Was lösen Bilder in uns aus? Sprengel Museum hinterfragt das Sehen
Was lösen Bilder in uns aus? Darüber nachzudenken, regt das Sprengel Museum Hannover mit seiner neuen Ausstellung "Das Bild ist, was es tut" an. Gezeigt werden Videos, Installationen und klassische Fotos von neun Fotografinnen und Fotografen.
Bei einem Bild ist ein langsam pulsierender Ton zu hören - er kommt nicht etwa aus einem normalen Lautsprecher. Er kommt aus dem Bauch einer altmodischen Standuhr, die um fünf vor zwölf stehengeblieben ist.
Dazu hat Raphaela Vogel aus kopfstehenden Laternen einen Raum erschaffen, in dem in der Mitte ein Skelett kreist, gegenüber ein Barbie-Puppen-Flugzeug. Und wie lässt sich das alles ordnen und verstehen? Per Audiodatei, aufzurufen im Internet, gibt die Künstlerin Hinweise. Stichwort: Erschaffung des Raumes durch Atome. "Die alten Philosophen glaubten schon, dass alles aus Elementen besteht. Sie erfanden Wasser, Luft, Feuer und Erde. Doch jene nahmen Rohstoffe an, die man weder sehen noch berühren kann. So winzig sind sie."
"Das Bild entsteht erst im Moment des Betrachtens"
Es ist an jedem einzelnen, sich hier ein eigenes Bild zu machen, durch eigenes Tun. Das hat einst die ostdeutsche Lyrikerin Elke Erb mit der Zeile "Das Gedicht ist, was es tut." für das gereimte Wort angeregt. Die Ausstellung überträgt dies auf Bilder, sagt Kuratorin Inka Schube. Was also können Bilder tun, wozu anregen? "Das Bild entsteht erst im Moment des Betrachtens. Vorher kann es gar nicht sein, ist gar nicht da. Ich bin diejenige, die das Bild in meiner Wahrnehmung macht. Künstler können sich Mühe geben wie sie wollen. Wenn niemand da ist, der das Bild anschaut, dann sind sie auf verlorenem Posten."
Fotoarbeiten von Rodney Graham, Annette Kelm & Dörte Eißfeldt
Es sind ganz unterschiedliche Fotoarbeiten, die in den vergangenen sechs Jahren für die Sammlung des Sprengel Museums angekauft wurden. Der kanadische Künstler Rodney Graham schmeißt in einem Video aus den 1960er-Jahren mit Kartoffeln auf einen Gong und nähert sich so ironisch der Fluxus-Kunst. Annette Kelm hat Buchtitel von Ringelnatz' "Kinder Verwirr Buch" und Tucholskys "Lerne lachen ohne zu weinen" von 1931 fotografiert. Ein dokumentarischer Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus, sagt Sprengel-Direktor Reinhard Spieler. "Das sind verbotene, verbrannte Bücher, die sie nochmal in die Präsenz holt durch ganz strenge Aufnahmen mit einer bestimmten Beleuchtung, die sie sehr objekthaft zur Geltung kommen lässt. Da sehen wir uns natürlich als Museum des 20. und 21. Jahrhunderts ganz stark in der Verpflichtung, unsere spezielle Geschichte in der Kunst zu reflektieren und wachzuhalten."
Poetisches Bild "Schneeball" von Dörte Eißfeldt
Poetisch und wunderbar vielschichtig wirken hingegen die Schwarz-Weiß-Fotos von Dörte Eißfeldt, bis 2016 Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. "Schneeball" heißt ihre Serie aus den 1980er-Jahren. Auf einer Hand liegend wird die eisige Kugel dem Betrachter entgegengestreckt. Mal ist sie fast graphisch als Bild im Foto eingerahmt, dann wieder wirft der eisige Körper einen Schatten wie ein Meteorit. Dörte Eißfeldt spiele hier auch mit dem Wort All, das im Wort Schneball enthalten ist, sagt Inka Schube. "Ein Foto von einem schnell schmelzenden Eisball sozusagen, das kann gleichzeitig die ganze Welt oder das All bedeuten. Das macht es auch wieder ganz auf und ganz weit. Sich das immer wieder vorzustellen, dass jede dieser künstlerischen Arbeiten in der Ausbildung auch eine eigene Welt, ein eigenes kleines All für sich abbilden."
Herausforderung: Sich auf Bilder einlassen
Das alles zu entdecken, ist spannend. Die Herausforderung besteht jedoch darin, sich auf das einzulassen, was etwas mit einem tun soll. Dafür steht nur wenig Text zur Verfügung. Stattdessen gibt es Audiodateien: Zu hören sind Künstler wie Dörte Eißfeldt.
Die Fotografie berührt das Universum, die Fotografie materialisiert das Denken, Fotos sind wie Wale, die ganze Inseln tragen können.
Die Ausstellung "Das Bild ist, was es tut." ist bis zum 17. November im Sprengel Museum Hannover zu sehen.
Was lösen Bilder in uns aus? Sprengel Museum hinterfragt das Sehen
"Das Bild entsteht erst im Moment des Betrachtens", sagt Inka Schube, Kuratorin der Ausstellung "Das Bild ist, was es tut".
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Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover - Telefon:
- 0511 168 43875
- E-Mail:
- Sprengel-Museum@Hannover-Stadt.de
- Öffnungszeiten:
- Dienstag: 10.00 - 20.00 Uhr
Mittwoch bis Sonntag10.00 - 18.00 Uhr
Montag geschlossen