Bücher 2022: Die spannendsten Romane und Erzählungen
Spannende Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt: Viele interessante Romane sind in deutscher Sprache erschienen. Das war das Literaturjahr 2022.
2022 gab es Neues von Theresia Enzensberger, Dörte Hansen und Ferdinand von Schirach. Uwe Tellkamp hat mit "Der Schlaf in den Uhren" seine lange angekündigte Fortsetzung von "Der Turm" vorgelegt. Kim de l'Horizon gewann mit seinem Roman "Blutbuch" den Deutschen Buchpreis 2022. Zudem gab es spannende Romane internationaler Autorinnen und Autoren, die auf Deutsch übersetzt worden sind. Unter anderem erschienen "Lektionen" von Ian McEwan, "Zum Paradies" von Hanya Yanagihara und "Violeta" von Isabel Allende.
"Der ganze Himmel": Herzzerreißend schöner Road-Trip durch Australien von Trent Dalton
Molly lebt im Jahr 1942 mit ihrem Vater und ihrem Onkel in Darwin im Norden Australiens. Ihre Mutter ist gestorben und die Zwölfjährige muss als Totengräberin schuften. Nach einem japanischen Bombenangriff auf Darwin flieht Molly aus der Stadt, weil sie glaubt, ihre Verwandten seien dabei umgekommen. Schnell schließen sich ihr die deutsche Schauspielerin Greta Maze und der abgeschossene Kampfpilot Yukio an. Gemeinsam unternehmen die drei einen verrückten Road-Trip durch den Norden Australiens - bis hin zum großen Showdown. Spannend, witzig, aber auch sehr düster: Trent Dalton vermischt in seinem zweiten Roman Elemente der australischen Geschichte, Abenteuer und Fantasy - über weite Strecken ein richtig aufregendes Buch.
"Begegnung am Fluss": Neuübersetzung von Christopher Isherwoods Roman ist ein Gewinn
Christopher Isherwood, geboren 1904 in Großbritannien, lebte in den 1920er-Jahren mehrere Jahre in Berlin. Dort entstanden auch seine "Berlin Stories", die die Grundlage des Musicals "Cabaret" bilden. Später wanderte er in die USA aus und lebte dort sogar als hinduistischer Mönch. 1967 erschien sein Roman "Begegnung am Fluss" zum ersten Mal. Darin geht es um zwei Brüder, die sich nach langem Schweigen wieder annähern. Patrick will das Leben in vollen Zügen genießen, der andere Bruder, Oliver, lebt in einem Kloster in Indien. Das Wiedersehen der beiden wird so zur Prüfung, spiegelt aber auch die Unvereinbarkeit zweier unterschiedlicher Lebensmodelle. Bis heute hat die Geschichte keine Patina angesetzt und ist durch die Neuübersetzung von Hans-Christian Oeser eine echte Entdeckung.
Bjarne Mädel liest aus "Ewig währt am längsten - Tante Ernas letzter Tanz" von Marmus Orths
Ein Dorf in der Provinz, skurrile Charaktere und ein vorgetäuschter Todesfall - was nach dem Plot einer Vorabendserie klingt, ist eine herzerwärmende, witzige Geschichte. Markus Orths' Roman "Ewig währt am längsten - Tante Ernas letzter Tanz" erzählt von Themen wie Heimat, Einsamkeit, Freundschaft und dem Tod, nie schwer, sondern immer mit einer gehörigen Prise schwarzen Humors. Bjarne Mädel liest den Roman vom 27. zum 30. Dezember 2022. Er verleiht den Figuren eigene Stimmen. Die Kombination aus Autor und Sprecher macht das Buch zu einer echten Entdeckung.
"Schwerer als das Licht" - düster-schönes Märchen von Tanja Raich
Österreich steht im kommenden Jahr im Fokus der Leipziger Buchmesse und schon jetzt erscheinen viele spannende Titel von österreichischen Autor*innen. Die 1986 geborene Tanja Raich ist auf jeden Fall eine Entdeckung. Ihr zweiter Roman "Schwerer als das Licht" spielt auf einer tropischen Insel. Die Protagonistin lebt allein und berichtet farbig und detailreich, was um sie herum geschieht. Denn die Natur stirbt, Bäume und Fische sterben und die Frau hat Angst. Angst vor den anderen auf der Insel. Aber existieren die überhaupt oder leidet die Frau an Wahnvorstellungen? Nichts ist sicher in diesem Buch - aber alles wird erzählt in faszinierender, aufwühlender Sprache. Und trotzdem gibt es einen letzten Rest Hoffnung am Ende des Buchs.
"Es ging immer nur um Liebe": Kluge Gesellschaftsanalyse
In "Es ging immer nur um Liebe" kommt der autofiktionale Held Musa Okwonga in den 2010er-Jahren von London nach Berlin. Wie Franz Biberkopf in Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" ist auch Okwonga auf der Suche nach Glück und auch er trägt eine Last in seinem Inneren.
