Der persische Teppich ist ein wesentlicher Bestandteill persischer Kunst und Kultur. © picture alliance / JOKER | Ralf Gerard

Iranische Kunst beim Hastam Festival in Hamburg-Wilhelmsburg

Stand: 30.08.2024 17:03 Uhr

"Just because I AM", "Einfach weil ich bin" - das ist der Untertitel des Hastam Festivals, das widerständische iranische Kunst aus ganz Europa zeigt. Am Donnerstag wurde das neue Festival in Hamburg-Wilhelmsburg eröffnet.

von Petra Volquardsen

Drei Tage lang kommen beim Hastam Festival professionelle junge iranische Künstlerinnen und Künstler zusammen, die mittlerweile im Ausland leben, weil sie ihre Kunst in ihrem Heimatland nicht mehr ausüben können. Kuratorin des Festivals ist die Cellistin und Komponistin Atena Eshtiaghi, die seit 2022 in Hamburg im Exil lebt und sich mit ihrer Musik für die Rechte iranischer Frauen einsetzt. Ohne sie würde es dieses Festival nicht geben: Atena Eshtiaghi sitzt mit ihrem Cello auf der Bühne. Duo Azadi - Azadi wie Freiheit - heißt das Duo, das sie zusammen mit der Jazz-Pianistin Clara Haberkamp gegründet hat.

Kampf um Freiheit und gegen Unterdrückung

Geboren ist Atena Eshtiaghi in Teheran. Ein Jahr lang hat sie im Rahmen des Förderprogramms Intro der Hamburger Kulturbehörde am Bürgerhaus Wilhelmsburg gearbeitet. Mit dem Hastam Festival geht für sie ein Traum in Erfüllung. Das Festival, sagt sie, sei eine ganz wichtige Plattform für junge Künstlerinnen und Künstler aus dem Iran. Die neue Generation sei so kreativ und mutig - eine großartige Möglichkeit, sie hier zu haben und ihre Kunst zu zeigen.

Die Singer-Songwriterin Sanam Maroufkhani lebt mittlerweile in Amsterdam. In ihren Liedtexten, die, während sie singt, in englischer Übersetzung auf die Wand projiziert werden, geht es um Erinnerungen an die Heimat. Aber immer wieder auch um den Kampf um Freiheit und gegen Unterdrückung.

Einsatz für die Rechte der Frau

Auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda ist zur Eröffnung des Festivals gekommen. "Wir erleben, dass viele Menschen nach Deutschland kommen, weil sie in ihren Heimatländern ihre Kunst nicht ausüben können", so Brosda. "Es ist ein hohes Gut, dass wir in der Lage sind, die Freiheit von Kunst in unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Und was für ein Schatz an Künsten in unserer Stadt ist, das ist beim Hastam Festival erlebbar."

"Uprising Bodies" heißt die Tanzperformance, zu der Atena Eshtiagi die Musik komponiert hat. Dabei geht es um die Hijab, mit der Frauen im Iran ihren Körper verhüllen müssen.

Die Rechte der Frau sind ein großes und immer wiederkehrendes Thema. Das sei beeindruckend, findet Pianistin Clara Haberkamp: "Das hilft, auch eine andere Perspektive auf die eigene Freiheit zu bekommen. Mich inspiriert das sehr."

Im Publikum sitzen Frauen und Männer, die selbst einen Bezug zum Iran haben. Andere sind neugierig und gespannt darauf, mehr über die Kunst und Kultur des Landes erfahren: "Es ist sehr interessant und spannend. Ganz vieles kennen wir nicht. Es ist eine Entdeckungsreise", sagt eine Besucherin.

Zeitgenössische iranische Kunst im Vordergrund

Eigentlich wollte auch Albert Wiederspiel, langjähriger Leiter des Filmfests Hamburg, zur Eröffnung sprechen - hat dann aber seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Weil, so Katja Scheer vom Bürgerhaus Wilhelmsburg, einige Teilnehmerinnen beim Festival ein Statement unterzeichnet haben, das Bezug nimmt auf den Israel-Palästina-Konflikt. "Für Albert ist das offensichtlich ein Grund gewesen, mit diesen Personen nicht im Rahmen eines Festivals auftreten zu wollen", so Scheer. "Wir als Bürgerhaus haben uns dafür entschieden, die Personen nicht auszuladen, weil wir als Bürgerhaus die Verantwortung haben, Räume zu schaffen, wo wir Menschen in den Austausch bringen."

Beim Festival steht der Blick auf zeitgenössische iranische Kunst im Vordergrund. Bis einschließlich Sonnabend stehen noch weitere Konzerte, Filmvorführungen, Podiumsdiskussionen und auch Workshops auf dem Programm.

Atena Eshtiaghi plant, auch nach ihrem Stipendium in Hamburg zu bleiben. Sie will weiter als Musikerin und Komponistin arbeiten und so auch denjenigen in ihrer Heimat ihre Stimme leihen, die sich selbst aufgrund der politischen Lage nicht äußern können: "Was ich von der neuen Generation im Iran gelernt habe, ist Mut. Wir tragen ihren Mut und ihre Hoffnung weiter, wir sind die Stimme von 'Frau, Leben, Freiheit'."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 30.08.2024 | 16:15 Uhr

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