Giftige PFAS in Meeresschaum: Kühlungsborn besonders betroffen

Stand: 04.02.2025 15:42 Uhr

Einer Greenpeace-Studie zufolge sind in angespültem Meeresschaum an Nord- und Ostseeküste PFAS-Chemikalien gefunden worden. In Kühlungsborn lagen sie in der höchsten Konzentration vor. PFAS stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. 

An den Ostseestränden von Mecklenburg-Vorpommern sind besonders hohe Werte einer giftigen Chemikalie nachgewiesen worden. Die Umweltorganisation Greenpeace hatte zwischen November und Januar Schaumproben von Stränden auf der ostfriesischen Insel Norderney, in Schleswig-Holstein auf der Insel Sylt und in Sankt Peter-Ording sowie in Boltenhagen und Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern genommen und auf Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) untersucht. Alle Proben seien mit den Chemikalien belastet gewesen, so das Ergebnis der Studie.

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Meeresschaum wird an die Küste gespült. © NDR Foto: Jörg Neumann aus Neubrandenburg

Hoch belasteter Meeresschaum an Nord- und Ostsee

An der deutschen Küste gibt es hohe PFAS-Konzentrationen - das haben Messungen von Greenpeace ergeben, die dem SWR vorliegen. (tagesschau.de) extern

Höchste PFAS-Konzentration in Kühlungsborn, hohe Werte auch in Boltenhagen

Die höchste Konzentration wurde demnach in einer älteren Schaumprobe in Kühlungsborn (Landkreis Rostock) gefunden - dort lag der Wert bei rund 160.000 Nanogramm pro Liter. In Boltenhagen (Landkreis Nordwestmecklenburg) lag der Gesamt-PFAS-Wert bei 20.000 Nanogramm pro Liter.

VIDEO: Ostsee: Greenpeace warnt vor PFAS-Belastung im Meeresschaum (2 Min)

Extrem langlebig und sich schnell verbreitend

Zum Vergleich: Auf Sylt wurde bei einer Probe eine Konzentration von rund 96.000 Nanogramm pro Liter gemessen, bei einer anderen Probe auf der Insel war der Wert mit 12.000 Nanogramm pro Liter insgesamt am niedrigsten. In Dänemark gibt es laut Greenpeace einen Grenzwert für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter. In Deutschland soll ab dem kommenden Jahr ein Grenzwert von 100 Nanogramm je Liter für Trinkwasser gelten. Einige PFAS sind laut Bundesumweltministerium extrem langlebig und verteilen sich in der Umwelt in kürzester Zeit besonders über das Wasser. 

Greenpeace: Deutschland tut zu wenig

Greenpeace kritisiert, dass in Deutschland nicht genug gegen PFAS unternommen wird. "In Dänemark und den Niederlanden warnen die Behörden vor dem Kontakt mit Meeresschaum und erklären, wie man sich nach einem Strandbesuch dekontaminiert", sagte Julios Kontchou, Ökotoxikologe und Autor der Studie von Greenpeace in einer Mitteilung.

Bisher kein PFAS-Grenzwert für Badegewässer in Deutschland

Im NDR Interview erklärte Clemens Engelke, Experte für Gewässergüte beim Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie MV (LUNG), dass die gemessenen Werte tatsächlich sehr hoch seien. Das liege daran, dass sie im Schaum angereichert seien und in einer höheren Konzentration vorkämen als im Wasser. "Man geht ja davon aus, dass man keine sehr großen Mengen von Wasser verschluckt. Das heißt, der eigentliche Aufnahmeweg ist bei Badegewässern nicht gegeben."

Aktuell würden die Grenzwerte für Trinkwasser, Küstengewässer und Fließgewässer verschärft. Grenzwerte für Schaum seien schwierig zu bewerten, sagte Engelke. "Schaum ist kein Lebensraum, in dem man messen könnte, wie dort lebende Organismen beeinträchtigt werden." Außerdem wirke Schaum als Volumen im ersten Moment groß. "Die Analyse wird dann aber durchgeführt in dem komprimierten Schaum - also in der reinen Flüssigkeit des Schaumes. Die Werte, die Greenpeace jetzt gemessen hat, sind nicht für einen Liter Schaum, sondern für einen Liter Flüssigkeit, die aus dem Schaum gewonnen wird."

Auch Binnengewässer betroffen: Erhöhte PFAS-Werte vor allem in Fischleber

Auch das LUNG untersucht seit 2014 regelmäßig Fische auf verschiedene PFAS. Proben wurden dabei an Küsten, aber auch an stehenden und fließenden Binnengewässern entnommen. In acht Proben von Muskelgewebe wurden erhöhte Werte nachgewiesen.

18 Proben wiesen erhöhte PFOS-Werte auf. Bei PFOS handelt es sich um Perfluoroctansulfonsäure, die zur Stoffgruppe der PFAS gehört. Besonders in der Fisch-Leber lag sie im Untersuchungszeitraum zwischen 2018 und 2022 in höheren Mengen vor. Die registrierten Werte übersteigen aber laut einem Sprecher des LUNG nicht die Umweltqualitätsnorm der Oberflächengewässerverordnung für PFOS.

Wo sind PFAS enthalten?

PFAS werden wegen ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften seit vielen Jahren in zahlreichen Produkten eingesetzt. Unter anderem sind sie enthalten in:

  • Pfannen, Raclette-Grills, Waffeleisen, Sandwichmakern
  • Backpapier
  • Regenjacken
  • Fotopapieren, Klebeetiketten
  • Druckfarben und Lacken
  • Teppichen
  • Imprägniersprays für Textilien und Schuhe

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Regenjacke, Zahnseide, Gummistiefel, Bratpfanne und Einwegverpackungen für Fast Food auf einem Tisch © NDR Foto: Elke Janning

PFAS: Wo sind die Chemikalien enthalten?

PFAS werden in vielen Produkten verwendet, doch sie gelten als gesundheitsschädlich. Worauf können Verbraucher achten? mehr

Warum werden PFAS nicht einfach verboten?

Laut dem LUNG liegt die Reglementierung des Einsatzes von PFAS nicht in den Händen der Bundesländer. Die Beschränkung der gesamten Stoffgruppe in der EU-Chemikalienverordnung REACH sei Teil eines Maßnahmenpakets der Europäischen Chemikalienstrategie.

Ein Verbot für die Verwendung von PFAS ist laut Bundesumweltministerium sehr komplex. Noch gebe es keine offizielle Erfassung aller bundesweiten Schadensfälle. Seit 2023 läuft jedoch ein Beschränkungsverfahren auf europäischer Ebene. Für einige Substanzen gibt es bereits Grenzwerte oder Verbote. Aber auch die die Alternativen, auf die die Unternehmen umsteigen könnten, schätzt das Umweltbundesamt als ähnlich besorgniserregend ein.

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Eine braune Glasflasche mit einer transparenten Flüssigkeit. Auf dem Etikett steht der Name "PFAS", darunter vier Gefahrenhinweise, unter anderem das Symbol eines Totenkopfes. © Screenshot
6 Min

Lobbying für PFAS - der Widerstand gegen das Verbot wächst

Weil manche PFAS krebserregend sein können, soll ihr Einsatz in der EU zum Teil verboten werden. Die Chemie-Lobby will dies verhindern. 6 Min

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 04.02.2025 | 19:30 Uhr

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Umweltpolitik

Umweltschutz

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