Kulturfonds Energie: Reicht eine Milliarde Euro?
Mitte Oktober hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth einen Kulturfonds Energie angekündigt. Anfang November verständigte sie sich mit Bund und Ländern darauf, die Kultureinrichtungen mit einer Milliarde Euro zu unterstützen. Wie kommt das in der Kulturszene in Norddeutschland an?
"Ich glaube, alle Kultureinrichtungen freuen sich überhaupt erst mal, dass es eine Unterstützung gibt. Ist ja auch dringend notwendig, aus unserer Perspektive", sagt Telke Reeck, der in Göttingen zwei Programmkinos betreibt. Sein Statement trifft die Stimmung. Alle sind froh und dankbar - denn die steigenden Energiepreise machen allen zu schaffen. Auch den Städtischen Bühnen Osnabrücks. "Selbst bei uns kleineren Theatern reden wir ganz schnell über mehrere 100.000 Euro, die an Mehrkosten entstehen", sagt der kaufmännische Direktor des Theaters Osnabrück, Matthias Köhn. Bei den größeren Häusern geht er sogar von sehr viel höheren Beträgen aus. Daher ist die Sorge verständlich, dass die eine Milliarde wahrscheinlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist - wenn man sie auf alle verteilt.
Kultureinrichtungen plagt Sorge vor kompliziertem Verfahren
Peter van Slooten vom Theater Vorpommern möchte daher gern wissen: "Was steht im Kleingedruckten? Denn das entscheidet letztendlich darüber, ob und in welcher Größenordnung, wer etwas bekommt." Und genau das steht noch nicht fest. Alle hoffen aber auf ein einfaches Verfahren, das sich auch im normalen Betrieb umsetzen lässt.
"Wir wünschen uns - auch im schrecklichen Zurückdenken an die Corona-Krise - ein möglichst unbürokratisches Verfahren", meint Jan Kalbfleisch vom PS Speicher in Einbeck. "Da haben wir wirklich die Bitte, dass dies nicht wieder dazu führt, dass Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und andere schlaue Menschen im großen Stil damit beschäftigt werden, dass man hier begünstigt werden kann." Kalbfleisch macht davon auch abhängig, ob das Museum überhaupt einen Antrag stellen wird. Denn, wenn der Aufwand zu hoch ist, lohne es sich nicht. Hinzu kommt der Wunsch nach klaren Regeln, die nicht wieder verändert werden. Und am besten einen Zugang für alle. Auch für Solo-Selbständige.
Auch kleinere Einrichtungen müssen bedacht werden
"Ich habe kein Haus, was ich betreibe, wo ich beispielsweise laufende Betriebskosten habe", sagt Schauspielerin Imme Beccard aus Hannover. "Aber auch ich muss mit steigenden Kosten innerhalb meiner Projekte rechnen." Für sie heißt das, steigende Preise für Räume, Materialien und Fahrten. Ein Punkt, der auch viele andere trifft.
"Ich hoffe drauf, dass die Gelder nicht nur in München, Berlin und Hamburg bleiben, sondern auch im Land gerecht verteilt werden. Auch an kleinere Kulturbüros wie meinetwegen Neumünster", sagt Jochen Jobs. Für ihn hängt davon auch ab, ob sein Holsteinisches Kammerorchester weiterhin auftreten kann. Er und die jungen Musikerinnen und Musiker zahlen bereits jetzt das meiste aus der eigenen Tasche. Viele hängen darüber hinaus am Tropf ihrer Gemeinde. Die trägt oft die Energiekosten. Was nach Holger Schulze vom Darß-Festival auch so bleiben soll: "Wir können das nicht 1 zu 1 im Preis weitergeben. Die Leute sind ja auch gebeutelt. Sie werden gar nicht mehr kommen, weil sie es sich nicht mehr leisten können."
Temperaturen runterdrehen als erster Schritt
Das möchte keiner. Daher versichern alle, auch jetzt schon Energie zu sparen. Aber 20 Prozent, wie vom Bund gefordert? Da ist der Stand ganz unterschiedlich. Sandra Hinz vom Deutschen Theater Göttingen meint: "Einige können ihre Häuser nicht energetisch sanieren, weil das Haus zum Beispiel einem Träger gehört." Zusätzliche Mittel seien daher wichtig, um die Häuser für die Zukunft fit zu machen. Zumal die Energiepreise wohl auch nach dem Ukraine-Krieg nicht wieder sinken werden. Die Temperaturen jetzt herunter zu drehen, ist daher nur ein erster Schritt.
"Momentan schaffen wir es tatsächlich, unsere Objekte bei der vorgeschriebenen Temperatur von 19 gerade so zu lassen, dass sie keinen Schaden davontragen", sagt Benjamin Riebsamen vom Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim. Noch kälter sollte es aber ihm zufolge nicht werden. Sonst wird es auch für die Besucherinnen und Besucher zu ungemütlich.