Fünf Personen präsentieren eine Schrift. © NDR Foto: Axel Seitz

Mecklenburg-Vorpommern: Wie können Gedenkstätten gestärkt werden?

Stand: 01.11.2023 16:43 Uhr

An die jüngere deutsche Geschichte wird auf vielfältige Weise erinnert. Eine Expertenkommission hat mehrere Gedenkorte in Mecklenburg-Vorpommern untersucht und einen Bericht vorgelegt, wie die Arbeit künftig gestärkt werden kann.

von Axel Seitz

Es gibt Gedenkstätten - wie in Wöbbelin, Peenemünde und Fünfeichen bei Neubrandenburg - deren Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten auch über den eigentlichen Ort hinaus bekannt wurde. Aber dann existieren in Mecklenburg-Vorpommern auch Gedenkstätten, die sind weniger bekannt - zum Beispiel das ehemalige Wehrmachtsgefängnis in Anklam. Anna Kaminski, die Direktorin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, hat sich die Stätte angesehen.

"Wehrmachtsgefängnis" Anklam wichtiger Ort

"Wir waren sehr beeindruckt, was die Stadt, aber auch der Verein, der das ehrenamtlich macht, leistet", sagt sie. Wenn die Stätte entwickelt werden soll, bedeute das aber auch, dass investiert werden müsse. "Da können wir natürlich nicht sagen: 'So jetzt investiert hier mal bitte', sondern wir können dafür werben und sagen das ist ein wichtiger Ort - aus unserer Sicht von bundesweiter und sogar internationaler Bedeutung. Wir sehen in diesem Ort sehr viel Potenzial - nicht nur für die Bildungsarbeit, sondern auch für Besucher, die nach Mecklenburg-Vorpommern kommen. Der Ort ist also auch ein Standortvorteil."

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Kaminski hat sich mit zwei weiteren Experten in diesem Jahr die unterschiedlichen Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern angesehen. Für das ehemalige Wehrmachtsgefängnis, aber auch für andere Gedenkorte, forderten die Experten eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung.

"Wir müssen uns aber mit Realitäten abfinden. Insofern haben wir auch gesagt, das wird kein Sprint sein, sondern ein Marathon." Es sei Aufgabe der Politik, zu schauen, welche Strukturen wie gestärkt werden müssen, erläutert Kaminski. "Da sehen wir vor allem natürlich das hohe Potenzial der Landeszentrale für politische Bildung." Die Gedenkstättenarbeit und Projektförderung könne gestärkt werden. "Und dann muss man natürlich an jedem einzelnen Ort schauen, was für Strukturen vorhanden sind und was punktuell, jeweils kurzfristig, aber auch langfristig investiert werden muss", betont Kaminski.

Budget um rund zehn Prozent erhöhen

Auf die von Anna Kaminski angesprochenen Investitionen antwortete Kulturministerin Bettina Martin mit einigen konkreten Aussagen. "Wir sind im ersten Schritt im neuen Haushaltsentwurf dabei, die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit bei der Landeszentrale für politische Bildung zu erhöhen. Wir sind bei 270.000 Euro jährlich und werden um 30.000 Euro aufstocken, also um ein bisschen mehr als zehn Prozent. Wir werden außerdem die Dokumentationsstätte der Stasi-Untersuchungshaftanstalt in Rostock personell aufstocken."

Bettina Martin kündigte an, dass sich ihr Ministerium im kommenden Jahr jede Gedenkstätte im Land genau ansehen wird, um herauszufinden, was benötigt wird. "Da gibt es einige, wo das Land sehr stark gefragt ist. Wir werden je nach Ort entscheiden. In Peenemünde müssen wir gucken, wie wir die Dauerausstellung aufstellen. Auch in Prora erarbeiten wir eine Dauerausstellung. Da geht es auch um eine Finanzierung vom Bund."

In dieser Legislaturperiode werde das Ministerium viele Entscheidungen zu den einzelnen Orten treffen. Vor allen Dingen werde es aber die Struktur der gesamten Gedenkstättenarbeit betrachten. "Ich denke, das wird konkret im nächsten Jahr laufen", sagt Martin.

Dezentrale Gedenkstätten in MV

Für den Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Jochen Schmidt, ist der jetzt vorgelegte Bericht zur Gedenkstättenarbeit eine wichtige Grundlage für die Zukunft. Er charakterisiert die Gedenkstättenlandschaft als dezentral, eher kleinteilig und mit ganz unterschiedliche historischen Bezügen. Das sieht er positiv. "Wir haben in anderen Bundesländern zum Teil große Stiftungen, unter deren Dach sich dann Gedenkstätten befinden. Aber viele andere, die sich nicht unter diesem Dach befinden, haben vielleicht Schwierigkeiten. Das haben wir nicht. Das ist erstmal positiv hervorgehoben worden. Insofern sind wir da auf dem richtigen Weg."

Zwei deutsche Diktaturen aufarbeiten

Gedenkstättenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch im gesamten Osten Deutschlands steht zudem vor größeren Herausforderungen als in den westdeutschen Bundesländern: Hier gilt es, zwei deutsche Diktaturen aufzuarbeiten - und jüngeren Generationen immer wieder neu zu erklären.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Kulturjournal | 01.11.2023 | 19:00 Uhr

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