Film-Synchronisation aus dem Computer: Authentisch oder seelenlos?
Die Synchronisation von Filmen ist ein eigenes Handwerk, eine Kunst. Nachdem mit "Black Dog" der erste durch KI synchronisierte Film entstanden ist, läuft eine Debatte: Geht es um Authentizität oder um eine eigene Interpretation?
"Black Dog - Weggefährten" ist ein chinesischer Arthouse Film. Es geht um einen Hundefänger, der in einer verlassenen Stadt eine enge Beziehung zu einem Straßenhund aufbaut. Ein berührender Film, in dem insgesamt wenig gesprochen wird. Das aber was gesagt wird, kommt in der deutschen Fassung komplett aus dem Computer.
Nach der Veröffentlichung des Trailers vor einigen Wochen wurde im Netz Kritik laut - vor allem auch von denen, die üblicherweise bei der Synchronisation von Filmen im Einsatz sind. "Niemals hat ein echter Mensch im Studio gestanden und diese Texte gespielt. Und ich finde, genau so klingt das: seelenlos, gefühlskalt und unecht", sagte Schauspieler und Sprecher Max Felder bei TikTok. Und auch Giuliana Jakobeit, ebenfalls Sprecherin, äußerte auf YouTube ihr Entsetzen: "Ich frage mich, ob die Verantwortlichen entweder taub waren oder nichts von der Filmkunst verstehen."
KI-Synchronisation? "Nah am Original"
Verantwortlich für die künstlichen Stimmen ist die junge "Audio Innovation Lab GmbH" aus Köln. Einer der Gründer ist Stefan Sporn. Seine Software wurde mit der chinesischen Original-Tonspur gefüttert, um dann die Stimmen auf Deutsch nachzuempfinden. Die Übersetzung und das Dialogbuch hingegen kommen laut Sporn nicht aus dem Computer und sind auch bei "Black Dog" menschengemacht.
Sporn ist mit dem Gesamtbild sehr zufrieden: "Weil es ja auch darum geht, möglichst nah am Original zu sein." Die Kritiker hätten vermutlich die deutsche Fassung gar nicht mit dem Original verglichen." Dabei sei der Film ein besonderer Fall: "Das Original ist für europäische, deutsche Ohren ungewöhnlich. Daher hat man durchaus - und das kann ich auch nachvollziehen - vielleicht den einen oder anderen Störer."
Kritik: Es geht nicht um "Stimme nachmachen"
Dabei stellt sich allerdings die Frage, worum es bei einer guten Synchronisation tatsächlich geht: So nah wie möglich am Original zu sein? Das würde Änne Troester aus dem Vorstand des Synchronverbands "Die Gilde" so nicht unterschreiben: "Es geht darum: Ist das Gesamtbild überzeugend. Synchron macht ja nicht nach." Ein Synchronschauspieler sähe und höre sich das Original an. "Er nimmt die Haltung auf und macht die Haltung dann neu auf deutsch." Für Stefan Sporn ist genau das nicht authentisch: "Wir können jeden Schauspieler, jede Schauspielerin mit ihrer, mit seiner Stimme sprechen lassen."
Für Änne Troester geht es gar nicht um Authentizität: "Ich weiß, das Meryl Streep kein Deutsch kann. Spräche Sie deutsch, wäre das auch nicht authentischer als eine Synchronfassung." Sie meint, das Wort 'authentisch' werde in dem Zusammenhang sowieso falsch benutzt. "Ich glaube, es ist einem Publikum nicht damit gedient, wenn die Stimme gleich ist, aber alles andere auf Deutsch gesagt Müll ist", sagt sie.
Manches kann der Computer nicht - noch nicht
Der erste per KI synchronisierte Kinofilm wird nicht der letzte sein. Die Kölner Firma arbeitet gerade an zwei weiteren Filmen, die in der zweiten Jahreshälfte ins Kino kommen sollen. Damit wird die Arbeit von Menschen bei der Synchronsiation - Stand jetzt - aber nicht überflüssig, sagt Sporn. "Das Dialogbuch für eine lippensynchrone Synchronisation kann kein Computer. Keine KI kann lippensynchron texten. Dass muss immer noch und nach wie vor und auch in Zukunft ein Mensch tun."
Eine Perspektive, die die Dialogbuch-Autorin Änne Troester nicht zufrieden stellt: "Die Frage ist dann, ist das etwas, was ich noch machen möchte, als Künstlerin. Regisseurinnen wollen mit Menschen arbeiten. Die wollen nicht Soundfiles bearbeiten."