Eine lebensgroße Puppe eines Schusters sitzt in einer nachgestellten Schusterwerkstatt im Museum Hagenow. © NDR Foto: Axel Seitz
Eine lebensgroße Puppe eines Schusters sitzt in einer nachgestellten Schusterwerkstatt im Museum Hagenow. © NDR Foto: Axel Seitz
Eine lebensgroße Puppe eines Schusters sitzt in einer nachgestellten Schusterwerkstatt im Museum Hagenow. © NDR Foto: Axel Seitz
AUDIO: Zum 50. Geburtstag ganz neu: Alltagskultur im Museum Hagenow (4 Min)

Zum 50. Geburtstag ganz neu: Alltagskultur im Museum Hagenow

Stand: 02.08.2024 17:01 Uhr

Das Museum in Hagenow zeigt die Alltagskultur vergangener Generationen in und um Hagenow, in der Griese Gegend in Südwestmecklenburg. Zum diesjährigen 50. Jubiläum baut Haus die Dauerausstellung um.

von Axel Seitz

"Königskronen sind hier nicht zu erwarten, aber Dinge des Alltags", sagt der Museumsdirektor Henry Gawlick. Inhaltlich tobe man sich aus. Von der Töpferei über Auswanderung, Wohnkultur über die Schützeninnung und die Dampfmaschine bis zur Entwicklung der Stadt als Industriestandort in der Zeit von 1845 bis 1945.

Hagenow einstmals Schuhmacherstadt

Museumspädagogin Andrea Kaufmann und Museumsleiter Henry Gawlick stehen vor einem Regal mit Tassen und Tellern im Museum Hagenow. © NDR Foto: Axel Seitz
Die Museumspädagogin Andrea Kaufmann und der Museumsleiter Henry Gawlick präsentieren die Alltagskultur der Gegend.

Hagenow war einmal eine Schuhmacherstadt mit mehr als 100 Schuhmachern im 19. Jahrhundert, sagt die Museumspädagogin Andrea Kaufmann. Davon ließen sich vor allem Kinder begeistern. In einem Raum im Museum ist eine Schuhmacherwerkstatt nachgebaut, mit einem Schuhmacher als lebensgroßer Puppe. "Einmal ist der Schuhmacher selbst zu sehen mit den verschiedenen Werkzeugen und in der Werkstatt selber mit einer unglaublichen Objektanzahl", freut sich die Pädagogin. "Die Kinder reagieren darauf und fragen sich natürlich: Was ist das? Wie arbeitet der Schuster damals und heute? Und das kann man zusammen rausfinden. Womit hat er sich umgeben? Was gibt es für spezielle Werkzeuge?", erzählt sie.

Klump als billiges Baumaterial

In den vergangenen Jahren wurden für die Ausstellung in Hagenow zwei Abschnitte bereits erneuert - so erfährt der Besucher jetzt etwas über die Wiege der Mecklenburgischen Waldglashütten und lernt den Raseneisenstein kennen - im Niederdeutschen heißt dieser Klump. Vor allem in Südwestmecklenburg wurde er als Baustoff eingesetzt: "Zuerst in Ludwigslust für die höfischen Bauten, etwa die Glockentürme oder die künstliche Ruine im Schlosspark 1788. Im 19. Jahrhundert dann wurde Klump dann für die kleinen Leute als billiger Baustoff zum Bau von Häuslereien bedeutsam", erklärt Gawlick. "Sieht aus wie schwarz-braune Felsbrocken. Das macht unsere Gegend besonders, es gibt andere Regionen, in denen auch Klump da ist, aber als volkstümlicher Baustoff in der Masse zu sehen, ist das hier nur im Altkreis Ludwigslust-Hagenow."

Dampfmaschine funktioniert noch

Eine historische Dampfmaschine in einem leeren Raum. © NDR Foto: Axel Seitz
Die historische Dampfmaschine funktioniert noch und macht laute Geräusche, wenn man sie anstellt.

In einem Raum im Erdgeschoss steht, so Andrea Kaufmann, nur ein einziges Objekt, allerdings ein besonders großes. "Die Dampfmaschine als größtes Objekt, was auch viele Kinder und Erwachsene fasziniert, weil es eben sehr komplex ist und noch funktioniert und sehr laute Geräusche macht, wenn man es anstellt", sagt Kaufmann. "Sie wurde in Teterow von den Gebrüdern Scheven hergestellt und wurde seit 1902 in Hagenow in einer Sägerei verwendet." Bis 1974 war diese Dampfmaschine in Betrieb - 1974, da wurde auch das Hagenower Museum eröffnet.

Museumsdirektor als Jäger und Sammler

Direktor Henry Gawlick bezeichnet sich selbst als Jäger und Sammler und so hat er in den vergangenen Jahrzehnten reichlich Alltagsgegenstände zusammengetragen. "Eine Sammlung ist hier entstanden, aus Objekten, die die Stadt hergibt, aber aus dem gesamten Umfeld, meistens südlich von Hagenow bis nach Dömitz hinunter über Neustadt-Glewe und Eldena . In der ganzen Ecke haben wir im ländlichen Bereich viel gesammelt und eine solide Objekt-Sammlung aufgebaut", betont der Direktor. Das müsse auch sichtbar gemacht werden. Touristen und auch Einheimische müssten erfahren, in welcher Region sie sich aufhalten, wo sie wohnen und was die sogenannte Griese Gegend so besonders mache.

Für die "erfolgreiche Ausrichtung seines Museums und die Erforschung der jüdischen Geschichte in Hagenow" - erhielt der Kunsthistoriker 2012 den Kulturpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Jetzt, mit diesem August ist Henry Gawlick eigentlich Rentner. "Da pfeif ich drauf und werde bis zum Jahresende hier das Projekt zu Ende bringen", sagt er. Die Eröffnung könne ein offizieller Abschluss für ihn werden. "Ich habe immerhin 30 Jahre am Stück hier gearbeitet. Ich bin schon seit 1986 in Hagenow der Stadt und der Geschichte im Museum verbunden. Wo ich bin, ist das Museum, wo das Museum ist, bin ich."

Neugestaltung soll im Oktober fertig werden

Noch ist die Neugestaltung des Hauses nicht abgeschlossen - aber bis zum Oktober sollen dann auch die letzten Räume des Museum für Alltagskultur der Griese Gegend in Hagenow fertig sein.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 30.07.2024 | 19:05 Uhr

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