Bahnverkehr läuft nach Warnstreik-Ende weitgehend normal
Nach dem Ende des bundesweiten Warnstreiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) läuft der Bahnverkehr wieder weitgehend normal. Die Deutsche Bahn (DB) warnte aber vor sehr vollen Zügen. Der Streik endete am Freitagabend um 22 Uhr.
"Seit Betriebsbeginn am frühen Samstagmorgen fährt die DB im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr wieder das normale Fahrplanangebot", teilte ein Bahnsprecher am Samstagmorgen mit. "Es kann im Tagesablauf noch zu vereinzelten Abweichungen kommen." Für das restliche Wochenende müssen sich Fahrgäste allerdings auf volle Züge einstellen. Die Bahn empfiehlt, sich weiterhin über die eigenen Verbindungen vor Fahrtantritt zu informieren.
Niedersachsen: Keine größeren Probleme aber schwerer Unfall
In Niedersachsen und Bremen fahren die Züge der DB nach Angaben des Unternehmens wieder nach Plan. Es gebe keine größeren Verzögerungen oder Zugausfälle mehr, die auf den Warnstreik zurückzuführen sind. Größere Behinderungen seien nicht bekannt, sagte eine Bahnsprecherin. Fahrgäste sollten sich allerdings auf volle Züge einstellen. Am Samstagmorgen waren noch einzelne Züge in Niedersachsen ausgefallen.
Am Mittag kam es auf einem unbeschrankten Bahnübergang in Pisselberg im Landkreis Lüchow-Dannenberg zu einem tödlichen Unglück: Ein Regionalzug erfasste einen auf den Schienen stehenden Pkw, der 69-jährige Autofahrer starb. Die Bahnstrecke wurde während der Bergungsarbeiten zeitweise gesperrt.
Mecklenburg-Vorpommern: Defektes Stellwerk
In Mecklenburg-Vorpommern kam es wegen eines defekten Stellwerkes zu Ausfällen der Regionalbahn 11. Sie fährt normalerweise zwischen Wismar, Rostock und Tessin. Bis zum späten Samstagnachmittag wurden alle Abfahrten gestrichen. Auf ihrer Internetseite gab die Bahn an, dass zwischen Wismar und Rostock, sowie zwischen Rostock und Tessin Ersatzbusse bereitgestellt würden. Unklar war, wie lange der Ausfall dauern wird.
Noch einige Zugausfälle in Hamburg am Morgen - Normalbetrieb in SH
In Hamburg fielen Samstagfrüh nach dem Warnstreik noch einige Verbindungen aus. Betroffen waren zum Beispiel ICE-Fahrten vor 8 Uhr vom Hamburger Hauptbahnhof in Richtung Hannover, Berlin oder Köln. Einige Züge hatten auch noch Verspätung. Die S-Bahn Hamburg kehrte nach eigenen Angaben zum Normalbetrieb zurück.
Auch in Schleswig-Holstein fährt die Bahn nach eigenen Angaben wieder das normale Fahrplanangebot.
Güterverkehr rollt wieder "mit Volllast"
Im bundesweiten Güterverkehr werden die Auswirkungen des Arbeitskampfes noch länger zu spüren sein. Wegen des Warnstreiks hätten mehr als 1.200 Güterzüge am Freitag nicht fahren können, teilte die Bahn mit. Aufgrund des Schneechaos in Bayern hatten sich schon zu Beginn des Warnstreiks mehr als 150 Güterzüge gestaut. Es sei aber gelungen, durch vorzeitiges Abstellen von Güterzügen nun, nach dem Streik, "rasch wieder anzufahren". Man rolle wieder mit Volllast, "damit alle Kundinnen und Kunden des Güterverkehrs zeitnah bedient und Lieferengpässe vor der Weihnachtszeit verhindert werden", so die Bahn.
Während des Streiks fuhr nur jeder fünfte Fernzug
Während des Warnstreiks habe die DB im Personen-Fernverkehr einen Notfahrplan angeboten, so dass etwa 20 Prozent der IC- und ICE-Züge fahren konnten, sagte Unternehmenssprecher Achim Stauß. Im Regionalverkehr habe es "deutliche regionale Unterschiede" gegeben, in manchen Regionen hätten gar keine Züge fahren können. In Schleswig-Holstein waren alle Regionalverbindungen der Deutschen Bahn betroffen. Auch in Niedersachsen fuhren am Freitag nur auf einzelnen Strecken im Regionalverkehr einzelne Züge. Im Regionalverkehr in Mecklenburg-Vorpommern gab es ebenfalls große Einschränkungen. In Hamburg war der Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr nahezu lahmgelegt.
