Şakir Gökçebağ: Künstler zwischen den Welten
Ob Regenschirm, Schuhbürste, Klopapier oder Wäscheklammern, Şakir Gökçebağ haucht Alltagsgegenständen eine neue, eine künstlerische Seele ein und gibt ihnen damit eine ästhetische Bedeutung. Ein Atelier-Besuch.
Es ist "Waschtag" bei Şakir Gökçebağ. So ist der Titel dieser Arbeit, bei der er universellen Gebrauchsgegenständen, wie diesem Gartenstuhl, mit Wäscheklammern eine ganz neue Bedeutung gibt, indem er sie an dem Gitter des Stuhls befestigt. "Das nennt man Kreativität", so Şakir Gökçebağ. "Oder anders denken. Ab und zu muss man aus der Alltagsrealität rausgehen."
Seit 25 Jahren ist der gebürtige Türke in Hamburg zu Hause - fühlt sich aber als Weltbürger. Deutschland bietet dem preisgekrönten Künstler ein ideales Netzwerk für zeitgenössische Kunst, mit Galerien und Museen, in denen er seine Werke ausstellt. Kreativ und voller Spielfreude war er übrigens schon als Kind. "Damals haben wir keine Spielzeuge gehabt", erzählt der Künstler. "Wir mussten eigene Spielzeuge bauen. Ich hatte damals keine gekauften Spielzeuge. Ich habe sie immer wieder selbst gemacht."
Alltagsgegenstände werden zu Kunstobjekten.
Für Şakir Gökçebağ sind fast alle Dinge des täglichen Gebrauchs potentielle Kunstobjekte. Selbst aus vierlagigem Klopapier macht er eine poetische Inszenierung. Das Werk "Trans Layers" schuf der Künstler schon vor der Corona-Zeit. Eine Zeit, in der Toilettenpapier plötzlich Mangelware wurde. "Das Klopapier an der Wand ist wie eine Linie. Da muss man nicht unbedingt mit dem Pinsel zeichnen. Eine kalligraphische Arbeit mit dem Toilettenpapier an der Wand ist sehr interessant für mich."
Auch aus Regenschirm-Gestängen, vielleicht ja dem Wetter im Norden geschuldet, macht Şakir Gökçebağ Kunst. Die Arbeit taufte er "Jurt" in Anlehnung an ein mongolisches Zelt. Jurt ist übrigens auch türkisch und bedeutet Heimat. "Ich mag normalerweise keine Symmetrie, trotzdem mache ich manche Werke interessanterweise symmetrisch", sagt der Künstler und lächelt.
Einfachheit liegt in der Schönheit und im Zauber zugleich
An seine Heimat erinnert ihn dagegen die Ornamentik orientalischer Teppiche. Zerschnitten und völlig neu angeordnet, will er die Gegensätze von Orient und Okzident deutlich machen. "Das ist so eine versteckte Instinkt", erklärt Şakir Gökçebağ. "Ich mag Kalligraphie, Ornamente aber auch gleichzeitig Minimalismus und Einfachheit." In der Einfachheit liegt für den 1965 in Denizli geboren Künstler Schönheit und Zauber zugleich.
Selbst Schuhbürsten begeistern ihn. An den Enden zusammengeklebt und gestapelt wird daraus ein Kunstwerk. Der Titel der Arbeit verrät: Der Mann hat Humor. "Der Titel heißt Brünette und Blondine" Auf die Frage, ob er immer noch ein bisschen Kind sei, antwortet Gökçebağ: "Natürlich! Jeder hat eigentlich so was. Der spielerischen Arbeit gehört mein künstlerisches Leben." Ein Künstler, der Alltagsgegenständen eine Seele einhaucht. Das wichtigste Auswahlkriterium des Weltbürgers Şakir Gökçebağ: Der Betrachter muss sie erkennen können - ganz gleich, wo er auf der Welt zu Hause ist.