In seiner leichten, unverschlüsselten Erzählweise macht Musa Okwonga die permanente Angst vor Verfolgung ohne formale Überhöhung plastisch. Es ist ein reines Erzählen von den Dingen, vor denen sich sein Held fürchtet und von den Dingen, die er liebt. Alltagsbetrachtung und politische Gesellschaftsanalyse greifen bei Okwonga wie selbstverständlich ineinander. "Es ging immer nur um Liebe" liest sich wie ein Spaziergang mit einem sehr lieben, sehr klugen Menschen. Ungeschützt schüttet uns der Autor sein Herz aus.
"Lügen über meine Mutter: Schonungslos und eindrücklich
Gleich bei ihren ersten Veröffentlichungen hat die 1977 geborene Schriftstellerin Daniela Dröscher sehr gute Kritiken, Stipendien, Lob und Literaturpreise bekommen. Ihr Roman "Lügen über meiner Mutter" hat ebenfalls sofort ein großes Echo in den Feuilletons ausgelöst und stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.
Daniela Dröscher hat es geschafft, das systematische Kleinmachen einer Frau durch ihren Mann als eine Art Musterbeispiel zu beschreiben. Die Mutter eines Mädchens namens Ela wird von ihrem Ehemann unentwegt für ihre Körperlichkeit kritisiert. Ela ist dem Dauersound der Streitigkeiten zwischen den Eltern ausgesetzt.
"Unsterblich sind nur die anderen": So schön, dass es wehtut
Vor allem bei Krimifans hat sich die Hamburgerin Simone Buchholz in den letzten Jahren mit ihrer Chastity Riley-Reihe einen Namen gemacht. Nach zehn Bänden ist die Serie aber beendet. Und Simone Buchholz hat nun einen Kurswechsel vollzogen: Ihr neues Buch "Unsterblich sind nur die anderen" ist kein Krimi, sondern ein Schiffsroman, mit fantastischen Elementen.
Es ist kein ganz einfach zu lesendes Buch. Immer wieder gibt es Einwürfe der Seegöttinnen, Zeitsprünge und andere Spielformen. Man muss es sehr aufmerksam lesen - nebenbei, wie ein Krimi, geht nicht. Simone Buchholz hat sich bewusst für das Ausprobieren beim Stil entschieden: "Ich durfte in diesen riesigen Werkzeugkoffer fassen und mal herumkramen und mal alles machen, was ich die letzten Jahre auch schon gerne gemacht hätte. Aber was aufgrund meiner Arbeit im Genre falsch gewesen wäre." Befreit von diesen Genregrenzen ist "Unsterblich sind nur die anderen" ein tiefsinniger Roman geworden, manchmal so schön, dass es wehtut. Aber das ist die beste Art von Schmerz.
"Die Erweiterung" zeigt Robert Menasses Fabulierlust
Mit "Die Erweiterung" ist Robert Menasse so etwas wie die Fortsetzung für den 2017 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnetem Roman "Die Hauptstadt" gelungen. Das Thema von Robert Menasse ist auch in diesem Roman die unmittelbare Auswirkung der europäischen Politik auf unser aller Leben. In "Die Erweiterung" trifft man auf verknöcherte Brüsseler Bürokraten auf Freiersfüßen, begegnet der irrwitzigen albanischen Politik und einem bräsigen Wiener Kommissar, dessen Fahndung nach der albanischen Mafia in Italien rasch rasant an Fahrt gewinnt. Mit diabolischem Vergnügen lockt Robert Menasse den Leser dabei immer wieder auf falsche Fährten.
"Alma und der Gesang der Wolken" - Verbeugung vor einer starken Frau
Alma ist in den 1940er-Jahren eine junge, lebenslustige Frau, die ihre Tochter allein großzieht. Als ihr Bruder zur Wehrmacht eingezogen wird, übernimmt Alma den elterlichen Hof in der Lüneburger Heide. Unterstützt wird sie dabei von drei Kriegsgefangenen, zwei Russen und einem Franzosen, in den sich Alma verliebt. Nach der Rückkehr ihres Bruders, muss sich Alma allerdings wieder unterordnen. Statt wieder nur die kleine Schwester zu sein, die nichts zu sagen hat, sucht sie ihr Glück in den USA. Heinrich Thies‘ Buch ist ein autofiktionaler Roman. Die Handlung orientiert sich an realen Ereignissen und Figuren. Als Inspiration für Alma diente ihm seine Tante Meta, die für ihn allerdings keine Ausnahmefigur war. Seinen Roman versteht Heinrich Thies trotzdem als Verbeugung vor ihr.
