Kestner Gesellschaft Hannover: Mitglieder wenden sich gegen Vorstand
Mitglieder der Kestner Gesellschaft kritisieren in einem Offenen Brief den vorzeitigen Weggang von Direktor Adam Budak und mangelnde Transparenz. Der Schritt sei notwendig, um die drohende Insolvenz abzuwenden, sagt nun der Vorstand.
Es rumort in der Kestner Gesellschaft in Hannover. Und das schon seit einiger Zeit. Zum Ende des Jahres wird der Direktor der Kestner Gesellschaft, Adam Budak, sein Amt vorzeitig abgeben, der Vertrag sei im in beidseitigem Einvernehmen aufgelöst worden. Bei einer Mitgliederversammlung des Kunstvereins im April wurde die "einvernehmliche Trennung" bekanntgegeben. Jetzt gibt es einen Offenen Brief von Mitgliedern der Kestner-Gesellschaft an den Vorstand, die sich von dieser Entscheidung überrumpelt fühlten. Gut 120 Personen haben unterschrieben.
Sie betonen, dass das internationale Renommee und die Strahlkraft des Hauses sich in Budaks Amtszeit merklich erhöht haben. Davon zeuge unter anderem die erstmalige Teilnahme der Kestner Gesellschaft an der Kunstbiennale in Venedig. Zudem habe Budak die Gesellschaft einem breiteren, lokalen Publikum geöffnet. Der Vorstand habe die Entscheidung, sich von Adam Budak zu trennen, alleine getroffen, ohne die Meinung der Mitglieder einzuholen. "Unser Direktor hat sich um die Kestnergesellschaft verdient gemacht. Wir verstehen nicht, warum seine Zeit in der Kestner Gesellschaft vorzeitig enden soll", heißt es in dem Brief.
Die Mitglieder fordern eine außerordentliche Mitgliederversammlung und - wenn man sie zu der einlädt - dann bitte mit vollständiger Tagesordnung. Denn, so heißt es in dem Brief: "In Unkenntnis des Themas haben die Mitglieder dem Vorstand auf der letzten Mitgliederversammlung die Entlastung erteilt - erst danach wurden sie über das Ausscheiden von Adam Budak informiert." Und weiter: "Wir halten diese Chronologie und dieses Vorgehen für inakzeptabel, da die Mitglieder vor ihrem Votum über zentrale Ereignisse im Unklaren gelassen wurden."
Gründe für Vertragsaufhebung: Drohende Insolvenz
Lange haben sich weder der Vorstand noch Budak zu den Gründen für die Entscheidung geäußert. Im Interview mit NDR Kultur begründet Pressesprecherin Catrin Kuhlmann die Entscheidung mit einer prekären finanziellen Schieflage, in der sich die Kestner Gesellschaft befindet. Ohne den Einsatz von Privatvermögen von Vorstandsmitgliedern würde sich die Kestner Gesellschaft bereits im Insolvenzverfahren befinden, so Kuhlmann: "Da sprechen wir über einen sechsstelligen Betrag, der notwendig war, um das Geschäftsjahr 2023 plus-minus-null abzuschließen."
Kuhlmann führte weiter aus: "Es sind über mehrere Monate mehrere intensive Gespräche mit Adam Budak geführt worden. Das hat jedoch keine Wirkung gezeigt. Auch nach den Gesprächen hat sich die Ausgabensituation nicht verändert. Deswegen kann man es so zusammenfassen, dass mit der Vertragsaufhebung die Kestner Gesellschaft vor der sicheren Insolvenz bewahrt werden soll."
Dem Inhalt des Offenen Briefs stimme der Vorstand weitestgehend zu. Künstlerisch und konzeptionell stehe der Vorstand weiterhin voll hinter Adam Budak. Allerdings "geht es im Augenblick nicht um die Frage, wie oder von wem die Kestner Gesellschaft weitergeführt wird, sondern ob und wie lange noch, wenn es so weiter geht wie bisher", sagte Kuhlmann.