Miss Germany-Finale mit norddeutscher Start-Up-Gründerin Lucy Larbi

Stand: 14.02.2025 13:37 Uhr

Es gab rund 900 Bewerberinnen - und Lucy Larbi ist unter den letzten neun. Um mehr Sichtbarkeit für ihre Community zu erreichen, nimmt die Unternehmerin an der Miss-Germany-Wahl teil. Wir haben sie bei ihren Vorbereitungen in Hamburg getroffen.

von Bettina Lehnert

Sie hat es geschafft. 900 Frauen haben sich beworben und sie ist unter den letzten neun: Lucy Larbi. Sie ist Unternehmensberaterin, Gründerin eines Start-up-Events - und jetzt im Finale bei der Miss Germany-Wahl. Mitgemacht hat sie eher aus Zufall. Eine Kollegin hat sie überredet: "Ich dachte, es ist einfach nur ein Award für Frauen, die in der Wirtschaft tätig sind, das ist ja immer gut, einen solchen Award mitzunehmen. Aber dann, als ich die Geschichte dahinter verstand - das war mal ein Schönheitswettbewerb." Und was für einer.

1927 wird die erste Miss Germany gewählt - in der Nazi-Zeit gibt es den Contest nicht. Anfang der 1950er-Jahre kommt er zurück - Fräuleinwunder und Miss-Wahlen passen gut zusammen. Glamouröse Events, die vor allem wirtschaftlich lukrativ für die Veranstalter sind - inklusive Bikini-Walks mit den Maßen 90-60-90, männliche Juroren und überwiegend blonde Teilnehmerinnen.

Miss Germany 2025: Mit Verantwortung, Vielfalt und Haltung zum Titelgewinn

2020 wird alles anders. Es ist vorbei mit den Voraussetzungen wie: unverheiratet, kinderlos, jung und Modelmaße. Miss Germany wird eine Auszeichnung für Frauen, die echte Veränderung vorantreiben - für mehr Verantwortung, Vielfalt und Haltung.

"Vor Ort müssen wir mit unserer Mission damit überzeugen, warum ich eine Frau bin, die in Deutschland Verantwortung übernimmt", erklärt Lucy Larbi, "und mit welcher Mission ich Deutschland im nächsten Jahr etwas Gutes tun möchte. Das bedeutet: Ich werde auf einer Bühne vor über 500 Zuschauern und Zuschauerinnen meine Mission für eine Minute pitchen."

"Ich musste immer etwas leisten, damit ich dazugehöre"

Lucy Larbi ist in Ghana geboren und kommt mit zwei Jahren nach Deutschland, weil sie damals auf einem Auge fast blind ist. Ihre Feststellung inzwischen: als schwarzer Mensch findet man in Deutschland nicht statt, ist nicht wirklich sichtbar: "Ich habe meinen deutschen Pass erst, seit ich 20 Jahre alt bin. Ich musste sehr, sehr lange jede Woche bei der Ausländerbehörde anstehen, da hat meine Mutter mich immer richtig schön angezogen. Das weiß ich noch, weil sie immer gesagt hat: 'Lucy, wir müssen gut aussehen. Wir müssen gepflegt aussehen.' Ich wusste nie warum, aber ich hatte halt immer so eine Kindheit, in der ich immer wusste, dass ich nicht dazugehöre, aber ich muss irgendwie etwas leisten, damit ich dazugehöre."

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Lucy Larbis Projekt “AIDIA”: Gegen rassistische Stereotype

Die 36-Jährige ist beruflich erfolgreich - hat internationale Beziehungen studiert und hat ihren Master in Staatswissenschaften gemacht. Trotzdem erlebt sie immer wieder Rassismus, wenn sie ihn gar nicht erwartet. "Da hatte ich einen recht hochwertigen Speaker-Auftrag. Dann kam ich an der Rezeption an, und er fragte direkt: 'Ach, sind Sie Teil des Serviceteams?' Das kann er mich nur gefragt haben, weil es das Einzige war, womit er mich assoziieren konnte."

Um solchen rassistischen Stereotypen etwas entgegenzusetzen, gründet Lucy Larbi 2020 das Projekt "AIDIA", eine Plattform vor allem für schwarze Unternehmerinnen und Unternehmer. Verborgene Talente sichtbar zu machen, ist ein großer Teil von Lucys beruflichem Engagement. Dafür will sie auch ihre Teilnahme bei Miss Germany nutzen. Sie holt sich noch Rat und Hilfe bei Expertin und Freundin Abina, denn für ihren Auftritt fehlt noch das Styling, eine Idee für die Haare und das Outfit. Ganz ohne Optik geht es auch heute noch nicht.

Kochen ist eine weitere Leidenschaft der Unternehmerin

Lucy Larbi hat vor einem halben Jahr zusammen mit ihrem Bruder Louis ein Restaurant eröffnet, hier gibt es westafrikanische Fusion-Küche, denn kochen ist auch ihre Leidenschaft: "Also Heimat ist auf jeden Fall Kultur und dazu gehört Essen. Ich liebe die ghanaische Küche, das ist meine Lieblingsküche, nach der asiatischen und dann die deutsche Küche - das sind meine Top drei."

Für die Miss-Germany-Wahl wünscht Louis seiner kleinen Schwester ganz viel Glück. Und was wünscht Lucy Larbi sich selbst? "An allererster Stelle wünsche ich mir ganz, ganz viel Spaß, sehr viel Leichtigkeit. Und ich wünsche mir, dass - wer auch immer Miss Germany wird - Deutschland auf sie stolz sein wird."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur - Das Journal | 17.02.2025 | 22:45 Uhr

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