"Der Passagier" und "Stella Maris": Romandoppelpack von Cormac McCarthy
Cormac McCarthy hat aus einem Stoff gleich zwei Romane gemacht. "Der Passagier" um den Bergungstaucher Bobby birgt viele Geheimnisse, Unheimliches und ein Leben voller Trauer um die tote Schwester. "Stella Maris" spielt acht Jahre früher und handelt von eben jener Schwester, die sich in die psychiatrische Nervenheilanstalt Stella Maris eingewiesen hat. Der Roman ist ein Gespräch der genialen Mathematikerin und Violinistin mit ihrem Psychiater - über das Unbewusste Das Wesentliche in beiden Romanen ist das genial geschriebene Ungesagte zwischen den Zeilen. Ein endzeitlicher Wortwechsel am Rande des Verstands, am Rande der Welt.
"Unterwegs nach Chevreuse": Modiano über die Bedeutung der Erinnerung
In "Unterwegs nach Chevreuse" des französischen Literaturnobelpreisträgers Patrick Modiano geht es um die Frage: Wie zuverlässig ist das, woran ich mich erinnere? Jean Bosmans lernt bei einem seiner Streifzüge durch Paris die undurchsichtige Camille kennen. Erst als sie ihn zu einem Ausflug ins Haus seiner Kindheit in Chevreuse bei Paris mitnimmt, dämmert ihm, dass diese Begegnung nicht zufällig ist. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass es die Erinnerung ist, die unser Leben in einen Zusammenhang mit der Welt bringt.
"Blutbuch": Ein Buch der Angst
Kim de l'Horizons Roman "Blutbuch" beeindruckt mit sprachlicher Extravaganz und dramaturgischer Souveränität. Mit einer enormen Energie sucht in dem Roman eine non-binäre Person nach einer eigenen Sprache. Der Roman ist eine von Märchen inspirierte, in Nahaufnahmen realisierte Befragung der Kindheit, die die Erzählfigur Kim, mittlerweile erwachsen geworden und offen queer lebend, vornimmt. Schreibanlass ist die einsetzende Demenz der "Grossmeer" (Großmutter). Für sein Buch wurde Kim de l'Horizon mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
"Angabe der Person": Elfriede Jelineks neuer Wasserfall der Worte
Die österreichische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek galt lange Zeit als unnahbar und verschlossen. Doch in ihrem neuen Buch gibt sie geradezu intime Einblicke in ihr Leben. Denn in "Angabe der Person" verarbeitet Jelinek ein für sie traumatisches Erlebnis: eine Steuerfahndung. Alles wird auf den Prüfstand gestellt, selbst der Wasserverbrauch der Klospülung wird gemessen. Die Erzählerin, die hier "Elfie" heißt, monologisiert - und arbeitet sich an ihrer eigenen Geschichte ab, spannt aber den Bogen noch viel weiter, bis zum CumEx- und Wirecard-Skandal. Ein typisches Elfriede-Jelinek-Buch also - erzählt in einem Wasserfall von Worten. Für Fans ein Muss, für alle anderen könnte es schwierig werden, das Wesentliche aus dem Text herauszulesen.
"Nachleben": Bemerkenswertes Buch von Abdulrazak Gurnah
Warum zieht ein junger Schwarzer Anfang des 20. Jahrhunderts für den deutschen Kolonialherren in den Krieg? Eine einfache Antwort gibt Abdulrazak Gurnah in seinem neuen Roman "Nachleben" nicht. Er erzählt Geschichten, blickt aus verschiedenen Perspektiven vor allem auf die deutsche, nach 1918 britische Kolonialherrschaft in Ostafrika. Dabei beschönigt er weder, noch prangert er an. Er beschreibt. "Nachleben" ist ein Roman, der lange nachhallt, der den Bogen zeitlich und thematisch weit spannt und direkt aus dem Alltag seiner Figuren erzählt. Auf diese Weise wird auch die Ambivalenz der Kolonialherrschaft deutlich.
"Lektionen": Ian McEwan geht vielen Lebensfragen nach
Oberflächlich betrachtet erzählt Ian McEwan in "Lektionen" eine fast unspektakuläre Lebensgeschichte: Roland Baines ist ein alleinerziehender Vater, der sich als Barpianist, Tennisspieler und Gelegenheitsautor durchschlägt. Doch am seltsamen Leben des Roland Baines wirft Ian McEwan die kleinen und großen Fragen des Lebens auf. Nach und nach erfährt man, was Roland in seinem Leben geprägt hat. Sowohl im ganz intimen Sinne - Scheidung, Kindheitserlebnisse, Missbrauch - als auch im Hinblick darauf wie sich globale, historische Ereignisse in die Biografie des Einzelnen einschreiben.
NDR Buch des Monats Oktober: "Zur See" von Dörte Hansen
In ihrem dritten Buch erzählt Dörte Hansen die Geschichte der alteingesessenen Insel-Familie Sander. Vater Jens lebt seit 20 Jahren zurückgezogen und einsam auf einer Vogelwarte. Seine Frau Hanne dagegen scheint ruhelos zu sein, wie getrieben, bloß nicht stehenbleiben. Alle Familienmitglieder sind eng mit der Insel verbunden, leben aber komplett nebeneinander her. Als ein Wal auf der Insel strandet, ist das der Wendepunkt der Geschichte. Plötzlich scheinen viele Dinge möglich.
