Rod Stewart: Die Reibeisenstimme mit den positiven Sounds wird 80
Rod Stewart feiert seinen 80. Geburtstag. Peter Urban resümiert den Aufstieg des Briten vom Straßensänger zum internationalen Star und berichtet von einem einmaligen Konzert an der Hamburger Schanze.
Es ist 1971. Der 26-jährige Rod Stewart steht in rotem Shirt und rosafarbenem Anzug auf einem Ruinengelände im Hamburger Schanzenviertel. Es ist still, ein paar Vögel zwitschern. Stewart beginnt zu singen, gibt mit seiner unverkennbar markant-rauen Stimme "Gasoline Alley" zum Besten, den Titelsong seines zweiten Soloalbums. Stewart singt live und a cappella, allein das Tippen seiner Füße begleitet ihn.
"Seine einzigartige Stimme hallte in diese alten Ruinen, es war eine wunderbare Atmosphäre. Er hat das gesungen wie eine Eins. Die Omas hingen im Fenster und guckten zu", erinnert sich Peter Urban im Podcast Urban Pop. Stewart war damals mit seiner Band "The Faces" für die NDR Dokumentationsreihe "Sympahie for the Devil" zu Gast, einen Tag später wurde sein Soloauftritt in der Schanze aufgezeichnet.
Nesthäckchen und Straßensänger
Der am 10. Januar 1945 im Londoner Stadtteil Highgate geborene Stewart, der 2025 seinen 80. Geburtstag feiert, wuchs als jüngster von fünf Geschwistern auf. "Er war ein Nachzögling, seine Schwester acht Jahre älter. Er war verwöhnt und hat das wohl nicht abgelegt", berichtet Urban.
Stewart jobbte viel, half unter anderem im Kiosk des Vaters und auf einem Friedhof aus. Doch bereits in jungen Jahren wurde er auch als Musiker aktiv, tourte kurzerhand und ohne finanzielle Mittel mit dem befreundeten Folksänger Wizz Jones durch Europa. "Sie schliefen auf der Straße, wurden deshalb aus Spanien zurück nach London abgeschoben", so Urban.
Baldry hörte Rod in der U-Bahn Mundharmonika spielen
Einer Legende nach spielte Rod später im Teenager-Alter und nach einem Konzertbesuch des bekannten britischen Bluessängers Long John Baldry in einer U-Bahn-Station auf der Mundharmonika das Stück "Smokestack Lightning". "Baldry war zufällig auch am Bahnsteig, hörte ihn und lud ihn zu einem Auftritt ein. Es zeigte sich, dass Rod auch singen konnte, er wurde dann Mitglied in Baldrys Bluesband, den 'Hoochie Coochie Men'", so Urban.
Jeff Beck Group & The Faces
1968 wechselte Rod in die "Jeff Beck Group", lernte dort im Wechselspiel mit Jeff Becks Gitarre zu phrasieren. In der Band spielte auch Ron Wood, der später zu den Rolling Stones ging. Aufgrund von Unstimmigkeiten wollte Beck Wood aus der Band werfen, woraufhin sowohl Wood als auch Stewart die Band verließen. Mit einigen ehemaligen Mitgliedern der "Small Faces" gründeten die Freunde Wood und Stewart die britische Rockband "Faces", die für ihren rauen Sound, ihre energiegeladenen Konzerte und für regen Alkoholkonsum bekannt wurde.
"Die Faces tranken viel Alkohol, zerlegten auch Hotelzimmer. Weil sie in einigen Hotels Hausverbot bekamen, checkten sie als 'Fleetwood Mac' ein." PETER URBAN
Solo-Durchbruch mit Maggie May
Bereits während seiner Zeit bei den Faces arbeitete Stewart - damals noch im Einvernehmen mit der Band - an seiner Solokarriere. Mit dem von Folk und Blues geprägten Rocksong "Maggie May", der auf dem dritten Album "Every picture tells a story" erschien, gelang dem Briten 1971 der internationale Durchbruch. "Als ich damals seine Soloplatten hörte, war ich wirklich baff. Dass dieser harte Sänger so sensible Musik machen konnte, das war schon wunderbar."
Nach einem weiteren erfolgreichen Album war seine Solokarriere zeitlich nicht mehr mit der Bandmitgliedschaft bei den Faces zu vereinbaren. Ein viertes Album nahm die Band, in der nun gegenüber Stewart auch Missgunst und Neid herrschte, ohne ihn auf. Stewart bezeichnete die Platte in einem Interview als "schrecklich", woraufhin einige Mitglieder die Band verließen, 1975 kam es zur offiziellen Trennung. Ron Wood wurde Gitarrist bei den Rolling Stones, Stewart fand in Amerika seine neue Heimat, was auch durch den Titel seines damaligen Albums "Atlantic Crossing" deutlich wird.
Neuer Musikstil: Enttäuschte und neue Fans
1978 erschien mit dem Album "Blondes Have More Fun", eine Platte, die damals so gar nicht Urbans Geschmack trifft: "Er sang plötzlich 'Hey Baby, findest du mich sexy?' So eine Zeile und sein Auftreten als omnipotenter Lover - ich fand das damals ehrlich gesagt saublöd. Aber im Nachhinein, wenn ich das heute höre, ist das großartige Diskomusik, es groovt unfassbar gut", resümiert Urban. Laut dem NDR Musikexperten enttäuschte sein Wandel vom Rock- zum Popstar einige Fans: "Er hat aber natürlich auch sehr viele Fans dazugewonnen."
If you want my body and you think I'm sexy
Come on, sugar, let me know
If you really need me, just reach out and touch me
Come on, honey, tell me so
AUSZUG AUS 'DA YA THINK I'M SEXY"
Positive Sounds statt großer Themen
Stewart blickt heute auf eine mehr als 50-jährige Karriere zurück. Er hat acht Kinder, ist seit 2007 mit seiner dritten Frau verheiratet, dem Model Penny Lancaster. "Er riss schon in jungen Jahren gern Frauen auf, kam immer gut an. Er gab sich wie ein Kumpeltyp, ich mochte ihn. Andere fanden ihn eitel, das war er wohl auch. Heute taucht er mehr in Klatsch-, als in Musikzeitschriften auf", konstatiert Urban. "Auch, wenn er durchaus nachdenkliche Songs hat, erwartet man von ihm keine Botschaften über die große Politik oder die Armut in der Welt. Er ist eben ein Künstler, der Vergnügen bringt."
Wie vergnüglich es auf Stewarts Konzerten tatsächlich zugeht, können Fans und Interessierte Anfang Mai 2025 persönlich herausfinden, wenn "Rod The Mod" im Rahmen seiner "Live in Concert – One Last Time"-Tour für zwei Auftritte nach Bremen und Dortmund kommt.
Die ganze Folge Urban Pop hören Sie oben auf dieser Seite und in der ARD Audiothek.