Tanz, Freiheit, Biennale: Kestner Gesellschaft hat 2024 viel vor
Fünf Ausstellungen, drei künstlerische Positionen an der Fassade und Teilnahmen an der Biennale in Venedig: Heute wurde in Hannover das Programm der Kestner Gesellschaft für 2024 vorgestellt.
Ballett einmal anders: Die georgisch-stämmige Künstlerin Anna K. E. wird im März Spucke zum Einsatz bringen, ein langes Wasserhahnrohr bis unter die Decke installieren und ein gefliestes Podest im einstigen Schwimmbad des Gebäudes der Kestner Gesellschaft aufbauen. Es geht um Bewegung und Raum. Die Wurzeln für diese Themen liegen in der Biografie der 1986 in Tiflis geborenen Künstlerin, sagt Alexander Wilmschen, der die Ausstellung kuratiert.
"Sie hat eine klassische Ballettausbildung", erzählt Wilmschen. "Die Erfahrungen mit dem Ballett, mit dem eigenen Körper, mit Schmerz und wie weit sie an die eigenen Grenzen gehen kann wird sie in der Ausstellung reflektieren. Der Ausstellungstitel 'Dolorem Ipsum' bedeutet soviel wie Schmerz oder Selbstschmerz. Tanz ist das wichtige Thema bei Anna K. E. - und Konflikte zwischen Migration und Heimat, Ost und West. Das wird sie in einer großen Installation reflektieren."
Hannah Arendt als Inspiration für eine Gruppenausstellung
Früher und heute: Im Jahresthema der Kestner Gesellschaft 2024 spielen die Zeit und der Wandel eine große Rolle. Direktor Adam Budak hat sich dafür von Hannah Arendt inspirieren lassen. Unter dem Stichwort "Ich selbst, auch ich tanze" wird es dazu im Sommer Performances, Konzerte und Lesungen geben. Im Oktober folgt eine Gruppenausstellung mit mehr als 20 Positionen, die inspiriert sind von einem Werk der in Hannover geborenen Philosophin.
"In dem Buch 'Zwischen Vergangenheit und Zukunft' vom Anfang der 1960er-Jahre hat Hannah Arendt acht Übungen im politischen Denken geschrieben", erklärt Budak. "Diese Begriffe sind total wichtig für heute - nicht nur für den zweiten Teil des 20. Jahrhunderts. Der Begriff 'Tradition' zum Beispiel oder 'Geschichte' - und was bedeutet Autorität? Was bedeutet Freiheit? Das sind wichtige Begriffe, die momentan sehr viel diskutiert werden."
Kestner Gesellschaft: Von Hannover zur Biennale in Venedig
In den Projektraum der Kestner Gesellschaft zieht ab November Alexander Dorner ein, Visionär im Museumsbetrieb Hannovers vor 100 Jahren. Gegenwärtige Positionen mit Verbindungen zum Haus gibt es in diesem Jahr auch auf der Biennale in Venedig. Adam Budak kuratiert dort den lettischen Pavillon mit Amanda Ziemele zum Thema Gastfreundschaft. Zur Feier der 60. Ausgabe der italienischen Kunstschau wird zudem eine von 30 internationalen Positionen im Programm "Collateral Event" aus Hannover kommen.
"Die Ausstellung von Rebecca Ackroyd, die momentan im Haus ist, ist als 'Collateral Event' für die Biennale ausgewählt worden. Das heißt, während der Dauer der Biennale von Mitte April bis Ende November wird sich die Kestner Gesellschaft am Canal Grande manifestieren", sagt Budak. "Wir sind sehr stolz."
Wer schneller etwas sehen möchte - umsonst und draußen -, dem sei die neue Fassadenkunst der Kestner Gesellschaft im März empfohlen. Mit leuchtenden Buchstaben will der chilenische Künstler Alfredo Jaar Flaneure auffordern, erschrocken zu sein über das Ausmaß des Möglichen. Im Werk von AA Bronson, Gründungsmitglied der Künstlergruppe General Idea aus Toronto, könnten hingegen seine queeren Themen eine Rolle spielen. Facettenreich wird also auch hier die Kestner Gesellschaft weithin strahlen.