Schreiben über das Unsagbare: Peggy Parnass ist tot
Die deutsch-schwedische Schauspielerin und Autorin Peggy Parnass ist tot. Nach NDR Informationen starb sie am Mittwochmorgen im Alter von 97 Jahren. Sie galt als Kämpferin für Gerechtigkeit und die Aufklärung von NS-Verbrechen.
In Hamburg galt Peggy Parnass als "heimliche Königin" des Stadtteils St. Georg und Ikone der Schwulenbewegung. Als Journalistin, Autorin und Publizistin setzte sie sich immer wieder für die Rechte von Minderheiten ein. Parnass wurde am 11. Oktober 1927 in Hamburg geboren. Ihre Eltern waren jüdischer Herkunft und wurden von den Nationalsozialisten im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Parnass und ihr Bruder kamen mit einem Kindertransport nach Schweden und lebten dort in Waisenhäusern und Pflegefamilien, bevor ein Onkel in England sie kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs aufnahm. Peggy ging später zurück nach Schweden und wurde schwedische Staatsbürgerin.
Bürgermeister Tschentscher: Parnass sollte uns auch in Zukunft ein Vorbild sein
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat auf die Todesnachricht mit lobenden Worten für Peggy Parnass reagiert: "Wir trauern um eine außergewöhnliche Bürgerin unserer Stadt". Sie habe ihr Leben dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung gewidmet und sei bis ins hohe Alter für Toleranz und Vielfalt eingetreten. Als Reporterin und Autorin habe sie zur konsequenten Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen beigetragen und habe das moralische Rechtsempfinden der deutschen Nachkriegsgesellschaft mitgeprägt. "Ihr unermüdlicher Einsatz für Demokratie, Toleranz und Mitmenschlichkeit sollte uns auch in Zukunft ein Vorbild sein", so Tschentscher.
Senatorin Fegebank: Parnass war eine wichtige Stimme Hamburgs
Hamburgs Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank nennt Peggy Parnass in einer ersten Reaktion eine "neugierige, warmherzige und meinungsstarke Persönlichkeit, die sich stets für die Belange von Minderheiten einsetzte". Es falle ihr schwer, sich die Zukunft ohne Peggy vorzustellen. "Sie hinterlässt eine große Lücke und wird mir und uns allen in dieser Stadt sehr fehlen. Möge dein Andenken uns Leitbild für die Zukunft sein, liebe Peggy!"
Kultursenator Brosda: Sie war ein Freigeist ohne Angst, anzuecken
"Als Publizistin, Schauspielerin und Aktivistin scheute sich Peggy Parnass in der Bundesrepublik nicht, mutig auch die Wahrheiten auszusprechen, die nicht gern gehört wurden", so ein erstes Statement von Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Peggy Parnass habe als Gerichtsreporterin auf die Aufarbeitung der NS-Verbrechen gedrängt und sei zur moralischen und antifaschistischen Instanz geworden. Vor allem aber verliere Hamburg einen so freundlichen, so warmherzigen und so besonderen Menschen, wie man sie nur ganz selten treffe: "Ganz gleich ob in der ersten Reihe eines Theaters, mit breitem Lächeln am Rande eines Empfangs oder irgendwo in der Ecke eines Raums im intensiven Gespräch – ich werde sie unendlich vermissen. Liebe Peggy, mögest Du auch künftig keine Grenzen akzeptieren.“
Bewegtes Leben: Gerichtsreporterin, Schauspielerin, Autorin
Parnass studierte in Stockholm, London, Hamburg und Paris und arbeitete als Sprachlehrerin, Filmkritikerin, Kolumnistin und Dolmetscherin für die Kriminalpolizei. Als Gerichtsreporterin begleitete sie zurück in Deutschland die NS-Prozesse. Außerdem schrieb Parnass Bücher, trat als Sängerin in Theatern auf und spielte in zahlreichen Filmen mit. Wichtig war ihr stets ihre Unabhängigkeit. "Ich will mich nicht unterordnen, kann mich nicht unterordnen", sagt sie einmal in einem Interview. "Ich wüsste auch nicht wozu, ich könnte keinen Chef ertragen."
Zuletzt lebte Parnass in einer Seniorenresidenz im Hamburger Stadtteil St. Georg. Nun ist sie mit 97 Jahren gestorben.
