Ein Mann mit kurz geschnittenen weißgrauen Haaren sitzt in einem Theatersaal. Im Hintergrund sind Reiehen rotbezogener Stühle zu sehen. Es ist der Schriftsteller Lutz Seiler. © picture alliance/Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa Foto: Hendrik Schmidt
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AUDIO: Schriftsteller Lutz Seiler feiert seinen 60. Geburtstag (4 Min)

Schriftsteller Lutz Seiler feierte seinen 60. Geburtstag

Stand: 09.06.2023 09:00 Uhr

Der vielfach preisgekrönte Lutz Seiler hat zwei Romane geschrieben, die beide mit namhaften Preisen ausgezeichnet worden sind: "Kruso" und "Stern 111". Sein Gesamtwerk besteht zum größten Teil allerdings aus Gedichten.

von Anke Jahns

Sommer 1989, Lutz Seiler arbeitet als Abwäscher in einer Kneipe auf Hiddensee. Der Student schreibt schon Gedichte, aber er ahnt noch nicht, dass er aus dem, was er da hoch oben über dem Meer im Klausner erlebt, einmal Weltliteratur schaffen wird. Die Umbrüche von 1989 und die Freiheit, das sind Seilers große Themen, die er aus eigenem Erleben speist. "Natürlich denkt man daran, das ganze Leben hat sich verändert. Ich hätte meine Frau nicht kennengelernt, die ist Schwedin. Also, es ist eine Umwälzung der Biografien."

Romane handeln von eigenen Erlebnissen

Seiler lebt heute sowohl in Stockholm als auch in der Nähe von Berlin. Viele Ostdeutsche erkennen sich in seinen Werken wieder, vor allem in den beiden mehrfach preisgekrönten Romanen "Kruso" und "Stern 111". In "Kruso" geht es um Flucht aus der DDR und um Freundschaft. Es ist der Roman, indem er seine Erlebnisse auf Hiddensee in der untergehenden DDR literarisch verarbeitet. In der Abwäsche des Klausners lernt der Aussteiger Ed, Alexander Krusowitsch kennen, genannt Kruso. Der ist so etwas wie der Insel Pate. Wie realistisch ist Kruso? War so der Sommer 1989 auf Hiddensee? "Ich habe kurz nach Erscheinen des Buches auf der Insel Hiddensee gelesen und da hatte ich genau diese Befürchtung, dass es Leute geben wird, die aufstehen und sagen, 'aber es war doch so und so'. Aber das ist nicht passiert. Es ist nicht die Rekonstruktion dieses Landes oder der DDR, es ist tatsächlich eine Abenteuergeschichte, im ganz und gar literarischen Sinn und das haben die Leute verstanden."

Für "Kruso" hat Seiler viele Preise gewonnen

VIDEO: "Kruso" - ein Mann, ein Buch, eine Insel (5 Min)

Noch bevor "Kruso" erscheint, bekommt Seiler den Uwe Johnson Preis und 15.000 Euro dafür. Kurz darauf den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis. Später folgt der japanische Kacki Hashi Literaturpreis mit 10.000 Euro für "Kruso". Der Roman verändert das Leben des gebürtigen Thüringers, der einst sein Geld als Abwäscher hoch im Norden zusammengekratzt hat und von seinen Gedichten mehr schlecht als recht leben konnte. "Ich habe fast zwei Jahrzehnte ausschließlich Lyrik und Erzählungen geschrieben. So ein Preis war für das tägliche Leben wichtig, es ist eine Art Lebensunterhalt. Das Geld sieht erst mal viel aus, über die Monate verteilt es sich aber und man zahlt sich jeden Monat 1.000 Euro aus und denkt, man hat ein Gehalt. Hat man natürlich nicht." Von so einem Preis könne man in etwa ein Jahr leben und das sei total wichtig gewesen.

 

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Buch-Cover, Lutz Seiler, Kruso © Suhrkamp

Flucht über die Ostsee

In "Kruso" befinden wir uns im Jahr 1989 am Ende der DDR. Anhand mehrerer persönlicher Schicksale damaliger Ostseeflüchtige wird dieses Kapitel der Geschichte wieder lebendig. mehr

Lutz Seiler, Stern 111 © Suhrkamp Verlag

Lutz Seilers gewinnt Leipziger Buchpreis - Impressionen aus dem Jahr 2020

Autor Lutz Seiler erzählt in seinem Roman "Stern111" auf berückende Weise vom Aufbruch nach der Wende 1989. Für sein Werk erhielt er den Leipziger Buchpreis. Bildergalerie

"Stern 111": Mauerfall, Ost-Berlin um 1989

Seiler kann nun den Roman vollenden, der ihm schon seit 15 Jahren im Kopf herumschwirrt: "Stern 111". Auch hier fließt wieder sein eigenes Erleben ein. Nach seinem Germanistikstudium in Halle ist Seiler 1989 nach Ost-Berlin gezogen, wo er den Mauerfall und die anschließende anarchistisch, chaotische Zwischenzeit erlebt, in der alternativ gestimmte jungen Leute, Ost-Berlin mit Kneipen, Galerien und Kunstprojekten überziehen. Eine Zwischenzeit, in der sie Wohnungen besetzten, die sie gegen ostdeutsche Faschos und aus dem Westen anrückende Alteigentümer verteidigen wollen. Das ist der Stoff des Romans "Stern 111", für den Seiler den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 bekommt, andere Preise folgen. Und wie in "Kruso" will auch in "Stern 111" ein junger Mann unbedingt Dichter werden. Es erinnert an Seiler selbst. "Ich glaube auf alle Fälle, dass sich das Schreiben in einer gewissen Unbedingtheit durchsetzt, es ist eine Form in der Welt zu sein und manchmal glaube ich fast, dass man es sich nicht unbedingt ausgesucht hat."

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Cover des Buchs "Stern111" von Lutz Seiler © Suhrkamp Verlag

Eine Gesellschaft im Umbruch: "Stern 111"

Lutz Seiler ist mit "Stern 111" ein großer Roman gelungen, der auf bedrückende Weise von Aufbruch und Untergang erzählt, von sozialen Utopien und gesellschaftlicher Realität. mehr

Schreiben als Bestimmung, Lutz Seiler weiß es, seit der 18 Jahre alt ist. Während sich die Literaturpreise bei ihm stapeln, macht Lutz Seiler inzwischen die Insel Hiddensee weltweit bekannter. Sein Roman "Kruso" wurde in 25 Sprachen übersetzt.

 

Weitere Informationen
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Aus Bildern werden Geschichten

Der Rhythmus und der Zauber von Lutz Seilers feinsinnigen Miniaturen "Am Kap des guten Abends" entfalten sich auch im Kleinen. Sie laden den Leser ein, ohne ihn zu vereinnahmen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 08.06.2023 | 19:30 Uhr

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