Neubrandenburg: Stele "Flaschenpost aus dem KZ" eingeweiht
In Neubrandenburg ist am Sonnabend der Befreiung der Stadt vor 78 Jahren vom Hitler-Faschismus gedacht worden. Aus diesem Anlass wurde im ehemaligen Kriegsgefangenenlager Fünfeichen eine Stele eingeweiht.
Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt und (parteilos) Koszalins (Köslin) Stadtpräsident Piotr Jedliński enthüllten gemeinsam die Stele "Flaschenpost aus dem KZ". Dieser Name beruht auf einer wahren Geschichte. Polnischen Männern, die in Neubrandenburg inhaftiert waren, gelang es, während ihrer Haft Informationen mit Frauen im KZ Ravensbrück auszutauschen. Diese Zettel vergruben sie. 30 Jahre später wurden sie gefunden wie eine Flaschenpost.
Notizen über medizinische Experimente
Diese heimlichen Botschaften waren Todeslisten und Notizen über medizinische Experimente. Oberbürgermeister Witt mahnte in seiner Rede zur Wachsamkeit gegen jede Art von Versuchen, die Demokratie zu untergraben.
Bis zu 70.000 Kriegsgefangene im Lager Fünfeichen
Bereits kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kamen am 12. September 1939 in dem in Fünfeichen errichteten Lager erste polnische Kriegsgefangene an. Im späteren Kriegsverlauf waren dort - fünf Kilometer von der Stadt Neubrandenburg entfernt - vor allem sowjetische, polnische und französische Soldaten untergebracht. Am Ende seien es über 70.000 Menschen gewesen, die in Fünfeichen unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert wurden - mehr als die Stadt heute Einwohner hat. Jeder zehnte Gefangene habe das Lager nicht überlebt, sagte Witt.
Fünfeichen als NKWD-Speziallager: 4.900 Tote
Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Ort bis 1948 als Speziallager des sowjetischen Geheimdienstes NKWD. Von rund 15.000 Inhaftierten überlebten 4.900 Menschen die Haftbedingungen nicht. „Wenn wir heute diese Zahlen an diesem Ort hören, bleibt fast alles, was in den Lagern passiert ist, doch im Unvorstellbaren. Selbst wenn man die Zahlen versucht in irgendein greifbares Verhältnis zu setzen, kann die Schreckensdimension nicht übersetzt werden“, sagte der Oberbürgermeister.