Flensburger Hofkultur: Eine Kulturperle im hohen Norden
Hinter der Flensburger Hofkultur versteckt sich ein Sommerfestival, das zum Großteil auf ehrenamtlicher Arbeit basiert. Seit zwei Jahren ist der neue Geschäftsführer Gunnar Astrup im Einsatz. Er will die Veranstaltungsreihe noch bekannter und jünger machen.
Schon seit 29 Jahren verwandeln sich Flensburgs Hinterhöfe im Sommer in Veranstaltungslocations. Eingetaucht in stimmungsvolles Licht werden unter anderem liebevoll kuratierte Konzerte, Kurzfilme und Kabarett dargeboten. Eine Referenz an eine jahrhundertealte Tradition, denn in den Hinterhöfen der Hafenstadt trafen sich zu allen Zeiten verschiedene Kulturen. Hinter der Veranstaltungsreihe steht der gemeinnützige Verein Flensburger Hofkultur e.V., der seit zwei Jahren mit Gunnar Astrup einen hauptberuflichen Geschäftsführer hat.
Herr Astrup, was ist Ihr Konzept?
Gunnar Astrup: Die Flensburger Hofkultur gibt es bereits seit 29 Jahren und ist eigentlich in einem Sommerloch in den 1990er-Jahren entstanden. Da gab es einen Kulturmangel in der Stadt Flensburg. Vom Kulturbüro der Stadt kam ein Impuls, eine Sommer-Konzert-Festival-Reihe ins Leben zu rufen. Wobei wir auch Kleinkunst, Kabarett, Theater und Filme im Programm haben - der Schwerpunkt liegt aber auf Musik. Den besonderen Charme unseres Festivals machen aber die historischen Flensburger Handelshöfe auf. Die verstecken sich links und rechts entlang der Fußgängerzone in der Innenstadt. Flensburg hat ja diese alte Rum-Historie und als alte Handels- und Hafenstadt hat es diese ganzen Fachwerk-Innenhöfe. Wir gehen jeden Abend in einen anderen Hof und bespielen den: Wir bauen Bühnen auf, versorgen den Hof mit Licht und Soundtechnik. So schaffen wir ganz besondere kulturelle Momente!
Was ist für Sie das Besondere an der Veranstaltungsreihe?
Astrup: Ein Partner von uns hat das neulich ganz treffend gesagt: Die Hofkultur ist perfekt unperfekt! Die Menschen lassen sich auf eine besondere Location ein. Denn zum Teil kennen selbst die Flensburgerinnen und Flensburger die Höfe nicht. Wir sind ja auch in Privathöfen, die man sonst gar nicht sehen kann. Es gibt viele leidenschaftliche Flensburger, die gerne diese alten Orte entdecken und daraus auch kleine Oasen in der Stadt machen. Zum einen holen wir die Flensburger in diese Höfe und zum anderen schaffen wir ein sehr hochwertiges und abwechslungsreiches Programm, das auch immer gut zum jeweiligen Hof passen muss. Wir haben sehr kleine Höfe, aber eben auch größere, wie beim Flensburger Schifffahrtsmuseum. Da waren wir in diesem Jahr mit 700 Personen - die Veranstaltung war ausverkauft. Die Marke ist über die Jahre sehr gewachsen und die Menschen bringen uns sehr viel Vertrauen entgegen. Für uns als Veranstalter ist das Spannende, dass wir uns auf immer neue Begebenheiten einlassen müssen. Das Publikum und die Hofbetreiber sind sehr offen uns gegenüber. Vielleicht sitzt man manchmal nicht ganz so bequem, weil ein Hof sehr klein ist und man eher eng zusammenrücken muss - aber dann wird man mit dieser besonderen Mischung entschädigt.
Nach welchen Kriterien wählen Sie denn die Künstlerinnen und Künstler aus?
Astrup: Ich mache die Geschäftsführung jetzt seit zwei Jahren und bin unter anderem auch angetreten, um die Hofkultur und unser Publikum zu verjüngen. Denn das Publikum ist über die 30 Jahre mitgewachsen und es ist nicht immer so einfach, junge Menschen für Kultur zu begeistern. Vor allem, wenn wir über Kultur reden, die nicht so massentauglich ist. Daher versuche ich einen guten Mittelweg und eine gute Bandbreite zu finden. Es gibt keine Kommerz-Musik, aber von Klassik über Weltmusik bis Jazz ist alles dabei. Gerade Jazz kommt immer sehr gut an. Wir hatten jetzt den Singer-Songwriter Niels Frevert zu Gast, da sind 350 Menschen gekommen, das ist für Flensburg schon viel. Es muss natürlich qualitativ hochwertig sein. Wir zahlen auch gute Gagen, um es den Künstlern schmackhaft zu machen. Wir haben uns in der Booker- und Agenturszene auch einen guten Namen gemacht.
Warum sind solche Veranstaltungen für eine Stadt wie Flensburg Ihrer Meinung nach wichtig?
Astrup: Wir haben in den Sommermonaten auch sehr viele Touristen in der Stadt. Wir arbeiten sehr eng mit der Tourismusagentur zusammen und sind somit auch ein Aushängeschild für die Stadt. Wir bieten Pakete mit Übernachtungen an, denn für mache Menschen sind wir bereits ein ausschlaggebender Faktor, warum sie im Sommer nach Flensburg kommen. Diese Höfe sind eigentlich unser Aushängeschild in der Stadt. Deswegen haben wir jetzt auch eine Führung angeboten, bei der die jeweiligen Geschichten der Höfe erzählt werden. Wir sind ein wichtiger Faktor für die Stadt und werden auch von der Stadt bezuschusst.
Welches Standing haben Sie denn in Schleswig-Holstein?
Astrup: Die Hofkultur wird sehr gut angenommen. Unser Kernpublikum sind natürlich die Flensburger, das Umland und die Urlauber, die zum Teil auch spontan kommen. Ich würde mir noch etwas mehr Bekanntheit in Schleswig-Holstein wünschen, auch dafür bin ich angetreten. Wir sind ein ehrenamtlicher Verein und wurden jahrelang von Ehrenamtlern getragen. Dass die Energie nicht immer die gleiche bei einem Ehrenamtler ist wie bei einem Angestellten, ist ja klar. Daher verstehe ich mich auch als Botschafter des Festivals! Ich bin guter Dinge, dass es noch viele Jahre weitergehen kann. Gerade haben wir etwas Aufwind und unsere Karten sind sehr gut gebucht, dabei haben es ja gerade kleine Veranstalter im Moment eher schwer.
Wie organisieren Sie denn die Hofkultur?
Astrup: Also ich bin der einzige Festangestellte, es ist gewissermaßen eine One-Man-Show. Ich bin oft der Erste, der morgens im Hof ist und dann abends den Hof wieder abschließt. Als einziger Festangestellter nehme ich in den Sommermonaten wirklich alles in Kauf, damit das Festival gut über die Bühne laufen kann. Wir haben außerdem um die 30 sehr engagierte Ehrenamtler, die sich um den Einlass kümmern, Flyer verteilen und die Kontakte herstellen. Sie bringen sich auch inhaltlich ein, zum Beispiel über Mitgliederversammlungen. Natürlich versuche ich auch, deren Ideen mit einzubringen, zum Beispiel beim Booking. Das finde ich sehr wichtig, dass man gemeinschaftlich an einem Strang zieht in so einem Verein.
Das Interview führte Anina Pommerenke.