"Sisi": Karen Duves Historienroman über die "Schönheits-Kaiserin"
"Sisi" ist ein Roman aus dem Maschinenraum des kaiserlichen Hofs, mit einer nach außen strahlenden, nach innen hadernden und getriebenen Kaiserin im Mittelpunkt. Es geht um Amouren und Affektiertheiten, um höfischen Gossip, um wer-mit-wem, legal oder illegal. Und wie nebenbei wird das Räderwerk der K.-u.-K.-Monarchie irgendwie am Laufen gehalten. Karen Duve bedient sich diesmal aber nicht nur ihres gewohnt lässig-lakonischen Erzählstils, sondern erweitert ihn um Moll-Tonarten. Auf diese Weise beschreibt sie mitreißend und melancholisch die B-Seite einer Kaiserinnenherrschaft, die die besten Zeiten hinter sich zu haben scheint.
"Nachmittage": Anekdoten von Ferdinand von Schirach
Ferdinand von Schirach ist ein Meister der kleinen Form. Das beweist er auch mit seinem neuen Erzählband "Nachmittage". Das Buch versammelt insgesamt 26 durchnummerierte Skizzen und Notizen, Gedanken und kleine Geschichten, manchmal nur eine Seite lang. Sie handeln von Kunst und Kultur, Leben und Tod, Glauben und Wissen - und von den vielfältigen menschlichen Leidenschaften. In die tagebuchartigen Notate eingewoben sind immer wieder Reflexionen über Kunst und Kultur. Ein, zwei Nachmittage genügen, um das eher schmale Bändchen zu lesen. Doch die Bilder, Ideen und Geschichten darin hallen noch lange nach.
"Auf See": Komplexer Zukunftsroman von Theresia Enzensberger
Mitten auf der Ostsee lebt die siebzehnjährige Yada in der "Seestadt", einer künstlich angelegten Siedlung. Erdacht und gebaut wurde sie von ihrem Vater für den Fall, dass die übrige Welt kollabiert. Die Siedlung ist autark und völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Die zweite Hauptfigur des Romans ist Helena: Sie ist Künstlerin und Influencerin, hat keinen festen Wohnsitz und lebt quasi als Nomadin mitten in Berlin. Abwechselnd erzählt Theresia Enzensberger die Geschichten der beiden Frauen - bis sie aufeinandertreffen.
"Auf See" ist ein dystopisches Buch, das sich mit der Frage beschäftigt: Wie kann die Zukunft aussehen? Das ist manchmal komplex, liest sich aber trotzdem leicht, denn Enzensberger findet einen direkten, einfachen Ton für ihren zweiten Roman.
"Violeta": Isabel Allende erzählt von einem Jahrhundertleben
Am 2. August feierte die chilenische Schriftstellerin Isabel Allende ihren 80. Geburtstag. In ihrem neuen Roman erzählt sie von Violeta, einer Frau, die 1920 zur Welt kam und 2020 starb. Die Figur sei ihrer Mutter nachempfunden, sagt Allende. "Violeta" ist die Lebensgeschichte einer starken Frau, deren Beziehungen scheitern, die eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist und sich nach dem Tod der Tochter um den Enkel kümmert. Einige Motive und Themen kommen den Lesern dabei immer wieder bekannt vor, weil sie auch schon in anderen Büchern der Autorin auftauchten. Isabel Allende kann mitreißend schreiben und hat viel zu sagen, allerdings wäre bei "Violeta" weniger teilweise mehr gewesen.
"Ein Sommer in Niendorf": Witziger, berührender Roman von Heinz Strunk
Zu Recht hat der Rowohlt-Verlag "Ein Sommer in Niendorf" als eine Art norddeutscher "Tod in Venedig" angekündigt. Strunk ist ein Roman über einen erfolgreichen Anwalt geglückt, der sozial absteigt, indem er in Niendorf bleibt und dort einen Strandkorbverleih übernimmt, aber letztlich zufriedener wirkt als zuvor. Die Sehnsucht nach Glück oder einem Leben mit weniger Ballast - bei Strunk wirken die großen Fragen leichter als bei anderen Autoren. Nicht etwa, weil Strunk oberflächlich wäre, sondern weil er das Existenzielle durch Komik auffängt. Allein die zahlreichen skurrilen Szenen machen diesen Roman lesenswert.
"Mädchen auf den Felsen": Jane Gardams raffinierter Debütroman
Seit ihr kleiner hässlicher Bruder auf der Welt ist, hat die achtjährige Margaret kein schönes Leben mehr. Zwischen ihm, ihrer stillenden Mutter und ihrem predigenden Vater findet sie alles nur noch langweilig. Außer am Mittwoch, wenn sie mit dem neuen Hausmädchen Lydia Ausflüge macht. Lydias Anwesenheit in der Familie birgt Sprengstoff. Denn sie ist anders, handfest und ein wenig vulgär, sie will Spaß und öffnet Margaret die Augen für ein anderes Leben. Das bigotte Gleichgewicht der Familie gerät ins Wanken, und am Ende des Sommers ist nichts mehr, wie es war. Schon in diesem Debütroman hat Jane Gardam alle Register ihres Könnens gezogen. Sie zeichnet ein Gesellschaftsbild der 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, mit den noch nachwirkenden Grauen des ersten Krieges, undurchdringbaren Klassenschranken und rigiden Religionsvorschriften.
