"Wackelkontakt": Wolf Haas neuer Roman ist zum Totlachen!
Die "Brenner"-Krimis haben dem österreichischen Schriftsteller Wolf Hass nahezu Kultstatus eingebracht. Sein neuer Roman "Wackelkontakt" ist ähnlich skurril und amüsant wie die "Brenner"-Romane, aber erzählerisch deutlich verwickelter.
Da sitzt einer - der mäßig nachgefragte Trauerredner Franz Escher - in seiner Wohnung und wartet auf einen Elektriker. Eine Steckdose in seiner Küche hat einen Wackelkontakt. Aber wohl nicht nur die, sagt Escher-Erfinder Wolf Haas: "Escher ist so eine Figur, um es mit dem Titel 'Wackelkontakt' zu sagen, der hat auch Probleme, Kontakt aufzunehmen mit seinen Mitmenschen. Er ist so ein bisschen auf Kriegsfuß mit seiner Umwelt, könnte man sagen."
Zwei Geschichten, die sich gegenseitig hochschaukeln
Normalerweise würde sich der misanthrope Escher die Wartezeit auf einen Elektriker mit dem Zusammenlegen eines Puzzles vertreiben. Er hat hunderte davon und ist nach allen Regeln der Kunst Puzzle-süchtig. "Mir gefällt das als Bild, wie man sich die Welt anzueignen versucht mit untauglichen Mitteln. Diese blöde Puzzlestruktur, die quasi völlig unabhängig von dem, was abgebildet ist, so ein neues, zweites Ordnungssystem aufdrängt. Das erinnert mich ein wenig an unsere allgemeine Unfähigkeit, gute Methoden zu haben, die Welt zu erkennen."
Jetzt aber vertreibt sich Escher die Wartezeit auf den Elektriker nicht mit einem Puzzle, sondern einem Buch:
Er las schon lange nur noch eine Art von Büchern, diese aber mit einer Leidenschaft, die fast mit seiner Puzzle-Sucht mithalten konnte. Bücher über die Mafia. ’Ndrangheta, Cosa Nostra, Camorra, er fraß die Bücher regelrecht. Sachbücher, Romane, historische Studien, was ihm aus diesem Feld unterkam, verschlang er mehr oder weniger kritiklos. Leseprobe
Aktuell liest Escher ein Buch über den ausgestiegenen Mafia-Killer Elio Russo, der in einer Zelle in Italien im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms auf seine Überstellung nach Deutschland wartet. Um sich die Zeit zu vertreiben, greift er zu einem Buch. In dem geht es um den mäßig nachgefragten Trauerredner Franz Escher, der in seiner Wohnung auf einen Elektriker wartet und ein Buch über den ehemaligen Mafia-Killer Elio Russo liest. Und so geht’s hin und her, Ping-Pong: Escher liest über Russo, Russo über Escher, eine Geschichte ergänzt die andere, in beiden gibt es Tote, und so schaukeln sie sich gegenseitig hoch bis - nur so viel: Es ist zum Totlachen!
Anspruchsvoll, eingängig und saulustig
"Dieses Buch hat mir beim Schreiben am meisten Spaß gemacht, weil ich eigentlich von vornherein davon ausgegangen bin, dass es nicht funktionieren wird. Und dann war ich immer so beglückt, dass ich doch weitergekommen bin. Es war mir sogar schon verdächtig, dass mir das Schreiben so einen Spaß gemacht hat. Denn wenn mir Kolleginnen oder Kollegen sagen, ich schreibe einfach so gern, dann ist mir das immer total verdächtig", sagt Haas.
Dass das Schreiben von "Wackelkontakt" Wolf Haas Spaß gemacht hat, spürt man. Im zweiten Teil stärker als im ersten, der mit "Off" überschrieben ist. In dem legt Haas noch Spuren und spinnt Fäden. In der zweiten Hälfte wird daraus dann aber ein wilder Strudel, in dem die Gesetze der Logik hochkomisch außer Kraft gesetzt werden - ganz im Stile des niederländischen Malers M.C. Escher, dessen Namensähnlichkeit mit Franz Escher natürlich kein Zufall ist: "Bei diesem Buch war es schon manchmal so, dass ich mir Sorgen um meine geistige Gesundheit gemacht habe. Aber es war so unterhaltsam, dass ich dachte, ich lasse es drauf ankommen."
Gut so. Denn am Ende ist ein Roman dabei herausgekommen, der formal äußerst anspruchsvoll, dabei doch wunderbar eingängig und saulustig ist. "Wackelkontakt" gehört unter all dem Großartigen, das Wolf Haas bisher geschrieben hat, (und es ist ja fast alles großartig!) mit zum Großartigsten.
Wackelkontakt
- Seitenzahl:
- 240 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Verlag:
- Hanser
- Bestellnummer:
- 978-3-446-28272-8
- Preis:
- 25 €