Bahn: "Streik völlig unnötig"
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte im Güterverkehr ab Donnerstag um 18 Uhr und im Personenverkehr ab 22 Uhr bundesweit jeweils für 24 Stunden gestreikt. Stauß nannte den Streik "völlig unnötig". Er sei ein "Kraftakt für die Beschäftigten". Zum einen werde gerade noch daran gearbeitet, den Bahnbetrieb in Süddeutschland wegen des Winterwetters wieder in Gang zu bringen. Zudem bedeute der Fahrplanwechsel am Sonntag eine "deutliche Ausweitung auf vielen Strecken", das müsse "sorgfältig geplant" werden.
Tickets der Deutschen Bahn können auch später genutzt werden
Über weitere Zugausfälle und Verspätungen informiert die Bahn auf bahn.de und telefonisch über die kostenfreie Sonderhotline (0 8000) 99 66 33.
Informationen zu Kulanzregelungen und Umtauschmöglichkeiten für Tickets gibt es ebenfalls auf einer Internetseite der Bahn. Dort heißt es, alle Fahrgäste, die ihre für die Zeit des Streiks geplante Reise verschieben mussten, könnten ihr Ticket auch später nutzen. Die Zugbindung sei aufgehoben.
Verhandlungen Ende November abgebrochen
Die Gewerkschaft wollte mit dem erneuten Warnstreik unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte die Tarifverhandlungen am 24. November für gescheitert erklärt, weil die Bahn unter anderem in diesem Punkt bislang keinen Verhandlungsspielraum signalisiert habe.
Die Arbeitgeber ignorierten nicht nur die Bedürfnisse der eigenen Beschäftigten, so Weselsky in einer GDL-Mitteilung: "Sie torpedieren zudem die dringend nötigen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Personalgewinnung und setzen so fahrlässig die Zukunft des klimafreundlichsten Verkehrsmittels Eisenbahn aufs Spiel."
Kritik von Deutscher Bahn und Fahrgastverband
Die Deutsche Bahn hatte den neuen Warnstreik im Vorfeld scharf kritisiert. Die Aktion so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel sei verantwortungslos, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler: "Anstatt zu verhandeln und sich der Wirklichkeit zu stellen, streikt die Lokführergewerkschaft für unerfüllbare Forderungen. Das ist absolut unnötig."
Der Fahrgastverband Pro Bahn in Niedersachsen und Bremen kritisierte den GDL-Warnstreik als "Provokation für Fahrgäste". Weselsky wolle sich "offenbar nicht einigen, sondern legt es auf Streik an", so Malte Diehl, Vorsitzender des Pro-Bahn-Landesverbandes.
Zuvor hatte die GDL bei der Bahn am 15. und 16. November gestreikt.
GDL verlangt mindestens 555 Euro monatlich mehr Lohn
Laut Bahn verhandelt die GDL für knapp 10.000 Mitarbeiter des Staatskonzerns. Der bisherige Tarifvertrag mit der Gewerkschaft war Ende Oktober ausgelaufen. Die GDL verlangt unter anderem 555 Euro monatlich mehr Lohn. Zudem soll die Arbeitszeit für Schichtarbeiter ohne Lohnkürzung auf 35 von 38 Stunden die Woche gesenkt werden. Darüber hinaus wird einmalig eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert. Des Weiteren soll die Vertragslaufzeit zwölf Monate nicht übersteigen. Die Bahn lehnt die Forderungen als zu hoch ab. Sie würden ihren Angaben zufolge in Summe eine Lohnsteigerung von 50 Prozent bedeuten.
Gewerkschaft: Keine weiteren Streiks bis 7. Januar
Die Bahn hat bislang ein Angebot unterbreitet, das elf Prozent mehr Lohn und eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro vorsieht - gestreckt auf eine Laufzeit von 32 Monaten. Parallel läuft derzeit noch eine Urabstimmung der GDL-Mitglieder über mögliche häufigere und längere Arbeitskämpfe. Das Ergebnis soll am 19. Dezember vorliegen. Unbefristete Streiks sind möglich, wenn 75 Prozent der Abstimmungsteilnehmer für solche Arbeitskämpfe stimmen - allerdings nicht mehr in diesem Jahr: Bis einschließlich 7. Januar hat Weselsky weitere Arbeitskämpfe ausgeschlossen.