Strand entlang läuft, zückt sie immer wieder ihr Fernglas, beobachtet die Tiere am Strand.
Lernerfahrung statt Verbote
Für die Biologin ist es wichtig, dass die Menschen ein Verständnis dafür entwickeln, was Natur bedeutet. Deshalb möchte sie nicht verbieten, den Strand zu betreten, wenn der Nachwuchs da ist. Der Zaun macht ein Näherkommen möglich. "Wir brauchen Ereignisse wie diese, damit Menschen verstehen, warum Naturschutz wichtig ist." Doch es gebe Menschen, die den Jungtieren dadurch sehr nahe kämen, auch mal weniger als einen halben Meter. Dann könne es vorkommen, dass das Muttertier laut und aggressiv schnaubt - eine unmissverständliche Aufforderung zurückzutreten.
Viele Fotos auf dem Winterpanoramaweg
Vanessa Schmidt-Dohrmann ist Helgoland-Besucherin. Sie war bereits drei Mal in diesem Jahr auf der Insel und kennt die Wildtiere mit ihren Gefahren. Mit mehreren Kameras ausgestattet folgt sie dem Winterpanoramaweg. Er wurde durch die Gemeinde Helgoland und das Land finanziert und wird auch durch die Gemeinde hauptsächlich in Stand gehalten. Der Verein Jordsand stand beratend zur Seite. Herausgekommen ist ein Pfad über die Düne, mit mehreren Aussichtspunkten zur Robben-Beobachtung. Für sie ist es toll, sich den Tieren respektvoll nähern zu dürfen: "Ich hoffe, dass ich noch eine Robbengeburt mitbekomme. So hautnah dran zu sein ist einfach schön und anderswo nicht so möglich", schwärmt sie.
Für Rebecca Ballstaedt ist aktuell viel zu tun. Sie und ihr Team kontrollieren, ob sich alle Gäste an die Regeln halten, oder nicht doch über den Zaun klettern und sich in Gefahr begeben. Noch nie gab es so viele Kegelrobbenbabys auf Helgoland wie vergangenes Jahr. Da waren es 669 Geburten. In diesem Jahr dürften es noch mehr werden. So viele, dass Ballstaedt und ihre Kollegen mit dem Zählen kaum hinterherkommen. Deshalb wollen sie erstmalig mit einer Drohne die Tiere zählen. Das System soll in diesem Winter erprobt werden.