Christian Brückner gibt Hörbuchverlag Parlando auf
Sein unverwechselbares Timbre hat Christian Brückner nicht nur Robert De Niro geliehen, sondern auch unzähligen Hörbüchern. 22 Jahre lang brachte er gemeinsam mit seiner Frau Waltraut Brückner Literatur auf dem eigenen Verlags-Label Parlando zum Klingen. Damit ist jetzt Schluss.
22 Jahre lang hat der Verlag den Jahresrhythmus von Christian Brückner und seiner Frau Waltraut bestimmt. Durch die Vorschauen blättern, Bücher für Produktionen auswählen, ins Studio gehen. Bevor 2017 der Argon-Verlag Parlando übernahm, kamen auch noch die Lizenzen und die Büroarbeit dazu. Der Aufwand und die Arbeit, so sagen Christian und Waltraut Brückner, habe sich leider schon lange nicht mehr in den Verkaufszahlen niedergeschlagen.
Mit dem Streaming seien diese immer weiter gesunken und so habe man sich immer öfter gefragt, für wen man dies eigentlich mache. Das Streaming habe die Hörgewohnheiten so verändert, dass sie nicht mehr zu ihnen passten, so Waltraut Brückner. Der Markt boome, aber vor allem Krimis und leichte Kost seien gefragt. "Es ist eine andere Form des Hörens, die auf Schnelligkeit beruht", sagt Waltraut Brückner. "Das verstehe ich sehr gut, aber das ist nicht unser Verlag und insofern ist das jetzt der richtige Zeitpunkt aufzuhören."
Parlando: Anspruchsvolles Programm
Parlando wurde immer wieder für sein anspruchsvolles Programm ausgezeichnet. Lesungen gab es bei den Brückners grundsätzlich nur ungekürzt: 30 Stunden "Moby Dick" von Herman Melville, 48 Stunden "Don Quijote" von Cervantes. Neben Klassikern erschienen politische Sachbücher und deutschsprachige Romane. Ein Schwerpunkt war zudem die moderne amerikanische Literatur: Don DeLillo, James Baldwin - und als letzte Produktion "Stella Maris" von Cormac McCarthy. "Wir wollten niemanden langweilen mit Texten die große oder höhere Ansprüche stellen", sagt Brückner. "Aber, das ist wiederum meine Anforderung an den Hörer: Ich finde, der muss auch eine Anstrengung machen, sich darauf einzulassen und nicht ein Gerät anzuschalten und es durchlaufen zu lassen."
Zusammenarbeit nicht immer konfliktfrei
Seit 56 Jahren sind Waltraut und Christian Brückner verheiratet, 22 Jahre haben sie gemeinsam gearbeitet. Er interpretierte und las, sie führte Regie. Das war nicht immer konfliktfrei: "Manches Mal hat's dann gekracht, geknallt, und wir kamen den nächsten Tag wieder oder die nächste Woche". "Aber in den allermeisten Fällen hattest du recht", sagt Christian zu Waltraut. "Oder sagen wir mal: konnte ich einsehen, dass ein neuer Ansatz wichtig war."
Christian Brückner ist auch mit 79 noch viel beschäftigt: als Sprecher und mit Bühnenprogrammen. Seine Frau Waltraut ist ein Jahr älter. An ein Rentnerinnen-Dasein mag auch sie nicht denken. Ohne das Hörbuch-Label Parlando ist sie nun auf der Suche nach neuen Aufgaben. "Ich muss schon sagen, dass es ganz schön schwer ist, aufzuhören", sagt sie. "Für mich war das ein wunderbares Gerüst für das ganze Jahr. Und ich muss jetzt tatsächlich was finden, womit ich mich dann sehr intensiv beschäftigen kann." Auch gemeinsam wollen sie neue Projekte angehen. "In der Parlando-Phase waren wir ein wunderbares Team und wir werden uns an etwas Neues begeben", sagt Waltraut. "Aber erst einmal tief Luft holen, das werden wir uns schon gestatten."
Weihnachten auf Föhr
Über den Jahreswechsel genossen sie schon einmal viel Zeit mit der Familie. Auf der Nordseeinsel Föhr, ihrem zweiten Zuhause seit den 70er-Jahren haben Waltraut und Christian Brückner die Weihnachtsfeiertage und Neujahr verbracht. "Wir waren mit der ganzen Familie da, zu zehnt mit Kindern und Enkeln von 5 bis 22 Jahre alt. Das war herrlich!", sagt Waltraut.
Auch Christian Brückner hat die Zeit mit der Familie genossen, auch wenn es so ganz ohne Arbeit dann doch nicht ging. "Ich musste mich vorbereiten, ich musste ein neues Programm machen", sagt Brückner. Noch in dieser Woche steht er mit einem Streichquartett in Neuss auf der Bühne und rezitiert Hölderlin, Rilke und Stifter.