Bernhard Schlink und die Dramaturgie des Erzählten
Bernhard Schlink schreibt viele Bücher. Das Schreiben sei für ihn ein Fluchtort, er ist dabei ganz bei sich. Wie er beim Schreiben vorgeht, erzählt er bei NDR Kultur à la carte.
Bernhard Schlink ist ein renommierter Jurist, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, und ein in der Literaturwelt international bekannter Schriftsteller. Mit seinem Roman "Der Vorleser" wurde Bernhard Schlink spätestens weltberühmt, das Buch wurde in über 50 Sprachen übersetzt und erhielt "Hollywood-Glanz" durch die oscarprämierte Verfilmung mit Kate Winslet.
Viele Bücher: Romane, Erzählungen und Essays hat Bernhard Schlink veröffentlicht. Jüngst erschienen ist der Roman: "Das späte Leben". Über die "letzten Dinge", über das, was wirklich wichtig ist, über Schuld und aktuelle gesellschaftliche Dynamiken spricht Bernhard Schlink mit Claudia Christophersen in NDR Kultur à la carte.
Für wen schreiben Sie, für die Leserinnen und Leser oder für sich selbst?
Bernhard Schlink: Ich denke, man kann letztlich nur für sich schreiben. Natürlich kann man, wenn man ein Lehrbuch schreibt, für Studenten schreiben. Aber man schreibt für sich, damit es das eigene Lehrbuch wird. Bei meinen Lehrbüchern habe ich an die Leserinnen und Leser nur in der Weise denken können, dass ich mich gefragt habe, schreibe ich klar, einfach und verständlich genug. Aber das war eine Anforderung an mein Schreiben und nicht eine Beschäftigung mit den Leserinnen und Lesern.
Ist man beim Schreiben ganz bei sich?
Schlink: Ich bin beim Schreiben ganz bei mir. Das ist gleichgültig, ob ich etwas Wissenschaftliches, Essayistisches oder Literarisches schreibe. Ich bin beim Schreiben ganz bei mir, kann fast sagen, Schreiben ist für mich ein Fluchtort, weil ich nirgendwo so bei mir bin, wie beim Schreiben.
Sie pendeln zwischen New York und Berlin. Habe ich das richtig gelesen, dass Sie früher in den USA auch eine Ausbildung als Masseur gemacht haben?
Schlink: Als ich Anfang der 1980er-Jahre junger Professor war, merkte ich, dass mir was im Leben fehlt, und wusste zunächst nicht, was es ist. In Kalifornien, wo ich einen Freund hatte, gibt es eine Einrichtung, wunderbar an der Küste gelegen, mit heißen Quellen, wo unter anderem Yoga und Tai-Chi angeboten werden, unter anderem Massage. Dort war ich und die Massage gefiel mir gut, auch diese sehr intensive, wortlose Kommunikation, die es ist. Ich habe am California Massage Institute in San Francisco eine dreimonatige Ausbildung zum zertifizierten kalifornischen Masseur gemacht.
Amerika wählt in diesem Jahr einen neuen Präsidenten, die Vorwahlen laufen, Donald Trump ist wieder im Rennen. Verstehen Sie, warum er einen so großen Erfolg hat? Können Sie das nachvollziehen?
Schlink: Er hat zum einen Erfolg bei den Evangelikalen und die sind zahlreich. Er hat den Erfolg, weil er geliefert hat. Er hat das Gericht, den Supreme Court, so besetzt, dass der Schwangerschaftsabbruch entlegalisiert wurde. Er verspricht auf der Linie weiter tätig zu sein. Damit gewinnt er die Evangelikalen. Viele gewinnt er, weil er so ist, wie sie gerne wären. Sie würden sich auch gerne nicht um die Steuern kümmern, nicht darum kümmern, den Gesetzen zu gehorchen, würden auch gerne auf Frauen, Schwarze und auf die schimpfen, die anderer Meinung sind, so wie Trump das macht. Die Leute würden auch gerne großkotzig leben. Er bedient eigentlich nicht ihre Interessen, das machen Biden und die Demokraten viel besser, aber an Politik wird sowieso nicht so geglaubt wie hier. Im Vordergrund steht, der ist so, wie ich gerne wäre.
Das Gespräch führte Claudia Christophersen.