Schriftsteller Lutz Seiler feierte seinen 60. Geburtstag
Der vielfach preisgekrönte Lutz Seiler hat zwei Romane geschrieben, die beide mit namhaften Preisen ausgezeichnet worden sind: "Kruso" und "Stern 111". Sein Gesamtwerk besteht zum größten Teil allerdings aus Gedichten.
Sommer 1989, Lutz Seiler arbeitet als Abwäscher in einer Kneipe auf Hiddensee. Der Student schreibt schon Gedichte, aber er ahnt noch nicht, dass er aus dem, was er da hoch oben über dem Meer im Klausner erlebt, einmal Weltliteratur schaffen wird. Die Umbrüche von 1989 und die Freiheit, das sind Seilers große Themen, die er aus eigenem Erleben speist. "Natürlich denkt man daran, das ganze Leben hat sich verändert. Ich hätte meine Frau nicht kennengelernt, die ist Schwedin. Also, es ist eine Umwälzung der Biografien."
Romane handeln von eigenen Erlebnissen
Seiler lebt heute sowohl in Stockholm als auch in der Nähe von Berlin. Viele Ostdeutsche erkennen sich in seinen Werken wieder, vor allem in den beiden mehrfach preisgekrönten Romanen "Kruso" und "Stern 111". In "Kruso" geht es um Flucht aus der DDR und um Freundschaft. Es ist der Roman, indem er seine Erlebnisse auf Hiddensee in der untergehenden DDR literarisch verarbeitet. In der Abwäsche des Klausners lernt der Aussteiger Ed, Alexander Krusowitsch kennen, genannt Kruso. Der ist so etwas wie der Insel Pate. Wie realistisch ist Kruso? War so der Sommer 1989 auf Hiddensee? "Ich habe kurz nach Erscheinen des Buches auf der Insel Hiddensee gelesen und da hatte ich genau diese Befürchtung, dass es Leute geben wird, die aufstehen und sagen, 'aber es war doch so und so'. Aber das ist nicht passiert. Es ist nicht die Rekonstruktion dieses Landes oder der DDR, es ist tatsächlich eine Abenteuergeschichte, im ganz und gar literarischen Sinn und das haben die Leute verstanden."
Für "Kruso" hat Seiler viele Preise gewonnen
Noch bevor "Kruso" erscheint, bekommt Seiler den Uwe Johnson Preis und 15.000 Euro dafür. Kurz darauf den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis. Später folgt der japanische Kacki Hashi Literaturpreis mit 10.000 Euro für "Kruso". Der Roman verändert das Leben des gebürtigen Thüringers, der einst sein Geld als Abwäscher hoch im Norden zusammengekratzt hat und von seinen Gedichten mehr schlecht als recht leben konnte. "Ich habe fast zwei Jahrzehnte ausschließlich Lyrik und Erzählungen geschrieben. So ein Preis war für das tägliche Leben wichtig, es ist eine Art Lebensunterhalt. Das Geld sieht erst mal viel aus, über die Monate verteilt es sich aber und man zahlt sich jeden Monat 1.000 Euro aus und denkt, man hat ein Gehalt. Hat man natürlich nicht." Von so einem Preis könne man in etwa ein Jahr leben und das sei total wichtig gewesen.
"Stern 111": Mauerfall, Ost-Berlin um 1989
Seiler kann nun den Roman vollenden, der ihm schon seit 15 Jahren im Kopf herumschwirrt: "Stern 111". Auch hier fließt wieder sein eigenes Erleben ein. Nach seinem Germanistikstudium in Halle ist Seiler 1989 nach Ost-Berlin gezogen, wo er den Mauerfall und die anschließende anarchistisch, chaotische Zwischenzeit erlebt, in der alternativ gestimmte jungen Leute, Ost-Berlin mit Kneipen, Galerien und Kunstprojekten überziehen. Eine Zwischenzeit, in der sie Wohnungen besetzten, die sie gegen ostdeutsche Faschos und aus dem Westen anrückende Alteigentümer verteidigen wollen. Das ist der Stoff des Romans "Stern 111", für den Seiler den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 bekommt, andere Preise folgen. Und wie in "Kruso" will auch in "Stern 111" ein junger Mann unbedingt Dichter werden. Es erinnert an Seiler selbst. "Ich glaube auf alle Fälle, dass sich das Schreiben in einer gewissen Unbedingtheit durchsetzt, es ist eine Form in der Welt zu sein und manchmal glaube ich fast, dass man es sich nicht unbedingt ausgesucht hat."
Schreiben als Bestimmung, Lutz Seiler weiß es, seit der 18 Jahre alt ist. Während sich die Literaturpreise bei ihm stapeln, macht Lutz Seiler inzwischen die Insel Hiddensee weltweit bekannter. Sein Roman "Kruso" wurde in 25 Sprachen übersetzt.