Mobile Festival-Seelsorger: Wenn das Problem zu sehr drückt
Festivals im Sommer sind für die meisten Leute ein Garant für gute Laune. Doch was, wenn die gute Laune plötzlich kippt? Genau da setzt das Projekt "durchkreuzer" an - ein Angebot für Seelsorge auf Festivals.
Das "durchkreuzer"-Mobil kann schnell übersehen werden. Der gläserner LKW mit einer kleinen Sitzbank im Innenraum wirkt eher wie ein Warteraum bei einer Behörde. Er steht an diesem Wochenende auf dem Reggae Jam in Bersenbrück im Landkreis Osnabrück.
Zwischen Marktständen mit bunter Sommerkleidung und jamaikanischen Food Trucks fällt der schlichte "durchkreuzer" direkt auf. Fabian Schweer erklärt das Konzept: "Das ist so gestaltet, dass man es auf den ersten Blick auch nicht sieht und nachfragen muss. Im Grunde ist das hier ein absichtsfreies Gesprächsangebot. Man kann sein Handy laden, es gibt Kondome bei uns und es ist ein Ruheraum. Und man kann mit uns immer sprechen."
Projekt hat Bistum Osnabrück organisiert
Von früh morgens bis tief in die Nacht sitzen Fabian Schweer und Maximilian Bode hier. Im Kontrast zum regen Treiben des Festivals wirkt es im "durchkreuzer"-Mobil fast leer. Seine gläserne Front ist unauffällig durch kleine Wörter wie "sprich" und "hoffe" verziert - dass es hier um Seelsorge geht, erfahren Festivalbesucher erst, wenn sie nachfragen. Das ist aber auch gewollt, denn im Laufe des Tages füllt sich der Raum mit Menschen, die reden wollen.
Fabian Schweer ist Referent für Glaubenskommunikation und Max ist evangelischer Pastor - beide sind auch ausgebildete Seelsorger. Das Projekt hat das Bistum Osnabrück organisiert. Doch um die Kirche selbst, geht es gar nicht, so Maximilian Bode: "Ich finde es wichtig, einfach Zeit zum Schnacken zu haben. Wir sind hier und wir können über Gott und die Welt reden. Aber eben auch über die Welt: Alles, auf das ihr Lust habt, was euch bewegt. Eure Themen sind unsere Themen und wir sind da um zuzuhören."
Beim lauten Treiben während des Festivals kurz abschalten
Es dauert nicht lange bis die ersten Festivalbesucher den "durchkreuzer" ansteuern. Was sie von dem Angebot halten? Ein Besucher erzählt: "Den Wagen haben wir letztes Jahr zumindest schon einmal wirklich in Anspruch genommen. Da waren wir nämlich da und mussten das für einen guten Kumpel, der mit uns angereist ist, in Anspruch nehmen."
Es ist laut um das Seelsorge-Mobil herum, denn die Bühne, auf der gerade live Musik gespielt wird, ist nicht weit entfernt. Die Festivalbesucher gehen immer wieder am "durchkreuzer" vorbei. Manche schauen eher fragend auf das Mobil, andere steuern entschlossen die Seelsorger an, um zu reden. Wer das wirklich in Ruhe machen möchte, der muss sich allerdings in den gläsernen LKW setzen, um beim lauten Treiben des Festivals kurz abschalten zu können.
Festivalbesucher mit Anliegen
Viele Probleme seien eher harmlos, doch ab und zu komme es vor, dass Festivalbesucher ein drängendes Anliegen haben. So auch auf dem Reggae Jam. Eine junge Frau sucht nach Rat: Sie ist schwanger und weiß nicht, was sie tun soll. Sie hat gerade ihre Ausbildung angefangen. Ihr Freund möchte das Kind auf keinen Fall und will den Schwangerschaftsabbruch. Die Seelsorger greifen ein: "Es ist dein Körper und es ist deine Entscheidung. Es klingt für mich danach, als wäre deine Frage weniger: Was machst du, sondern: Wie kriegt man es gut hin?" Die junge Frau nickt.
Die beiden sprechen lange. Sie wägen verschiedene Szenarien ab. Am Ende verweist der Seelsorger auf eine Schwangerschaftsberatungsstelle. Die Festival-Seelsorger hören geduldig zu, aber den richtigen Weg für sich müssen die Personen selbst finden. Fälle, wie dieser, seien eher selten und trotzdem kommen sie vor. Und genau dafür sind die Seelsorger da.