Ein Passant mit Regenschirm und Polizisten stehen vor dem geschlossenen Weihnachtsmarkt in Magdeburg. © dpa Foto: Sebastian Kahnert
Ein Passant mit Regenschirm und Polizisten stehen vor dem geschlossenen Weihnachtsmarkt in Magdeburg. © dpa Foto: Sebastian Kahnert
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AUDIO: "Zeit"-Journalist Fuchs: Attentäter hatte schon früher "eine manische Art" (5 Min)

Anschlag in Magdeburg: Gedenken und Schweigeminute in Norddeutschland

Stand: 23.12.2024 11:36 Uhr

Weihnachtsmärkte wie in Rostock, Greifswald, Kiel und Schwerin beteiligten sich an bundesweiten Schweigeminuten für die Opfer des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Fünf Menschen starben bei dem Anschlag, mehr als 200 wurden verletzt.

Auf vielen Weihnachtsmärkten wurde am Samstagabend um kurz nach 19 Uhr innegehalten - so auch in Rostock und Greifswald. 24 Stunden zuvor war ein Mann mit einem Mietwagen über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. In Rostock läuteten um 19 Uhr die Glocken der Marienkirche für sechs Minuten. Anschließend versammelten sich Rostocker zu einem Gebet unter der Leitung von Schaustellerpastorin Elisabeth Lange und Stadtpastorin Maria Dietz. Sie hatten die Besucher dazu aufgerufen, Kerzen anzuzünden. Die Kirche war dadurch hell erleuchtet. Die Marienkirche liegt direkt am Rostocker Weihnachtsmarkt.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nahm am Sonntagnachmittag an einer Gedenkveranstaltung auf dem Schweriner Marktplatz teil. Für eine Minute gingen die Lichter auf dem Weihnachtsmarkt aus, die gut 150 Passanten vor Ort hielten gemeinsam inne. Die Tat mache sie wütend und fassungslos, so Schwesig. Sie forderte eine konsequente Aufklärung.

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Ein Polizist geht über den gesperrten Weihnachtsmarkt in Magdeburg. © dpa Foto: Sebastian Kahnert

Täter von Magdeburg drohte 2013 in MV mit "Ereignissen"

Taleb A. lebte von 2011 bis 2016 in Stralsund. In einem Streit mit der Ärztekammer sprach der heute 50-Jährige damals schwere Drohungen aus. mehr

Auch in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel gab es eine Schweigeminute. "Es ist wichtig, dass wir auch in diesen Zeiten Solidarität zeigen, dass wir an allen Orten - auch auf den Weihnachtsmärkten - dieser Menschen gedenken, so auch bei uns in Schleswig-Holstein, um deutlich zu machen, dass wir zusammenstehen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Samstagabend dem NDR. Im Braunschweiger Dom wurde ebenfalls der Opfer gedacht.

Besonders viele Menschen gedachten in Magdeburg der Opfer und ihrer Angehörigen. Allein vor dem Dom beteiligten sich nach ersten Schätzungen der Polizei mehr als 1.000 Menschen am Gedenken - eine große Videoleinwand war aufgebaut, auf die der Gottesdienst aus dem Dom übertragen wurde. Vielerorts in der Stadt legten Trauernde Blumen ab und zündeten Kerzen für die Opfer an.

Neunjähriger aus Niedersachsen unter den Todesopfern

Am Freitagabend war ein 50-jähriger Mann mit einem Mietauto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren. Er soll freigehaltene Rettungsgassen genutzt haben. Es gab fünf Tote, darunter ein neunjähriges Kind. Der Junge stammt nach NDR Informationen aus Niedersachsen. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt.

Tatverdächtiger in Untersuchungshaft

Der festgenommene Verdächtige ist ein Islam-Kritiker und Arzt aus Bernburg, der aus Saudi-Arabien stammt. Der Richter hat Haftbefehl gegen ihn erlassen. Der 50-Jährige Taleb A. müsse wegen des Vorwurfs des fünffachen Mordes, mehrfach versuchten Mordes und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft, teilte die Polizei am frühen Sonntagmorgen in Magdeburg mit. BKA-Chef Holger Münch sagte im ZDF-"heute journal", es gebe - anders als bei ähnlichen Taten in der Vergangenheit - keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag. Auch der Generalbundesanwalt sage noch nicht eindeutig, wie der Sachverhalt einzuordnen sei. Der Tatverdächtige habe eine islamfeindliche Einstellung, er habe sich auch mit rechtsextremen Plattformen beschäftigt, sagte der Chef des Bundeskriminalamts. Es sei aber noch nicht abschließend möglich zu sagen, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei.