Olga Tokarczuks Roman "Anna In": Ein wunderbarer Ritt
In ihrem Roman "Anna In" knöpft sich die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk einen 4.000 Jahre alten Stoff vor: den Inanna-Mythos. Er ist die Ursprungsversion aller Geschichten über den Abstieg in die Unterwelt und liegt nun in einer Neuübersetzung vor.
Fantasievoll und poppig sind die Welten, die Olga Tokarczuk für ihre Neuintepretation des sumerischen Inanna-Mythos erschaffen hat. Mit der Leichtigkeit und dem Drive eines Computerspiels erzählt sie von Anna Ins Reise in die Unterwelt. Auch die Architektur der Hölle ist beeindruckend - mit ihren Toren und Wärtern, ihren menschlichen Dämonen und schrägen Gestalten. Ein bisschen Fabelwelt-Ästhetik wie beim legendären Maler Hieronymus Bosch. Düster ist das Setting, aber keinesfalls gruselig.
"Die Stimme" - Pageturner der niederländischen Autorin Jessica Durlacher
Die Geschichte beginnt vor dem Hintergrund des Anschlags vom 11. September auf das New Yorker World Trade Center. An diesem Tag lassen sich die Protagonisten Zelda und Bor trauen. Zusammen mit ihren Kindern können sie sich retten, werden aber schwer traumatisiert und kehren in die Niederlande zurück.
Dort stellen sie die Somalierin Amal als Kindermädchen ein. Die junge, hübsche Frau verfügt über ein enormes Gesangstalent. Bei einem Auftritt in der Talentshow "Die Stimme" nimmt sie vor laufenden Kameras ihr Kopftuch ab. Fortan wird nicht nur Amal bedroht, sondern auch die Familie, für die sie arbeitet. Ein starkes, intensives Leseerlebnis und eine Geschichte über Loyalität und Engagement.
"Der Schlaf in den Uhren" - Uwe Tellkamps neuer Roman
2008 erschien der Roman "Der Turm" von Uwe Tellkamp. Das Buch wurde mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet und der Autor wegen seines erzählerischen Talents sogar mit Thomas Mann verglichen. In den vergangenen Jahren sorgte Tellkamp vor allen mit politischen Äußerungen für Aufsehen. Im Mai ist die lang erwartete Fortsetzung des "Turms" erschienen - über 900 Seiten stark. Hauptfigur ist Fabian Hoffmann, die Handlung ist in Treva angesiedelt, einem fiktiven Stadtstaat. Viele verschiedene Erzählebenen, Rückblenden auf die Zeit des Mauerfalls und zahlreiche Anspielungen auf den heutigen Literatur- und Medienbetrieb: Uwe Tellkamp hat sich viel vorgenommen. Leider verirrt sich der Autor in seinem Roman-Labyrinth und die Lektüre wird als "anstrengend, oft qualvoll" wahrgenommen.
"Haus in Flammen" von Mischa Kopmann - Roman über das Verschwinden
Drei junge Erwachsene stehen im Mittelpunkt dieses Romans: Lias, Minnigk und Yvette. Gemeinsam demonstrieren mit "Fridays For Future" gegen den Klimawandel. Doch das reicht ihnen bald nicht mehr. Sie radikalisieren sich in der Gruppe "Dead Loss Brigade", befreien Tiere aus Laboren und zünden Gebäude an.
Parallel erzählt Mischa Kopmann in seinem dritten Roman die Dreiecks-Liebesgeschichte seiner Protagonisten. Damit ist die Eskalation auf allen Ebenen vorprogrammiert - das Ganze geht natürlich nicht gut aus. Kopmanns Erzähl-Stil in diesem Buch ist eher ungewöhnlich: Die Szenen sind lose aneinandergereiht, nicht immer chronologisch - aber immer sehr gut lesbar und hochaktuell.
"RCE #RemoteCodeExecution" - Zweiter Teil von Sibylle Bergs Nerd-Trilogie
Es ist eine dystopische Welt, die Sibylle Berg beschreibt: Viele Gebiete der Welt sind nicht mehr bewohnbar, die Bevölkerung ist komplett verarmt - vor allem, weil nur noch die Computerbranche Menschen beschäftigt. In dieser Welt, die komplett überwacht wird, müssen sich fünf junge Nerds zurechtfinden und planen den digitalen Umsturz mit zweifelhaften Mitteln.
