Extremistisch oder gemäßigt: Wo steht die AfD in Niedersachsen?

Stand: 26.01.2024 21:17 Uhr

Hunderttausende Menschen demonstrieren in diesen Tagen gegen Rechtsextremismus und die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). Wo steht die AfD in Niedersachsen politisch?

von Amelia Wischnewski

Die AfD in Niedersachsen sieht sich selbst als "grundsolide, konservative Kraft". Eine Partei, die sich "stets dafür einsetzt, dass demokratische Grundrechte erhalten bleiben", wie der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Klaus Wichmann, dem NDR in Niedersachsen sagt. Doch Widerspruch zum Rechtsextremisten Björn Höcke gibt es öffentlich nicht. Der Kreisverband in Northeim hat ihn sogar mit einem parteiinternen Preis geehrt.

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Kreisverband ehrt Höcke als "herausragende Persönlichkeit"

Björn Höcke sei eine "herausragende Persönlichkeit" seiner Partei, sagt Maik Schmitz, Kreisvorsitzender der AfD Northeim, dem NDR. Schmitz zeigt Fotos und Videos von der Preisverleihung im Bürgersaal der südniedersächsischen Stadt Mitte Januar. Höcke sei "sichtlich gerührt" gewesen, so Schmitz. Er ist der Erste, der den von Schmitz selbst erdachten "Graf-Otto-Preis" bekommen hat. Das Publikum - zu sehen sind vor allem Männer - klatscht, die Abgeordnete Delia Klages hat laut Schmitz ein Grußwort der Landtagsfraktion überbracht. Höcke, der nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen als "Faschist" bezeichnet werden kann, 2010 an einem Neonazi-Aufmarsch der NPD teilgenommen hat und in seinem Buch den Kampf gegen einen "bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch" beschwört, wird von einem niedersächsischen Kreisverband als "herausragender Politiker" gewürdigt?

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Verfassungsschutz führt Niedersachsen-AfD als Verdachtsobjekt

Die Fraktion der AfD ist mit 17 Abgeordneten derzeit viertstärkste Kraft im Landtag. "Ich verstehe diese Manie nicht, man müsse sich distanzieren", sagt der parlamentarische Geschäftsführer Wichmann. In der Selbstbeschreibung formuliert der Jurist: "Ich glaube, dass die AfD in Niedersachsen meilenweit von jedem Extremismus entfernt ist." Der Verfassungsschutz Niedersachsen führt die Partei als Verdachtsobjekt, nicht als gesichert rechtsextrem. Im Mai steht, wie gesetzlich vorgeschrieben, die Entscheidung an, ob dieser Status verändert wird oder vorläufig bleibt.

Verfassungsschutzpräsident: Höcke-Lager gewinnt Oberhand

"Man merkt auf Bundesebene und in den einzelnen Landesverbänden, dass das Höcke-Lager, also ein völkisch-nationalistisches Lager, ganz klar die Oberhand gewinnt. Und die AfD Niedersachsen, zwar vordergründig gemäßigt, macht sich hier gemein. Sie distanziert sich nicht von diesen Entwicklungen. Insoweit sehe ich die AfD als große Gefahr für die Demokratie", sagt Dirk Pejril, der Präsident der Behörde. Als rechtsextrem eingestuft ist die Junge Alternative, eine Jugendorganisation in Vereinsform, die seit ihrer Neugründung vor drei Jahren allerdings laut Verfassungsschutz nicht viel mehr als ein Dutzend Mitglieder hat. 2018 hatte sie sich nach einer Einstufung als rechtsextrem selbst aufgelöst.

Nach außen gemäßigt, im Kern radikal

Andreas Speit, Journalist bei der linksalternativen Tageszeitung (taz) und Buchautor über die extreme Rechte, bewertet die Preisverleihung an Höcke so: "Die Auszeichnung ist deshalb so interessant, weil sie belegt, dass bis in die Tiefe der Partei hinein, bis in einen Kreisverband, eine Nähe zu Björn Höcke besteht. Man ehrt ihn als Gesamtperson, das wird explizit in der Laudatio erwähnt. Daran sieht man eben auch, dass selbst wenn auf Landesebene nach außen so getan wird, man wäre moderat - im Kern ist man radikal."

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