"Nullerjahre": Premiere in Schwerin mit Autor Hendrik Bolz
Als Hendrik Bolz vor einem Jahr sein Buch "Nullerjahre" vorlegte, wurden die Erinnerungen über seine "Jugend in blühenden Landschaften" - wie es im Untertitel heißt - hoch gelobt. Jetzt erlebt die Bühnenfassung des Buches seine Uraufführung.
"Es ist über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. 15 Jahre nach meinem Umzug von Stralsund nach West-Berlin. Es ist 2023 und ostdeutsche Geschichten sind für mich das Spannendste auf der Welt." Zitat aus "Nullerjahre"
Der Ich-Erzähler Hendrik Bolz kommt zurück nach Vorpommern. 1988 geboren, wuchs er in Stralsund auf. Als der Stadtteil Knieper West für Wohnungssuchende begehrt war, sprachen allen von Neubauten und es gab die DDR. Mittlerweile ist nur noch von Plattenbauten die Rede und allein diese Begriffsänderung beschreibt in gewisser Weise auch das Ansehen dieser Stadtteile.
Ein Jahr nach Veröffentlichung des Buches kommt der Stoff ins Theater
Bereits ein Jahr nach Erscheinen des Buches bringt Regisseurin Nina Gühlstorff jetzt "Nullerjahre" auf die Theaterbühne, "weil es einfach ein toller Roman ist, der uns inspiriert hat. Zumal hier auf dem Dreesch, wo wir unsere M*Halle haben, die Situation ganz, ganz ähnlich ist. Im Grunde genommen, glaube ich, dass vieles von dem, was da in Stralsund verortet ist, auch auf Schwerin passt. Und das ist dann sehr gut, dass wir die Uraufführung bekommen haben."
Zwei Schauspielerinnen und vier Schauspieler agieren auf der fast leeren Bühne vor einer grauen Wand. "Jeder spielt den Ich-Erzähler", erklärt Nina Gühlstorff. "Uns war es wichtig, dass es nicht nur eine Ich-Erzählung ist und Hendrik Bolz aus seiner Jugendzeit in Stralsund in den Nullerjahren berichtet, sondern dass es auch eine Generationsgeschichte ist. Deswegen haben wir uns entschieden, den Ich-Erzähler aufzuteilen, was natürlich auch formal total viele Möglichkeiten eröffnet. Gerade bei den ganzen Gewaltdarstellungen kommt man mit Realismus nicht so weit. So haben wir die Möglichkeit, da eine andere Form für zu finden."
"Nullerjahre": Chance für Schauspielstudierende aus Rostock
Allein vier Akteure auf der Bühne sind Studenten der Hochschule für Musik und Theater Rostock - so auch die 26-jährige Annika Hauffe: "Ich glaube, da kann ich für uns alle vier sprechen, dass wir uns sehr freuen, von älteren Kolleg*innen zu lernen und in den Berufsalltag hineinzuschauen. Wir vier Studierende haben schon sehr viel zusammen gespielt und haben es auch langsam ein bisschen satt. Aber so, in der neuen Konstellation mit zwei anderen, ist es wirklich was Neues und sehr, sehr inspirierend. Wir lernen ganz, ganz viel."
Zu den beiden gestandenen Schauspielern aus dem Schweriner Ensemble gehört Robert Höller. Er ist - wie Hendrik Bolz - 1988 in der DDR geboren: "Das machte mir auch viel Freude beim Lesen, weil ich viele Dinge einfach wiedererkannt habe - auch was zum Beispiel pädagogische Maßnahmen in der Schule anging. Die kamen mir sehr bekannt vor, weil wir diese direkte Nachwendegeneration sind. Wir sind zwei Jahre alt gewesen, als die Mauer gefallen ist und haben aber trotzdem noch eine totale Ost-Sozialisation genossen."
Die neuen Bundesländer
Der Osten Deutschlands entstand erst, als es die DDR nicht mehr gab. Und aus den neuen wurden später die ostdeutschen Bundesländer - Regionen, die sich ihren Platz in der Bundesrepublik suchen mussten.
Als einziges deutsches Bundesland galt Mecklenburg-Vorpommern 2001 laut Verfassungsschutzbericht als frei von rechter Gewalt. Dies lag allerdings mitnichten daran, dass es keine rechten Gewaltdelikte mehr gab, sondern daran, dass diese nicht vom Schweriner Innenministerium an das Bundesinnenministerium weitergereicht wurden, da man sie entgegen polizeilich geltender Definition nicht als extremistisch werten wollte. Zitat aus "Nullerjahre"
Zusammenarbeit mit Autor Hendrik Bolz
Regisseurin Nina Gühlstorff hat für diese Uraufführung eng mit Hendrik Bolz zusammengearbeitet: "Es war für Hendrik Bolz ausschlaggebend, dass wir das als Studierenden-Projekt mit zwei Ensemble-Schauspielern machen, weil er gesagt hat: Dann sind die ein bisschen näher dran, also sind die ein bisschen jünger. Dann sind da keine über 30-Jährigen die Protagonisten dieser Geschichte. Er war auch auf Proben bei uns. Wir hatten sehr, sehr interessante Einblicke, weil er sich auch sehr auseinandergesetzt hat mit dem Entstehen von Rechtsradikalismus. Er kommt auch zur Premiere."
Die Bühnenfassung von "Nullerjahre" am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin präsentiert sich als eine radikale Reise in die jüngere, ostdeutsche Vergangenheit - schonungslos direkt.
"Nullerjahre": Premiere in Schwerin mit Autor Hendrik Bolz
Das vor einem Jahr erschienene Buch "Nullerjahre" wurde hoch gelobt. Jetzt erlebt die Bühnenfassung des Buches seine Uraufführung.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ort:
-
M*Halle
Gutenbergstraße 1
19061 Schwerin - Preis:
- 23 Euro