Katie Freudenschuss über Humor: "Man kann wahnsinnig viel sagen"

Stand: 11.06.2024 12:19 Uhr

Die Programme der Kabarettistin und Sängerin Katie Freudenschuss sind eines ganz bestimmt nicht: langweilig. Bei NDR Kultur EXTRA improvisiert sie Lieder mit Moderator Yared Dibaba.

Katie Freudenschuss liebt die Improvisation - ohne Netz und doppelten Boden. In ihren Bühnenprogrammen lässt sie sich vom Publikum zufällig ausgewählte Begriffe und Songtitel zurufen und improvisiert daraus absurd komische Medleys. So mutig sind nicht viele ihrer Kollegen! Zudem schreibt die vielfach ausgezeichnete Kabarettistin wunderbar tiefsinnige Texte zu eigenen Melodien. Katie Freudenschuss besitzt eine feine Beobachtungsgabe und einen untrüglichen Sinn für Ironie, dazu noch jede Menge Herz. Bei NDR Kultur EXTRA stellt sie Höhepunkte aus ihrem aktuellen Programm "Nichts bleibt wie es wird" vor. Yared Dibaba, Neuzugang im Moderatorenteam, wird sie zu einigen Improvisationen inspirieren.

In dieser Zeit hat sich einiges verändert. Wir hören oft, dass man nicht mehr alles sagen könne. Man wisse auch gar nicht mehr, was man sagen könne. Humor hat sich bei vielen verändert, auch bei mir, weil sich in der Welt vieles verändert hat - auch in der Sprache. Wie ist das bei dir?

Katie Freudenschuss: Der Satz: 'Man kann ja gar nichts mehr sagen' ist so ein Mumpitz. Man kann wahnsinnig viel sagen. Wenn deine Kunst, die du auf der Bühne darstellst, nicht mehr funktioniert, weil man politisch inkorrekte Witze besser nicht mehr macht, dann sollte man sich mal über sein künstlerisches Portfolio Gedanken machen, das ist meine Meinung. Ich finde das schwierig, mich manchmal zu positionieren. Ich frage mich: Sage ich das jetzt oder sage ich das nicht? Wenn Dinge unbedingt gesagt werden müssen, weil es wirklich eine gute Pointe ist, dann gibt es meistens auch Verständnis dafür, Sachen zu sagen. Aber es gibt ja ganz oft Sachen, die gesagt werden, um zu provozieren. Ich komme gut zurecht. Ich merke nur manchmal, dass mich manche Themen nicht mehr so interessieren, was natürlich auch daran liegt, dass man sich weiterentwickelt und auch in einer anderen Lebensphase ist. Mit Mitte, Ende 40 ist man woanders als noch mit 30 Jahren.

Ein Klavier steht in einem kleinen Studio. © NDR Foto: Claudius Hinzmann
AUDIO: Nichts bleibt wie es wird - die Kabarettistin Katie Freudenschuss (55 Min)

Gibt es musikalisch etwas in deinem Repertoire, bei dem du sagst: Da bin ich auf der einen Seite kritisch und auf der anderen Seite trotzdem humorvoll - oder beides?

Freudenschuss: Ich hoffe, das gelingt. Oder ich weiß, dass es ab und zu gelingt. Ich versuche gerne Themen von Comedians und Kabarettisten, mit denen man sich befasst, aus einer anderen Perspektive zu sehen. Ich habe ein Lied über Donald Trump geschrieben, was fast nur aus der Sicht von Melania war. Da singt Melania ihrer Schwester auf den Anrufbeantworter. Dadurch wird das Lied wahnsinnig mitfühlend. Man mag sie plötzlich. Meine jetzige Show, ein Soloprogramm, es heißt "Nichts bleibt wie es wird", habe ich während Corona geschrieben. In dieser Zeit, haben sehr viele Menschen angefangen, sich zu streiten: Was ist die Wahrheit? Was ist mit der Welt? Was ist mit der Impfung? Ist das eine Diktatur? Was oft als Verschwörungstheorie bezeichnet wird, wurde viel größer.

Ich war kurz nach Corona auf einer Party, zu der ich mitgenommen wurde, und ich habe jemanden getroffen. Ich bin mit ihm ins Gespräch gekommen. Der fing das Gespräch mit den Worten an: "Wir haben eine Scheinregierung und die Sache mit dem Kinderblut und die Eliten ..." Das Tolle ist, wenn man solche Leute im echten Leben kennenlernt. Denn im Internet blockiert man solche Leute sofort. Jetzt war das aber ein total netter Typ, und wir saßen mit einem Bier auf einer Couch. Und dann bleibt man halt und redet. Daraus ist ein Lied geworden, es heißt: 'Die Geschichte von Ron'.

Das Gespräch führte Yared Dibaba.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur EXTRA | 12.06.2024 | 13:00 Uhr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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