Ein Tischmikrofon ist vor einem Angeklagten in einem Saal vom Amtsgericht zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Friso Gentsch

Staatsanwaltschaften im Fokus: Ministerium überprüft Arbeit

Stand: 28.02.2023 06:00 Uhr

Rund fünf Jahre nach den ersten Tierquälerei-Schlagzeilen um den Schlachthof in Bad Iburg ist die juristische Aufarbeitung abgeschlossen. Jetzt wird die Arbeit der Staatsanwaltschaft überprüft.

von Jan-Bastian Buck

In dem Prozess hatte es Bewährungsstrafen für die Schlachthof-Verantwortlichen gegeben, außerdem Strafbefehle für Landwirte und zuletzt: Freisprüche für zwei Tierärzte, die für die Kontrollen zuständig gewesen waren. Dass die Strafen nicht härter ausgefallen sind, hat für viel Kopfschütteln und auch Frustration gesorgt.

VIDEO: Aus Mangel an Beweisen: Tierärzte freigesprochen (25.01.2023) (1 Min)

Früherer Tierarzt: "Milde Urteile mehr als erstaunlich"

Prozessbeobachter sehen die Verantwortung für die milde erscheinenden Urteile auch bei der Oldenburger Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Landwirtschaftsstrafsachen. So auch der ehemalige Tierarzt Michael Drees aus Worpswede im Landkreis Osterholz. Dem NDR in Niedersachsen sagte er: "Die milden Urteile sind angesichts der erschreckenden Bilder mehr als erstaunlich. Hinzu kommt, dass Bad Iburg schon lange als Schlachthof bekannt war, zu dem Landwirte und Händler gezielt teilweise auch weite Wege gefahren sind, um kranke Tiere dort abzuliefern."

Staatsanwaltschaft soll Angaben machen

Die Arbeit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Oldenburg wird gerade evaluiert - genau wie die der anderen Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Niedersachsen. Auf NDR Anfrage teilt ein Sprecher der Oldenburger Behörde mit: "Die Staatsanwaltschaften sind unter anderem aufgefordert, statistische Erhebungen zu Ermittlungsverfahren und deren Erledigungsart für den Zeitraum der letzten drei Jahre (2020 bis 2022) zu machen." Zudem sollen sie Angaben zur Organisation und Zusammenarbeit mit anderen Behörden liefern. 

Wie genau läuft diese Überprüfung?

Durchgeführt wird die Evaluation vom Justizministerium. Es ist die erste Evaluation der Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Niedersachsen. Diese müssen bestimmte Kennzahlen zusammentragen und melden: Anzeigen, Verfahren, Einstellungen, Bearbeitungsdauer etc. Das Landwirtschaftsministerium erhofft sich im konkreten Fall, den Eindruck der "faktischen Straflosigkeit" dann mit Zahlen, Daten und Fakten unterlegen zu können. Dass Justizeinrichtungen evaluiert werden, kommt hin und wieder vor: 2020 hatte zuletzt zum Beispiel ein neues Gesetz dazu geführt, dass der niedersächsische Jugendarrestvollzug auf den Prüfstand kam.

Landwirtschaftsministerin Staudte sieht "faktische Straflosigkeit" 

In der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Landwirtschaftsstrafsachen in Oldenburg arbeiten laut dem Justizministerium bis zu acht Staatsanwälte. Die Landesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, alle Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu überprüfen. Dass die Oldenburger jetzt unter die Lupe genommen werden, ist damit offiziell keine Folge der milden Urteile in den Prozessen rund um die Tierquälerei auf dem Schlachthof Bad Iburg. Klar ist aber auch: Das Interesse an einem Einblick in die Prozesse in Oldenburg ist groß. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) macht keinen Hehl daraus, dass sie mit der juristischen Aufarbeitung von Tierschutzvergehen überhaupt nicht zufrieden ist - nicht nur in Niedersachsen. Sie spricht von einer, so wörtlich, "faktischen Straflosigkeit" bei Tierschutzvergehen in der Landwirtschaft.

Was wären Optionen nach der Evaluation?

Eine denkbare Konsequenz wäre es, die Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Zentralstellen mit mehr Personal auszustatten, so die Landesregierung. Es könnte aber auch bedeuten, dass bestimmte Themen der einen Staatsanwaltschaft entzogen und der Justiz in einem anderen Teil des Landes zugeteilt werden, die mit dem jeweiligen Thema nicht so unmittelbar verbunden ist. Im Klartext: Verfahren zum Beispiel aus dem Bereich Tierwohl und Intensiv-Landwirtschaft würden dann vielleicht nicht mehr in Oldenburg verhandelt, sondern in einer Region, die nicht so von der intensiven Tierhaltung lebt.

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Ein Angeklagter sitzt in Bad Iburg hinter einem Tischmikrofon. © dpa-Bildfunk Foto: Friso Gentsch

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 28.02.2023 | 08:00 Uhr

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