Schweine-Leasing: Landwirt mit neuer Geschäftsidee
von Franziska Drewes, NDR 1 Radio MV
Lebensmittel mehr wertschätzen - darum geht es aktuell in einer bundesweiten Aktionswoche. Jährlich landen knapp zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, entweder, weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, oder, weil uns bei der Herstellung von Lebensmitteln Nebenprodukte nicht gut genug erscheinen. In Plau am See hat sich ein junger Landwirt eine besondere Geschäftsidee einfallen lassen: Bei ihm können sich Verbraucher ein Schwein leasen, dass dann für den eigenen Gebrauch geschlachtet und komplett verarbeitet wird. Das Angebot funktioniert wie ähnlich beim Autoleasing. Der Kunde zahlt eine monatliche Rate fürs Schwein, bis es für den eigenen Verbrauch geschlachtet wird.
Leasingpartner schwört auf artgerechte Haltung
Fütterungszeit auf einer großen Weide kurz vor Plau am See: Tino Reichelt füllt in einen Eimer Getreidepellets. Seine Schweine lieben dieses Kraftfutter und verteidigen deshalb jedes Korn lautstark. Grünfutter müssen sich die Tiere auf der Wiese selbst suchen. Seit einem Jahr bietet Reichelt seine Schweine zum Leasen an. Es sind Mischlinge der Rassen Angler Sattelschwein und Duroc.
Allererster Leasingpartner ist Thomas Haarweg aus Hoppenrade, das liegt zwischen Güstrow und Krakow. Der pensionierte Kriminalbeamte schaut seinem Schwein beim Fressen zu. Vor allem die artgerechte Haltung der Tiere hat ihn angesprochen. "Die Schweine haben viel Grün. Sie leben unter freiem Himmel, haben Sonne. So kenne ich das früher von meiner Oma, als sie noch Schweine gehalten hat. Das finde ich viel besser als die armen Viecher, die niemals den Himmel sehen und ziemlich beengt aufwachsen müssen." Thomas Haarweg hat mit Landwirtschaft nichts zu tun und ist über einen Flyer zum Schweineleasing gekommen. Im vergangenen Herbst hat er sich sein Ferkel auf dem Hof von Tino Reichelt ausgesucht, für einen Anschaffungspreis von 100 Euro. Nun zahlt er bis zum Schlachttermin eine monatliche Rate von 70 Euro. Das Schweineleasing teilt er sich mit seiner Frau und einer Bekannten. Zudem hat Thomas Haarweg in Rostock einen Zerlegelehrgang absolviert. Denn er bereitet für sein Leben gern selbst Wurst, Schinken oder Speck zu und hat sich dafür bereits alte Rezepte aus dem Internet zusammengesucht.
Fleisch mehr wertschätzen
Im November wird sein Schwein von einem Fleischer in Krakow am See geschlachtet und in zwei Hälften geteilt. Das Tier wird dann etwa 160 Kilogramm wiegen. Etwa 80 Prozent davon können nach dem Schlachten auch verwertet werden. Thomas Haarweg will möglichst alles verarbeiten, auch Kopfsülze selbst zubereiten. "Wir Menschen wollen immer nur edle Teile, Steaks oder Putenbrust und der Rest wird weggeschmissen oder irgendwohin exportiert. Ich finde, das ist man dem Tier schuldig, wenn es schon sterben muss, dann soll es auch möglichst viel Nutzen bringen." Wer möchte, kann sich sein geleastes Schwein auch vom Fleischer seines Vertrauens verarbeiten lassen, betont Landwirt Tino Reichelt. Ihm ist die Bindung zum Verbraucher sehr wichtig, um Landwirtschaft möglichst hautnah vermitteln zu können.
Geschäftsidee geht auf
Schweineleasing als Geschäftsmodell - die Idee von Tino Reichelt funktioniert. Immer mehr Menschen melden sich bei dem 33-jährigen Landwirt. Weitere Leasingpartner warten bereits auf neue Ferkel, die bald in Plau am See geboren werden. Die potentiellen Kunden kommen teilweise aus anderen Bundesländern. In den Gesprächen merkt er immer wieder, dass Tierwohl und artgerechte Haltung dabei die Hauptrolle spielen. "Das Schwein wühlt jetzt hier im Dreck gerade. An meinen Schweinen ist auch mehr Fett dran, weil sie länger leben als ein gewöhnliches Mastschwein und nicht so schnell wachsen. Letztendlich stirbt es wie jedes andere Schwein auch, aber es hat bis zu diesem Zeitpunkt ein gutes Leben gehabt." Hinzu komme, so Reichelt, dass die Leasingpartner ihr Schwein und damit auch ihr eigenes Lebensmittel aufwachsen sehen. "Sie schätzen es ganz anders wert als anonym abgepackte Fleischware."
Schwein bekommt regelmäßig Besuch
Thomas Haarweg wird sein Leasingschwein in Plau am See noch öfter besuchen, um zu schauen, wie es aufwächst, bis es dann im November schlachtreif ist. Einen Namen hat er seinem Tier übrigens nicht gegeben. Das wäre ihm dann doch zu vertraut. Auch schlachten könnte er es nicht selbst.