"RCE" ist der zweite Teil einer Trilogie, die 2019 mit "GRM" begann. Das Buch lässt sich aber auch lesen, ohne den Vorgänger zu kennen. Der Roman hat zwar den typischen düsteren Sibylle-Berg-Sound, verliert sich aber oft zu sehr in den Technik-Details dieser Zukunft. Zu kurz kommen die Dialoge und Charaktere - eigentlich die Stärke von Sibylle Berg. Für Fans der eigenwilligen Autorin ist "RCE" aber sicher trotzdem ein must-read.
"Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus
Mögen Sie üppig ausgestattete Fernsehserien, die in den 1960er-Jahren spielen? "Das Damengambit" oder "Mad Men"? Dann sollten Sie sich den Roman "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus nicht entgehen lassen. Hauptfigur ist Elizabeth Zott, die als Chemikerin an einer Uni Karriere machen möchte. Doch daraus wird nichts.
Durch Zufall wird sie als Moderatorin einer Fernseh-Kochshow entdeckt. Im Laborkittel mit einem Bleistift im Haar erklärt sie amerikanischen Hausfrauen, was Kochen und Chemie gemeinsam haben - und verhilft ihnen ganz nebenbei zu mehr Selbstvertrauen. Unangepasst, klug und wortgewandt - Elizabeth Zott schließt man gleich nach den ersten Seiten ins Herz. Ein beachtliches Debüt von Bonnie Garmus, das gerade weltweit gefeiert wird.
"Eine andere Zeit": Über das Weggehen und Wiederkommen
Ein abgelegenes Dorf in Mecklenburg-Vorpommern: In diesem Mikrokosmos spielt die Geschichte über die Schwestern Enne und Suse, die in den 1970er-Jahren hier aufwachsen. Helga Bürsters kennt das Dorf Kamp gut. Hier käme alles vor, was sie für ihre Geschichte brauche, so die Autorin. Mit einer klaren, schnörkellosen Sprache schildert sie das Leben der Schwestern und ihrer Eltern in der DDR.
Während es Enne als junge Erwachsene nach Berlin zieht, will die stille, etwas seltsame Suse im Heimatdorf bleiben. Doch dann verschwindet sie spurlos, als sie mit ihrem Freund am Tag der Grenzöffnung im August 1989 nach Ungarn reist. Ihre Mutter stirbt vor Kummer, und Enne kehrt zurück nach Kamp. "Eine andere Zeit" ist ein stiller, berührender Roman über Verluste, über das Weggehen und Wiederkommen.
Karl Ove Knausgård: "Der Morgenstern" - Auftakt zu fünfbändiger Reihe
Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård hat der autofiktionalen Literatur einen ganz neuen Anstrich gegeben. Er ist dadurch zu einem international erfolgreichen Schriftsteller geworden. Sein neuer Roman "Der Morgenstern" erscheint gleichzeitig in 35 Sprachen. Der Literaturprofessor Arne beobachtet, dass Tiere sich in Massen versammeln. So wie man das aus Horrorfilmen kennt. Gelenkt werden die Tiere, wie es scheint, von einer seltsamen Lichterscheinung am Himmel. Die wiederum entdecken Arne und acht weitere norwegische Ich-Erzähler. Ist das ein Morgenstern? Oder etwas völlig Unbekanntes, gar Bedrohliches?
Karl Ove Knausgård bricht ganz bewusst mit rationalen Erwartungen. Die Erzählstränge der meisten Ich-Erzähler sind, wenn überhaupt, nur locker miteinander verbunden. Die Figuren reichen von einer Pfarrerin, die Nächstenliebe predigt, aber im Privaten lieber noch mal von vorne anfangen würde, über einen Mann, der an seiner bipolaren Frau verzweifelt, bis zu einem Journalisten. In "Der Morgenstern" sehnen sich die Figuren nach einem Neuanfang. Karl Ove Knausgård ist ein zugleich treffend realistischer und faszinierend entrückter Roman geglückt, der den Auftakt zu einer fünfbändigen Reihe bildet.
"Dschinns": Fatma Aydemirs intensiv erzählter Familienroman
Eigentlich wäre es die Erfüllung eines Traums gewesen: Hüseyin, der dreißig Jahre lang als "Gastarbeiter" in Deutschland geschuftet hat, wollte seine Familie in der neuen Istanbuler Eigentumswohnung empfangen und alle wieder zusammenführen. Doch dann kommen sie nur noch zu seiner Beerdigung: Herzinfarkt.
Zurück bleiben Mutter und vier Kinder sehr verschiedenen Charakters. Fatma Aydemir widmet Hüseyins vier Kindern Ümit, Sevda, Peri und Hakan sowie seiner Frau Emine in "Dschinns" jeweils ein eigenes Kapitel. Durch diese grundverschiedenen Charaktere hindurch fächert sich ein Gefühls- und Gesellschaftspanorama auf, das zu Herzen geht.
"Die Arbeit der Vögel": Marica Bodrožić zeichnet Seelenzustände nach
Drei Jahre lang hat Marica Bodrožić an ihrem Buch "Die Arbeit der Vögel" geschrieben. Darin folgt sie dem Weg des jüdischen Philosophen Walter Benjamin an den französisch-spanischen Grenzort Port-Bou, an dem er sich auf der Flucht vor den Nationalsozialisten das Leben nahm.
