Saxophon ganz klassisch: Asya Fateyeva beim SHMF
Das Schleswig-Holstein Musik Festival präsentiert seine diesjährige Porträtkünstlerin in 17 Konzerten und Veranstaltungen.
Sie zählt zu den herausragenden Saxophonisten unserer Zeit und hat es sich zur Mission gemacht, ihr Instrument in der klassischen Musik zu etablieren: Asya Fateyeva entdeckte schon während ihrer Kindheit auf der Krim das Saxophonspielen. Heute lebt sie in Norddeutschland, musiziert international in unterschiedlichsten Besetzungen und versteht es wie kaum eine andere, die Begeisterung für ihr Instrument auf das Publikum zu übertragen.
Beim Schleswig-Holstein Musik Festival steht sie in diesem Sommer als Porträtkünstlerin im Mittelpunkt und gibt zahlreiche Konzerte im ganzen Land. Für diese hat sie viele herausragende Künstler und Ensemble eingeladen, etwa den vielseitigen Schweizer Cellisten Bo Wiget und den renommierten Lautenisten Wolfgang Katschner mit seiner Lautten Compagney Berlin. Bei NDR Kultur tritt Fateyeva mit Wiget und Katschner im Trio auf und spielt Musik von Purcell bis ABBA.
Asya, du bist 1990 auf der Krim geboren und seit du 14 Jahre alt bist, lebst du in Deutschland und hast an verschiedenen Orten studiert, unter anderem in Moskau und Paris. Inzwischen hast du deine eigene Professur in Hamburg. Wenn du jetzt auf das schaust, was in deiner Heimat passiert, wie geht es dir damit?
Asya Fateyeva: Mir geht es ganz furchtbar. Das kann man nicht fassen, dass im 21. Jahrhundert die Menschen zum Krieg neigen und dass sie einander töten. Die Menschen können nichts dafür. Und dass man nicht an anderen Lösungen arbeitet und es immer so weiter geht, da leide ich sehr stark darunter. Ich sehe keine schnelle und friedliche Lösung, das tut sehr weh.
Bei dir ist es so, dass ein Elternteil aus der Ukraine stammt und der andere Elternteil russische Wurzeln hat. Hast du noch weitere Verwandte in beiden Teilen der Länder?
Fateyeva: Nicht mehr so viele, muss ich sagen. Meine Oma ist verstorben. Sie war auf der Krim. Meine Tante ist noch da. Von der väterlichen Seite sind einige in Hamburg, darunter auch meine Großeltern.
Es ist manchmal so, dass bei solchen Ereignissen und äußeren Einflüssen die Kreativität wie im Keim erstickt wird und man auch gehemmt wird, kreativ zu sein. Du machst weiter Musik. Was bedeutet dir die Musik in dieser Situation?
Fateyeva: Als es vor zwei Jahren mit dem Krieg losging, war ich schockiert. Wir hatten ukrainische Flaggen, wir haben Konzerte gespielt, ich habe eine Rede gehalten, dass der Krieg einfach unfassbar ist. Ich war mir wirklich sicher, dass der Krieg in zwei Tagen vorbei ist. Dass er jetzt schon so lange dauert, ist auch gefährlich, weil die Menschen sich daran gewöhnen. Es gibt auch andere Konflikte in der Welt, die noch akuter und aktiver sind.
Die Musik ist für mich ein bisschen wie eine Rettungsoase, muss ich sagen. Man rettet sich mit der Musik. Man hofft auch, den Menschen mit der Musik etwas Frieden zu schenken. Deswegen war das Lied "Give peace a chance" von den Beatles auch immer unsere Zugabe mit der Lautten Compagney. Das ist auch die Nachricht von den Beatles, dass man stark wird, dass die Leute wirklich vernünftig werden und andere Lösungen finden. Es ist natürlich sehr pathetisch, den Frieden mit der Musik herbeizurufen, aber das ist das Einzige, was wir geben können, zusammen mit der Hoffnung.
Wolfgang, seit 40 Jahren gibt es die Lautten Compagney. Mit dem Ensemble habt ihr vieles an historischen Entwicklungen miterlebt. Was ist denn deine Erfahrung, was Musik leisten kann?
Wolfgang Katschner: Ich muss leider sagen, dass Musik wenig leisten kann, was jetzt diese großen Fragen von Krieg und Frieden betrifft. Die Musik kann Menschen verbinden, weil sie die Kunst ist, die am wenigsten verbale Kommunikation braucht. Das ist auch etwas, was wir immer versuchen, aber wir können natürlich an den großen Problemen unserer Zeit mit unserem kleinen, feinen Musizieren auch nichts ändern. Das ist einfach so.
Erlebst du das auch, dass Musik auch ein Anker sein kann?
Katschner: Ja, das erlebe ich auch. Wir haben in Würzburg beim Mozartfest ein Konzert gespielt, in einem ganz anderen Format mit einem Chor und unserer größeren Lautten Compagney. Wir haben zwei Requiems gespielt, eins von Fauré und ein zweites von Heinrich Schütz. An diesem Abend war sehr deutlich zu spüren, dass die Menschen nach spirituellem Halt suchen. Den kann natürlich Musik geben und das haben wir an diesem Abend in der Residenz in Würzburg alle gespürt. Das war sehr schön, sehr verbindend. Und das ist natürlich etwas, was Musik sehr besonders macht.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.