Porträtfoto des CDU-Politikers Alexander Throm. © Laurence Chaperon
AUDIO: Throm zu Anschlag in Magdeburg: "Ein völlig atypischer Täter" (5 Min)

Mutmaßlicher Täter lebte fünf Jahre in MV und drohte dort mit Straftaten

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) berichtete am Sonntag auf einer Pressekonferenz, dass der mutmaßliche Täter von 2011 bis 2016 in Stralsund lebte und dort Teile seiner Facharztausbildung absolvierte. Laut Ermittlern habe der Mann mehrmals mit Gerichten, Behörden und der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern zu tun gehabt und Straftaten angedroht.

So sprach er In einem Streit mit der Ärztekammer schwere Drohungen aus und verwies auf den Anschlag auf einen Marathon in Boston - dort waren drei Menschen getötet worden und mehr als 140 verletzt worden. 2014 drohte Taleb A. in einem Streit mit Behörden über soziale Unterstützung, er werde "Handlungen von internationaler Beachtung ausführen, an die man sich lange erinnern würde". Nach der erneuten Drohung und Nötigung von Beamten plante die Polizei eine "Gefährder-Ansprache".

ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt im Interview. © Screenshot
AUDIO: Terrorismus-Experte Schmidt: "Gefährder-Ansprache fand nicht statt" (7 Min)

Im Interview auf NDR Info sagte Pegel am Montagmorgen: "Gefährder- oder islamistisches Niveau hat er damals nicht erreicht. Nach Hausdurchsuchungen, die bei ihm durchgeführt wurden, gab es keinerlei Hinweise auf Islamismus." Es scheine auch heute noch so zu sein, dass er eher das Gegenteil eines Islamisten sei. Es habe damals kein Niveau von politischer Motiviertheit gegeben, sodass keine Gefährder-Einstufung erfolgte. "In diesem Fall haben wir erst mal jemanden, der damals vor allem nur an sich selber gedacht hat," sagte Pegel. Im Streit mit der Ärztekammer sei es nicht darum gegangen, ob diese für oder gegen Islamismus gewesen sei. Detailliert ließen sich die damaligen Vorgänge aber nicht mehr nachvollziehen, da die Akten nach zehn Jahren aufgrund der gesetzlichen Löschfristen nicht mehr vorhanden seien.

Bremerhavener droht mit Weihnachtsmarkt-Anschlag - verhaftet

In Bremerhaven ist ein 67-Jähriger festgenommen worden, der in einem Internet-Video mit einem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in der Stadt gedroht hat. Er werde mit einem Messer auf südländisch aussehende Menschen losgehen, kündigte der Mann in dem Video auf der Plattform TikTok an. Nach der Veröffentlichung sei der Bremerhavener am Sonntagabend schnell ermittelt und verhaftet worden, hieß es von der Polizei. Einzelheiten zur Festnahme wurden nicht genannt. Eine Gefahr für die Bevölkerung bestehe aber aktuell nicht. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen. Der Mann soll im Laufe des Montags vernommen werden.

Einsatzkräfte auf Niedersachsens Weihnachtsmärkten verstärkt

Als Reaktion auf den Anschlag in Magdeburg sind in vielen norddeutschen Städten die Sicherheitsmaßnahmen auf den Weihnachtsmärkten erhöht worden. Die Sicherheitsmaßnahmen in Niedersachsen seien bereits sehr hoch gewesen, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Nach aktuellem Stand gebe es keine direkten Bezüge der Magdeburger Tat nach Niedersachsen, heißt es. Mit der vergrößerten Zahl der Einsatzkräfte sollen die Besucherinnen und Besucher mehr Ansprechpartner auf den Märkten haben. In Celle hat die Stadt als zusätzliche Barriere vor dem Weihnachtsmarkt Sandsäcke aufgebaut.