Bodrožić - selbst einst aus Dalamatien nach Deutschland gekommen - versucht, sich in Benjamins Erfahrung von Flucht und Vertreibung einzufühlen. Auch die Schicksale anderer Intellektueller, die im 20. Jahrhundert Gewalt erfuhren, fließen mit ein. "Seelenstenogramme" heißt das Buch im Untertitel - verpackt in eine poetisch-prosaische Sprache. Ein Plädoyer für das Menschliche, das durch den Krieg in der Ukraine eine neue Aktualität erfährt.
Delphine de Vigan: "Die Kinder sind Könige" - über Ausbeutung und Missbrauch
Als sie 17 Jahre alt war, wollte Mélanie in einer Fernsehshow mitmachen, die damals ein Millionenpublikum erreichte. Sie wurde zu einem Casting eingeladen, posierte leicht bekleidet - und aus dubiosen Gründen kam sie in die nächste Runde der Sendung "Loft Story". Der Erfolg von Mélanie in jener Show war damals nicht groß. Aber 18 Jahre später hat sie begriffen, wie man berühmt und reich werden kann: Sie hat inzwischen zwei Kinder, deren Leben sie filmt.
Diese kleinen Videos stellt sie ins Internet. Sie hat unglaublich viele Follower und bekommt sehr viel Geld für Werbeblöcke. Doch dann verschwindet ihre Tochter Kimmy spurlos und die Kriminalpolizei nimmt Ermittlungen auf. Delphine de Vigan - eine der kraftvollsten französischen Gegenwartsautorinnen - erzählt, wie Kinder ausgebeutet und missbraucht werden, nicht irgendwo in der Ferne, sondern mitten unter uns.
"Nebenan": Kristine Bilkaus Roman spielt am Nord-Ostsee-Kanal
Dieses Buch der Hamburger Autorin spielt im Norden - am Nord-Ostsee-Kanal. Dort verschwindet von einem auf den anderen Tag eine Familie spurlos. Die Nachbarn machen sich ihre Gedanken. Gleichzeitig erhält eine Ärztin kurz vor dem Ruhestand Hassbotschaften, nachdem sie zu einem nächtlichen Notfall gerufen wurde. Und eine große Menge Mikroplastik wird angespült.
Es sind viele Themen, die Kristine Bilkau anschneidet. Oft geht es nur um scheinbar kleine Verschiebungen, die jedoch Unwohlsein und Ängste auslösen, hinter denen etwas Größeres steht. In welchen familiären, in welchen gesellschaftlichen Räumen fühlen wir uns (noch) sicher? Wie finden wir zueinander? Nach "Eine Liebe in Gedanken" und "Die Glücklichen" wieder ein leiser, feiner Roman von Kristine Bilkau.
"Das mangelnde Licht": Vier Freundinnen in den Wirren des georgischen Bürgerkriegs
Es ist bereits der dritte Georgien-Roman der in Tblissi geborenen, seit vielen Jahren in Deutschland wohnenden Autorin Nino Haratischwili. Wieder stehen starke Frauenfiguren im Mittelpunkt, vier Freundinnen, die erwachsen werden in einem durch Bürgerkrieg und Mafia-Banden geprägten Land. Teilweise geht der Riss durch die Familien, Männer haben das Sagen, denen ein Menschenleben oft wenig gilt.
Nino Haratischwili erzählt von Mord, Kälte und Todesangst, von Zwangsverheiratung und Vergewaltigung, aber auch von leidenschaftlicher Liebe, tiefer Freundschaft und Zärtlichkeit. Neben den vier Freundinnen gibt es viele, den Leser:innen nahe kommende, prall gezeichnete Figuren. „Das mangelnde Licht“ ist ein furioser Roman, in dem viel Schatten ist, aber am Ende wird es tatsächlich hell.
"Auf der Straße heißen wir anders": Familiengeschichte zwischen Bremen-Nord und Armenien
Hauptfigur in Laura Cwiertnias Romandebüt ist Karlotta, genannt Karla. Sie wächst in Bremen-Nord auf: Einem ungemütlichen Ort mit vielen Betonbauten, eine sogenannter "Problem-Stadtteil" mit Menschen aus allen Teilen der Welt. Auch Karla hat eine Migrationsgeschichte: Ihre Großmutter kam vor vielen Jahren allein aus Armenien nach Deutschland. Nach dem Tod der Oma begeben sich Karla und ihr Vater Avi auf Spurensuche - in Yerewan, der Hauptstadt Armeniens.
Der Roman wechselt mühelos zwischen den Zeitebenen und erzählt, welche Traumata die Armenier einst zu erleiden hatten. Wie sich das auf eine Familie und auf nachfolgende Generationen auswirkt - das ist ein Thema dieses "fabelhaften, Augen öffnenden Romans" von Laura Cwiertnia.
