Virtuos und witzig - Salut Salon feiern weltweit Erfolge
Berührungsängste scheinen diese vier Künstlerinnen überhaupt nicht zu kennen: Alles, was mit klassischer Musik im weitesten Sinne zu tun hat, bringen sie auf die Bühne. Und zwar so, dass kein Auge trocken bleibt.
Salut Salon feiern als Quartett bei jedem Konzert mit dem Publikum eine neue Party. Slapstick, Stepptanz, singende Sägen – nichts ist unmöglich. Also ob zwei Geigen, ein Cello und ein Klavier nicht reichen würden, liefern sich die vier Damen jedes Mal aufs Neue einen Wettstreit an Unterhaltsamkeit, Selbstironie und instrumentalem Feuerwerk. Mehr als hundert Konzerte pro Jahre führen das Quartett um die halbe Welt. Vor einem Jahr war es bei NDR Kultur EXTRA zu Gast.
Beim Träumen kennt ihr keine Grenzen. Träume sind so wichtig für uns alle. Im Grunde wollt ihr Menschen zum Träumen verleiten. Wovon träumt ihr momentan?
Meta Hüper: Bei uns sind gerade so viele Träume in Erfüllung gegangen: Wir waren in Salzburg und haben mit der Philharmonie Salzburg im Großen Festspielhaus zusammen gespielt.
Angelika Bachmann: Das war eine Weltpremiere und ein einziger Rausch auf der Bühne. Selten hat etwas so viel Spaß gemacht. Wir sind auch auf Tournee mit der Philharmonie Salzburg gegangen, weil wir uns so ineinander verliebt haben. Das war der letzte große Traum. Es ging nach Paris, nach Südamerika, und im Sommer waren wir im Thalia Theater Hamburg. Das war toll, weil unsere ganzen Familien und Freunde da waren.
Ihr unterstützt auch andere, damit sie ihre Träume verwirklichen können, und das macht ihr mit ganz unterschiedlichen Projekten. Schon seit Jahren ist es so, dass ihr eure Bekanntheit, eure Popularität für die gute Sache nutzt. Welche Projekte sind das aktuell, die euch besonders beschäftigen? Ihr wart zum Beispiel im Hamburger Michel, auch da ging es um einen guten Zweck.
Bachmann: Da ging es um Kinder aus Afghanistan, die von der Albertinen-Stiftung eine Herz-Operation ermöglicht bekommen. Es war ein ganz tolles Konzert und hat total Spaß gemacht. Wir unterstützen einfach alles total gerne, was sinnvoll ist. Es geht wirklich darum, Träume zu verwirklichen. Auch in Kenia zum Beispiel, auf der Müllkippe in Korogocho. Das Projekt dort heißt Ghetto-Classics. Da lernen Kinder ein Instrument und sie bekommen auch Schulgeld und eine Schuluniform, damit sie überhaupt zur Schule gehen können. Außerdem bekommen sie etwas zu essen. Das ist einfach toll, dass wir die Möglichkeit haben, mit der Musik so viele Träume zu ermöglichen.
Angelika, du bist auch Psychologin. Das mit den Träumen ist ein riesiges Feld. Aber wobei helfen uns Träume im Leben, warum sind die so wichtig?
Bachmann: Träume ermöglichen einem, dass man sich eine andere Zukunft vorstellen kann. Es geht oft schon darum, einen Traum zu haben. Es geht gar nicht darum, dass er sich verwirklicht, aber dass wir auf ein Ziel hinleben. Der Witz ist, wir können alle viel mehr, als wir denken. Es geht ganz oft um Mut, dass man wirklich den Mut hat, den Hut über den Fluss zu werfen und hinterher zu springen. Wenn wir gefragt werden: "Könnt ihr das Programm in sechs Wochen auf Chinesisch?", dann sagen wir: "Naja, klar!" (Lachen)
Du hast ganz früh schon darum gebettelt, Geige lernen zu dürfen. Ich glaube, du warst drei und bist dann die ersten Jahre von der Schule befreit worden. Dann hast du wiederum gebettelt, in die Grundschule zu dürfen.
Bachmann: In der Grundschule war ich nie. Ich bin nie eingeschult worden. Aber ich habe gebettelt, in die fünfte Klasse zu dürfen, weil meine älteren Geschwister in der Schule waren und sie hatten Pausenbrot, Freunde und alles Mögliche, was ich nicht hatte. Ich habe wahnsinnig viel geübt, elf bis 13 Stunden am Tag, und dann habe ich meinen russischen Professor gefragt und mir einen Deal überlegt: Wenn ich vor der Schule von halb fünf bis halb acht drei Stunden übe und nach der Schule keine Hausaufgaben mache, sondern weiter übe, dann würde ich auf die gleiche Stundenzahl kommen. Dann hat er gesagt: "Geli, das schaffst du eh nie, aber du kannst es gerne mal probieren." Ich wollte so wahnsinnig gerne zur Schule gehen, dass ich das immer geschafft habe und immer pünktlich geübt habe. Ich glaube, ich bin das Kind, das mit Abstand am liebsten zur Schule gegangen ist.
Auf jeden Fall hast du schon eine Menge erlebt im Laufe deines bisherigen "vergeigten" Lebens. Musikkabarett ist es nicht direkt, was ihr macht, dafür habt ihr einen zu hohen Musikanteil. Im Grunde seid ihr ein Türöffner für ganz viele Menschen, in klassische Konzerte zu gehen. Was habt ihr für Rückmeldungen im Laufe der Zeit bekommen?
Bachmann: Das Witzige ist, egal in welcher Stadt wir spielen, es kommt immer der Konzertmeister oder jemand aus dem Symphonieorchester zu uns und sagt: "So habe ich Mendelssohn noch nie gehört." Wir arrangieren das alles vollkommen neu, beziehungsweise komponieren es auch ganz neu. Es gibt aber auch Menschen, die noch nie in einem klassischen Konzert waren. Für die ist es dann wie ein Zahnarztbesuch: sie werden mitgeschleppt. Die sind es dann, die nach dem dritten Stück ausflippen und sich wahnsinnig freuen und hinterher sagen: "Das war so schön, wo kann man den Mendelssohn kaufen?"
Das Gespräch führte Philipp Cavert.