Landschlachtereien: Mehr Tierschutz durch Videoüberwachung?
Nach einem Schlachtskandal in Flintbek hat der zuständige Kreis Rendsburg-Eckernförde gehandelt. Auf freiwilliger Basis wurde ein System der Videoüberwachung in Landschlachtereien entwickelt.
"Mein Leben sah vor Juli vergangenen Jahres auch schöner aus", sagt Manuela Freitag, Chefin des Veterinäramtes im Kreis Rendsburg-Eckernförde, im Umwelt- und Agrarausschuss des Landtags. Konkret meint sie den 29. Juli 2022. Tierschützer hatten an diesem Tag Aufnahmen von versteckten Kameras aus einer Landschlachterei in Flintbek öffentlich gemacht. Darauf waren brutale Szenen zu sehen. Rinder sollen sich beim Schlachten gequält haben. Der Betrieb wurde wenige Stunden später durch Amtsveterinärin Freitag geschlossen.
Pilotprojekt "Videoüberwachung" im Kreis RD-ECK
Gesetzlich vorgeschrieben ist es nicht, dass in kleinen Betrieben der Schlachtvorgang durch eine Behörde dauerhaft kontrolliert werden muss. Die Kreismitarbeiter tauchen stichprobenartig auf. Mal angekündigt, mal unangekündigt. Abwarten und möglicherweise den nächsten Schlachtskandal präsentiert bekommen, will Amtsveterinärin Freitag aber auf keinen Fall. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde wurde deshalb die Idee der freiwilligen Videoüberwachung in den Landschlachtereien entwickelt.
Überzeugungsarbeit hat geklappt
"Die Schlachtbetriebe und wir verstehen dieses Projekt als einen gemeinsamen Akt zu schauen, wie können wir demonstrieren, dass der Tierschutz bei uns gut läuft", sagt Freitag im Ausschuss. Sie räumt aber ein: "Begeistert waren die Betriebe am Anfang nicht." Trotzdem haben sie zugesagt, dass Kameras künftig unter anderem die Anlieferung der Tiere und den Schlachtprozess filmen. Die Amtsveterinäre können die Szenen dann später ansehen, auswerten und im Zweifel danach das Gespräch mit den Betreibern suchen. Der Datenschutz wird laut Freitag eingehalten.
Landesinnungsmeister steht Videoüberwachung offen gegenüber
In Schleswig-Holstein gibt es rund 100 kleinere Landschlachtereien, die zum Teil im Fleischerverband organisiert sind. Landesinnungsmeister Roland Lausen aus Silberstedt (reis Schleswig-Flensburg) spricht von Aufklärungsarbeit, die jetzt zu leisten sei. Nach seinen Worten gibt es in den Schlachtbetrieben zum Beispiel Mitarbeiter, die bei ihrer Arbeit nicht gefilmt werden wollen. "Da sind Betriebe dabei, wo drei Mitarbeiter beschäftigt werden und zwei sagen, wenn hier eine Kamera hängt, dann kündigen wir. Dann ist so ein Betrieb ganz schnell gekniffen", sagt Lausen. Eine Videoüberwachung ist nach seinen Angaben auch mit Ängsten bei den Mitarbeitern verbunden. "Angenommen, es ist mal etwas nicht so gelaufen, wie es sollte. Da haben die Mitarbeiter dann Angst vor möglichen Strafen." Lausen betont: "Seine Kollegen haben es mit Tieren zu tun, die natürlich auch nicht immer das tun, was sie sollen." Grundsätzlich steht Lausen aber hinter einer möglichen Videoüberwachung. "Das sind Sachen, die gemacht werden müssen."
Verband: Kameras bringen Transparenz
Ein großer "Fan" von Videoüberwachung in Schlachtbetrieben ist Jörg Altemeier. Er vertritt den Verband der Fleischwirtschaft und ist Leiter der Stabsstelle Tierschutz beim Fleischkonzern Tönnies, der im Gegensatz zu den kleinen Betrieben Milliardenumsätze macht. "Durch die Kameras werden alle tierschutzrelavanten Bereiche observiert", sagt er. Altemeier sieht aber noch einen weiteren Vorteil: "Das System ist objektiv." Konkret meint er damit, sollte es zu einem möglichen Verstoß gekommen sein, steht nicht mehr Wort gegen Wort. "Ich habe ein Kamerabild und sehe, was denn nun tatsächlich wann passiert ist." An den Standorten von Tönnies sind laut Altemeier mittlerweile jeweils bis zu 60 Kameras im Einsatz. "Und dort gelte es, alle zu überwachen. Vom Stallmitarbeiter bis hin zum amtlichen Tierarzt, der unter Umständen auch nicht regelkonform handelt." Im vergangenen Jahr haben die Kamerabilder nach seinen Angaben an einem Standort des Fleischkonzerns dafür gesorgt, dass zwei amtliche Tierärzte entlassen wurden."
Appell von Amtsveterinärin Freitag
Zum Ende der Befragung im Umwelt- und Agrarausschuss nimmt Amtsveterinärin Freitag die Abgeordneten in die Pflicht. "Dem Kreis Rendsburg-Eckernförde ist der Tierschutz sehr wichtig. Wir tun so viel, wie wir irgendwie können, um die Situation zu verbessern", sagt Freitag. An die Abgeordneten gerichtet sagt sie weiter: "Belassen Sie es nicht bei Lippenbekenntnissen und belassen Sie es nicht dabei, jetzt vielleicht in eine Diskussion einzusteigen, weil das Thema noch relativ präsent ist und dann gerät es irgendwann in Vergessenheit. Wenn wir den Tierschutz ernst nehmen, dann müssen wir uns überlegen, was wir tun können. Dann können Probleme nur Probleme sein, die es zu lösen gilt. Wer den Tierschutz ernst nimmt, muss kämpfen."