"Die Nächte der Pest" - neuer Roman von Orhan Pamuk
Das Szenario in Orhan Pamuks neuen Roman mutet seltsam aktuell an: Auf der Insel Minger bricht eine ansteckende Krankheit aus. Damit sie sich nicht weiterverbreitet, wird sie abgeriegelt. Aber die Krankheit heißt nicht Corona und der Roman spielt 1901. Was als Historien-Roman beginnt, bekommt plötzlich krimihafte Züge.
Der oberste Gesundheitsinspektor des Osmanischen Reichs, Bonkowski Pascha, wird tot aufgefunden. Nach der Ermordung Bonkowskis kommen andere Abgesandte des Sultans: der Quarantäne-Experte Doktor Nuri und dessen Frau Pakize, die Nichte des Sultans. Sie sollen den Mord aufklären und zugleich die Pest bekämpfen.
"Der Erinnerungsfälscher": Abbas Khiders Hymne auf die Heilkräfte der Literatur
Abbas Khider stellt seinem neuen Buch "Der Erinnerungsfälscher" ein Motto von Klaus Mann voran: "Es ist kein Verlass auf die Erinnerung, und dennoch gibt es keine Wirklichkeit außer der, die wir im Gedächtnis tragen." Seinen Helden Said Al-Wahid schickt er auf eine Reise in die Heimat Bagdad, es muss schnell gehen, denn die Mutter liegt im Sterben.
Je näher er seinem Ziel kommt, desto mehr Erinnerungen drängen sich in sein Bewusstsein, an Momente der Kindheit, an die Jahre der Flucht durch arabische Länder, an schwierige Zeiten als Asylbewerber in Deutschland. Doch welche davon sind wahr? Was hat das Gedächtnis aussortiert? Was ist das überhaupt: Erinnerung? Khiders kleines Buch ist eine Hymne auf die Kraft der literarischen Erfindung, auf die Heilkräfte der Literatur.
"Serge": Yasmina Rezas illusionsloser Blick auf den Menschen
Yasmina Reza lässt in ihrem neuen Roman "Serge" vier Angehörige einer jüdischen Familie, die ohne ein Bewusstsein ihrer Herkunft aufgewachsen sind, nach Auschwitz reisen. Dabei urteilt sie nicht moralisch, sondern wirft einen illusionslosen Blick auf den Menschen.
Urkomische Dialoge geben den Ton an. Und weniger die grauenhafte Vergangenheit als die eigene Vergänglichkeit der Protagonisten, das Altern und die Einsamkeit, stehen im Mittelpunkt. Rezensentin Anna Hartwich stellt fest: Eine Erinnerung, die nicht mit einem selbst verbunden ist, muss folgenlos bleiben.
"Zum Paradies": Hanya Yanagihara über Liebe, Schmerz und Freunde
Bereits am 11. Januar ist Hanya Yanagiharas neues Buch "Zum Paradies" erschienen. In den Jahren 1893, 1993 und 2093 spielt der mit Spannung erwartete neue Roman der amerikanischen Autorin und ist so gleichzeitig eine Art historischer Roman und eine Dystopie.
Alle drei Romanteile spielen in ihrer eigenen Lebenswelt. Das verbindende Element ist der Handlungsort: Ein Haus in New York am Washington Square. Natürlich geht es aber auch um Liebe, Schmerz und Freunde - wie schon in ihrem Besteller "Ein wenig Leben". Kunstvoll erzählt, aber manchmal nicht leicht zu ertragen.
"Vernichten": Neuer Roman von Michel Houellebecq
Paul Raison ist engster Vertrauter des französischen Wirtschaftsministers Bruno Juge. Der brillante Politiker steht einerseits im Zentrum diffuser Drohszenarien, die eine rätselhafte Gruppe von Cyber-Terroristen im Netz versteckt, andererseits spielt er an der Schwelle zu den Wahlen 2027 eine entscheidende Rolle in den postdemokratischen Überlegungen des scheidenden Präsidenten.
Aber nicht nur die Arbeit, auch das Privatleben von Paul Raison ist mit ehelichen Problemen und einem Vater mit Schlaganfall alles andere als einfach. Der neue Roman des Franzosen Michel Houellebecq ist wieder einmal ein Zaubertrank, ein großes Erzählkunstwerk, das im allgemeinen menschlichen Elend doch die Möglichkeit einer Insel aufblitzen lässt. Das Buch ist am 11. Januar bei DuMont erschienen.
J. M. G. Le Clézio: "Bretonisches Lied" - Autobiografisches aus der Bretagne
Der Literaturnobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio, geboren 1940 in Nizza, erinnert sich an seine Kindheit und Jugend, vor allem: an die regelmäßigen Familienurlaube in der Bretagne. Aber er besingt nicht nur die berückende Schönheit Nordwestfrankreichs, denn immer mischt sich auch der Krieg in sein Lied und die Angst des Jungen vor den Deutschen.