Gelbe Tonne für die Tonne? Entsorgungschaos im Kreis Pinneberg
Rund 80.000 Gelbe Tonnen gibt es im Kreis Pinneberg insgesamt. Die sollen nun alle ausgetauscht werden - gegen andere Gelbe Tonnen. Denn ab Januar übernimmt eine neue Firma die Entsorgung des Verpackungsmülls.
Seit 30 Jahren entsorgt im Kreis Pinneberg schon die ortsansässige GAB Umweltservice den Verpackungsmüll. Für das kommende Jahr ist der Auftrag zum ersten Mal an ein anderes Unternehmen gegangen: Die RMG Rohstoffmanagement GmbH. Die Firma hat ihren Sitz nicht im Kreis wie der bisherige Entsorger, sondern in Hessen, fast 600 Kilometer entfernt. Sie hat bereits mit der Verteilung der neuen Gelben Tonnen begonnen.
"Das war ganz seltsam. Plötzlich stand die Gelbe Tonne einfach an der Straße, mit der Aufforderung, sie noch nicht zu befüllen. Niemand wusste so recht, warum", erzählt ein Betroffener, Thomas Tschechne aus Quickborn. "Denn wir haben doch schon eine." Ein weiterer Betroffener, Georg Raßmann, ärgert sich: "Ich habe einfach keinen Platz für doppelte Tonnen." Die Anwohner müssen jetzt darauf achten, die richtige Gelbe Tonne zu befüllen, denn die neue wird erst ab Januar entleert, die alte nur noch bis Ende des Jahres.
Erste Tonnen-Rebellen im Kreis
Insgesamt 80.000 alte Gelbe Tonnen sollen gegen neue ausgetauscht werden. Übereinandergestapelt ergäben die einen 85 Kilometer hohen Turm, aneinandergestellt eine Strecke von 60 Kilometern. Ein riesengroßer Aufwand, bei dem am Ende das Gleiche herauskommt: eine gelbe Tonne für die Anwohner. "Das ist doch Irrsinn. Massen an Lkw liefern Massen an unnützem Plastik und verbrauchen Kraftstoff", ärgert sich der Bönningstedter Peter Heine. "Wozu 80.000 Tonnen völlig sinnlose Tonnen generieren?" Seine Gelbe Tonne hat er aus Protest deshalb mit einem Schild versehen, auf dem steht: "Ich behalte die alte."
Das Abholen kostet 100.000 Euro
Hintergrund ist die Verpackungsverordnung von 1991, die die Wirtschaft verpflichtet, die von ihr in Umlauf gebrachten Verpackungen auch wieder zurückzunehmen. Dafür hat die Industrie das Duale System Deutschland geschaffen, das alle drei Jahre die Ausschreibung der Entsorgung organisiert. Die RMG Rohstoffmanagement GmbH hat daran teilgenommen und den Zuschlag erhalten - aus rein wirtschaftlichen Gründen. Ein großer Einschnitt für die GAB, sagt Geschäftsführer Herbert Schultze: "Wir müssen das Personal jetzt anders beschäftigen, und haben Fahrzeuge im Vorweg umsonst bestellt." Die größte Herausforderung sei es aber, die 80.000 Tonnen wieder einzusammeln und einzulagern, sagt er. Das werde sich mindestens über mehrere Wochen hinziehen und mehr als 100.000 Euro kosten.
Funkstille statt Einigung
Sie wären an einer besseren Lösung für alle interessiert gewesen, sagt Herbert Schultze, hätten dem neuen Entsorgungsunternehmen konkrete Angebote gemacht, die Tonnen zu übernehmen. Und auch die neue Entsorgungsfirma schreibt uns: "Gerne hätten wir den Bürgerinnen und Bürgern des Kreises Pinneberg die mit einem Behälteraustausch verbundenen Unannehmlichkeiten erspart. Auch angesichts der Lage am Energiemarkt erscheint ein Austausch wenig sinnvoll." Aber: Beide Firmen sind sich beim Preis nicht einig geworden - laut GAB stand ein hoher sechsstelliger Betrag im Raum. Mittlerweile herrsche Funkstille.
Die Gelbe Tonne - eigentlich ist das Recyclingsystem dafür da, die Umwelt zu schonen. Doch der Fußabdruck ist alles andere als umweltfreundlich. Neben dem Tonnen-Hin-und-Her muss sich das neue Entsorgungsunternehmen aus Hessen vor Ort jetzt eine ganz neue Logistik erschließen. Immerhin: Für die Verbraucher wird es durch den Entsorgerwechsel im Kreis Pinneberg nicht teurer, denn die Entsorgung der Verpackungen bezahlt die Verpackungsindustrie.