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Der Weihnachtsmarkt in Celle in abendlicher Stimmung. © Michael Matthey/dpa
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Sandsäcke als Barrieren auf dem Celler Weihnachtsmarkt

Die niedersächsische Stadt will Besuchern "größtmögliche Sicherheit" bieten. Dass solche Maßnahmen überhaupt notwendig sind, finden viele Besucher "traurig". 2 Min

Weil: "Hundertprozentigen Schutz gibt es nirgendwo"

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Samstagabend im NDR Fernsehen bei "Hallo Niedersachsen", die Menschen gingen nun wohl nicht mehr so unbeschwert auf die Weihnachtsmärkte wie vor dem Anschlag: "Natürlich macht das etwas mit dem Sicherheitsgefühl", sagte Weil. Seit dem Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz vor acht Jahren seien die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden, aber einen hundertprozentigen Schutz gebe es nicht, "nicht auf Weihnachtsmärkten und nirgendwo". Die Politik tue das, was sie könne. Man dürfe sich die Freude am Leben durch solche Akte nicht vergällen lassen, appellierte Weil.

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Ein Einsatzfahrzeug der Polizei steht in der Fußgängerzone in der Innenstadt vor der Weihnachtspyramide am Kröpcke. © dpa-Bildfunk Foto: Moritz Frankenberg

Anschlag in Magdeburg: Niedersachsen verstärkt Schutzmaßnahmen

Die Zahl der Einsatzkräfte auf den Weihnachtsmärkten wird laut Innenministerin erhöht. Es wurde Trauerbeflaggung angeordnet. mehr

Mehr Polizei auch auf schleswig-holsteinischen Weihnachtsmärkten

Auch Schleswig-Holstein hat die Polizeipräsenz auf den Weihnachtsmärkten des Landes nun erhöht. Es gebe zwar keine konkreten Hinweise, dass derartige Vorfälle auch im Norden geplant sein könnten, erklärte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). "Unabhängig davon sind unsere Einsatzkräfte aber natürlich auch mit den Verantwortlichen der Weihnachtsmärkte in den Orten in Schleswig-Holstein in einem engen Austausch, um die ohnehin hohen Sicherheitsvorkehrungen noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls zu verstärken." Dabei gehe es auch um die Zugänge der Weihnachtsmärkte.

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Polizisten gehen über den Weihnachtsmarkt in der Kieler Innenstadt. © Axel Heimken/dpa

Landespolizei erhöht Präsenz auf Weihnachtsmärkten

Damit reagiert das Innenministerium auf den Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. mehr

Sicherheitskonzepte in Mecklenburg-Vorpommern werden angepasst

"In enger Abstimmung werden - soweit erforderlich - bereits bestehende Sicherheitskonzepte nochmals angepasst", teilte das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin mit. "Ich bin erschüttert über den Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg", schrieb Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf der Plattform X. Die Polizeipräsenz auf den Weihnachtsmärkten im Land werde verstärkt, kündigte Schwesig an. Weil die Bereitschaftspolizei aber auch ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt unterstützt, werden Polizistinnen und Polizisten aus ihrem Weihnachtsurlaub zurückkommen müssen. Schwesig dankte ihnen dafür. Als Zeichen der Anteilnahme mit den Opfern hat das Innenministerium Trauerbeflaggung angeordnet. Auch alle Streifenwagen der Polizei würden mit Trauerflor ausgestattet.

Hamburg hat Polizeipräsenz auf Märkten sofort erhöht

Ein Sprecher der Hamburger Polizei sagte NDR 90,3, bereits am Freitagabend sei die Polizeipräsenz auf den Weihnachtsmärkten "sichtbar erhöht" worden. Innensenator Andy Grote (SPD) kündigte an, bestehende Sicherheitsvorkehrungen zu kontrollieren. "Das Attentat wenige Tage vor Weihnachten ist eine Tragödie für die Betroffenen und ein Angriff auf unsere freiheitliche Gesellschaft", schrieb etwa Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auf der Plattform X.

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Ein Passant mit Regenschirm und Polizisten stehen vor dem geschlossenen Weihnachtsmarkt in Magdeburg. © dpa Foto: Sebastian Kahnert

Attentat von Magdeburg: Weitere Hinweise auf psychische Erkrankung

Warum wurde den zahlreichen Hinweisen nicht nachgegangen? Der Druck auf Behörden und Politik wächst. Mehr bei tagesschau.de. extern

Bundesinnenministerin Nanca Faeser (SPD) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), Sachsen-Anhalts-Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und anderen Politikern auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt © Jesco Denzel/Bundespresseamt/dpa Foto: Jesco Denzel
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NDR Info | Hallo Niedersachsen | 21.12.2024 | 19:30 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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