Ein Leben fürs Ballett: John Neumeier feiert 85. Geburtstag
Seine Welt ist der Tanz: John Neumeier leitet seit 51 Jahren das Hamburg Ballett. Es ist seine letzte Spielzeit. Nun hat der Choreograf seinen 85. Geburtstag gefeiert.
"Ich freue mich sehr, dass er jetzt Geburtstag hat. Ich halte ihn für einen großartigen Ballettmeister. Hamburg kann unendlich dankbar sein, dass wir so jemand in unseren Reihen haben", gratuliert Kinderbuchautorin und Ehrenbürgerin Hamburgs Kirsten Boie dem Ehrenbürger John Neumeier.
Seit 51 Jahren ist der weltberühmte Ballettchef in Hamburg. Er wird ordentlich verehrt und seine Stücke werden ziemlich verlässlich regelmäßig mit Standing Ovations bedacht - in seiner endgültig letzten Spielzeit sicher auch mit ein paar schweren Herzen im Publikum. Doch nun wird John Neumeier erstmal praktisch das ganze Wochenende in der Staatsoper feiern und gefeiert werden.
John Neumeier: Tanz ist seine Lebensenergie
Auch Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs ist Fan. Sie besucht John Neumeier auch schon mal nach einem Stück hinter Bühne - wie bei der Jubiläumsgala im letzten Jahr: "Was hat Hamburg für ein Glück mit Dir. Deine Kunst, Deine Kreativität, Deine Gradlinigkeit, Deine Herzenswärme - alles ein Geschenk für die Stadt und für mich." Sie könne kaum glauben, dass sie schon zum 85. gratuliert. Und das denken sicher viele.
Besonders bei Proben im Ballettzentrum - wie zu seinem Geburtstagsstück, der Neueinstudierung der "Odyssee" - wirkt John Neumeier hochkonzentriert, agil und irgendwie alterslos. Tanz ist seine Lebensenergie. Auf die Frage, was "Alter" für ihn bedeutet, sagte er in einem Interview zu seinem 80. Geburtstag vor fünf Jahren jedenfalls: "Es bedeutet eine Nummer, mit der ich nicht viel anfangen kann. Wenn ich in mich spüre, wenn ich meine Augen zumache, ich weiß nicht, wie alt ich bin."
Respekt nötigt einem dieser Mann ab. Nicht nur auf der Bühne. Auch wenn er sich zu Donald Trump äußert oder sich unbedingt auf der ersten großen Demo gegen Rechtsextremismus zeigen will. Auf dem Hamburger Rathausmarkt gab es vor ein paar Monaten auch ungläubiges Staunen: Als er sich beim Open Air Ballett kopfüber von seinen Tänzern mit fast 85 Jahren auf die Bühne heben lässt, ist das Publikum aus dem Häuschen.
Inszenierungen werden auf der ganzen Welt gezeigt - nicht immer ohne Kritik
Auf der ganzen Welt werden John Neumeiers Ballette gezeigt. Das ist regelmäßig eine Ehre. Aber nicht immer unproblematisch. Aktuell ist mancher über die Freigabe seiner "Anna Karenina" für das Bolschoi-Theater in Moskau irritiert. Vor zwei Jahren hatte das Königliche Ballett in Kopenhagen Kritik an einer geplanten "Othello"-Inszenierung, in der "rassistische Stereotype" seien. Neumeier wehrt sich, begründet, bekommt Unterstützung. Er glaubt an seine Kunst und das glaubt man ihm: "Ich sehe Ballett nicht als reine Unterhaltung. Ich glaube nicht, dass man kommt und sagt 'Ha Ha Ha, das war so lustig'. Ich denke, ich gehe ins Theater, weil ich etwas über mich erfahren will."
Dieses Jahr wird ein besonderes für John Neumeier sein: Im Sommer hört er auf. Zumindest an der Staatsoper. Sein Terminkalender ist trotzdem voll, hört man. Aber im Juli verabschiedet er sich nach 51 Jahren als Ballettchef in Hamburg. "Epilog" - die Schlussrede, das Nachspiel im Theaterstück - so heißt seine letzte Uraufführung hier. Über 170 Ballette hat John Neumeier kreiert. Mit ihm wurde Hamburg zur Ballettstadt.
"Odyssee" und Neumeier-Doku: Geburtstagswochenende in der Hamburger Staatsoper
"John Neumeier ist ein Mensch der Superlative. Der wahrscheinlich einzige echte Weltstar, der in Hamburg arbeitet", sagt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Außerdem habe Neumeier "Millionen von Menschen für das Ballett als Kunstform begeistert. Insofern freue ich mich, dass John Neumeier Teil unserer Kulturstadt Hamburg ist und wünsche ihm alles, alles Gute zum 85. Geburtstag."
Das Geburtstagskind lässt es übrigens richtig krachen - gefeiert wird das ganze Wochenende - auf besonders elegante Art und Weise natürlich. Und selbstverständlich verbringt der Ballettchef seinen Geburtstagsabend in der Staatsoper und schaut sich an, wie seine neueste Arbeit geworden ist. Am Sonntag hat er auch eingeladen. Dann wird die Staatsoper zum Kino - mit einer Preview der ARTE Doku "John Neumeier - ein Leben für den Tanz". Auf der Leinwand zu sehen natürlich: John Neumeier.