Ein Denkmal für Reinhard Schamuhn, das "verrückte Huhn" von Uelzen
Bei der Aktion Legenden von nebenan sucht NDR Kultur die Geschichten von besonderen Menschen, die ein Denkmal verdient haben. In Uelzen hat eine Initiative genau dies erreicht - dort wird ein Gedenkort für einen stadtbekannten Künstler eingerichtet.
Wenn man in Uelzen auf der Straße nach Reinhard Schamuhn fragt, findet man schnell Menschen, die etwas über ihn zu sagen haben. "Natürlich kenne ich den, das war mein bester Freund", sagt eine Frau und strahlt. "Wenn er mich sah, hat er immer gesagt: Jetzt geht die Sonne auf!" Ein anderer Passant beschreibt Schamuhn so: "Ein bunter Vogel, kann man glaube ich am besten sagen." Und eine Frau erzählt: "Ich denke hin und wieder an Herrn Schamuhn. Er hat viel Kultur geschaffen für Uelzen, wo ja praktisch nichts los ist. Dem Mann muss man dankbar sein!"
Wenn jemand schon elf Jahre tot ist, aber so einen Eindruck hinterlassen hat, dann muss er schon etwas Besonderes gewesen sein. Dem Aktionskünstler Reinhard Schamuhn soll jetzt in Uelzen ein Denkmal gesetzt werden.
Spiegelei in Harz konserviert: Spurensuche auf dem Dachboden
Die Idee kommt von der Uelzener Geschichtswerkstatt, gemeinsam mit dem Neuen Schauspielhaus Uelzen, der alten Wirkungsstätte Schamuhns. Dort, auf dem Dachboden des Theaters, betrachten die Initiatoren Schamuhns skurrile Kunstwerke: in Harz konservierte Collagen aus Schachfiguren, Spiegeleiern, Vogelknochen und bemalten Schießscheiben. "Was ich toll fände, wenn er uns hätte erklären können, was er damit sagen will", sagt Johannes Vogt-Krause beim Betrachten der Objekte. Er ist der jetzige Leiter des Neuen Schauspielhauses, das Schamuhn 1998 als Kleinkunstbühne für die Region geschaffen hat.
Für Vogt-Krause ist klar: "Ich finde es aller Ehren wert, wenn man jemandem, der sich so für Kultur eingesetzt hat, so ein Theater auf die Beine gekriegt hat und letztlich in Uelzen zum ersten Mal Kleinkunst etabliert hat, ein Denkmal setzt."
Klavier fliegt in den Maschsee, Schamuhn springt hinterher
Dabei war Reinhard Schamuhn nicht unumstritten. Er galt manchen schlicht als Spinner, als er Ende der 60er-Jahre ein Klavier in den Maschsee von Hannover werfen ließ, um dann darauf "Wassermusik" zu spielen. Man sah und hörte ihn auch auf hohen Bäumen, mit einem Ofenrohr Musik machen. Schamuhn war ein Schelm, einer, der gegen die Norm lebte, sagt Vogt-Krause. "So ein Typ tut jeder Stadt, jeder Kommune gut. Jemand, der die Dinge ein bisschen aufmischt, der neue Ideen hat, der auch Sachen durcheinanderbringt und die Leute aus ihren gewohnten Bahnen holt."
Bleibt nur die Frage, ob der Uelzener Bürgermeister Jürgen Markwardt das auch so sieht. Eine Schamuhn-Delegation aus Theaterleuten und der Geschichtswerkstatt Uelzen fragt nach, wie er zu einem Denkmal steht. Grundsätzlich würde die Stadt Straßen und Plätze nicht mehr nach Menschen benennen, so der Bürgermeister - aber man könne diesen Orten einen Zusatznamen geben. "Reinhard Schamuhn war sicherlich ein Mensch mit Ecken und Kanten, den man von vielen Seiten aus beleuchten kann", findet Markwardt. "Aber er ist es wert, dass wir an ihn erinnern und ihn würdigen. Ich lehne mich mal aus dem Fenster: Wir machen das, das kriegen wir hin!" Die Runde ist erleichtert. Einer sagt "dann können wir ja gehen" und erntet gelöstes Gelächter.
Neues Schamuhn-Plätzchen an der Uelzener Stadtmauer
Keine 50 Meter von Schamuhns Schauspielhaus soll es entstehen: das Schamuhn-Plätzchen, an der alten Uelzener Stadtmauer. Georg Lipinsky, ein Künstler aus der Stadt, hat bereits eine Reliefplatte aus Ton angefertigt, die an der Mauer befestigt werden soll. Darauf plastisch eingraviert: der Geehrte mit Zylinder und Huhn. Uelzen wird jetzt einen Erinnerungsort bekommen, für sein "verrücktes Huhn" Reinhard Schamuhn.