Arsen in Bibliotheksbüchern: Bloß keinen Staub aufwirbeln!
Einige Bücher und Broschüren aus dem 19. Jahrhundert mit türkisgrünen Einbänden sind potenziell arsenbelastet. Die Universitätsbibliotheken in Greifswald und Rostock haben solche Bücher für die Ausleihe gesperrt. Die Landesbibliothek in Schwerin geht damit ganz anders um.
Gefährlich lebt, wer beim Lesen historischer Bücher die Finger anleckt, um die Seiten umzuschlagen - das wissen wir spätestens seit dem Filmklassiker "Der Name der Rose". Nun ist das Thema wieder aktuell, "weil diese Arsenverbindungen wasserlöslich sind", sagt Gritt Brosowski. Sie ist die kommissarische Leiterin der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern. Auch sie hat Bücher im Bestand, die möglicherweise die giftigen Kupfer-Arsen-Verbindungen enthalten.
Potenziell betroffen sind Bücher und Broschüren aus dem 19. Jahrhundert mit türkisgrünen Einbänden oder Buchschnitten, dem sogenannten "Schweinfurter Grün". "Wir haben ungefähr 815.000 Medien im Gesamtbestand und davon sind ungefähr 140.000 aus dem 19. Jahrhundert. Davon sind potenziell fünf bis zehn Prozent in grünen Einbänden oder mit grünen Buchschnitten versehen, die man aber so nicht selektieren kann", erklärt Brosowski, denn die Farbe des Einbandes ist bislang kein Suchkriterium im Katalog.
Schutz durch Handschuhe, Atemmaske und Infozettel
Doch bei einem Gang durch die Regalreihen im Magazin stechen etliche, giftgrüne Bücher und Broschüren ins Auge - gerade im Sammelbereich Mecklenburgica. Da findet sich zum Beispiel ein mecklenburgischer Staatskalender von 1835, der von jedem Bibliotheksnutzer zur Ausleihe in den Lesesaal bestellt werden kann. Tritt der Fall ein, greift in der Landesbibliothek in Schwerin ein standardisiertes Verfahren, erläutert Brosowski: "Dann läuft jemand los, holt das aus dem Regal und stellt dann eben fest: Das ist jetzt so ein Einband. Dann muss die Kette greifen, die wir gebaut haben: Zuerst besorgen wir uns Handschuhe und bringen das in die Beklebestelle. Dort reinigen, verpacken und bekleben wir das zusätzlich legen wir einen Informationszettel bei, so dass der Nutzer selbst entscheiden kann, ob er sich den Titel ansehen möchte und weisen zusätzlich auf das mögliche Gesundheitsrisiko hin." Außerdem stellen die Mitarbeiter auf Wunsch auch Handschuhe und Atemmaske bereit.
Schnelltest soll künftig Arsenverbindungen nachweisen
Die Universitätsbibliotheken in Greifswald und Rostock haben dagegen die potenziell arsenbelasteten grünen Bücher für die Ausleihe gesperrt. Sie würden im Falle der Bestellung ein Digitalisat anfertigen, sofern die Publikation noch nirgendwo anders digital veröffentlicht ist, sagt der Greifswalder Unibibliotheksleiter Christian Winterhalter: "Wir haben unterschiedliche Verfahrensweisen, in der Sache sind wir uns aber mit den Kollegen in Schwerin und Rostock einig, dass hier zu einer besonnenen Einschätzung zu raten ist und nicht zu einem panikartigen Vorgehen. Denn wir gehen davon aus, selbst wenn Arsen-Verbindungen in den Beständen festgestellt werden, dass bei üblicher Nutzung keine Gesundheitsgefahr ausgehen kann."
Auch nicht für die Mitarbeiter in den Magazinen - solange die Bücher nicht alle zugleich bewegt werden, sagt Bibliothekarin Brosowski: "Entscheidend ist der Umgang mit den Stäuben auf den Büchern. Deshalb ist die ausdrückliche Empfehlung unserer Restauratorinnen und Restauratoren, den Bestand nicht in einer konzertierte Aktion an einen Sonderstandort zu bringen, sondern ihn nach Möglichkeit unbewegt an seinem jetzigen Standort stehen zu lassen." Zumindest so lange der Schnelltest noch nicht auf dem Markt ist, der in Zukunft Arsenverbindungen rasch und unkompliziert nachweisen soll.
Das Gleiche gilt auch für private Haushalte: Falls Sie also alte, grüne Bücher, türkisgrüne Tapeten oder Möbelstoffe aus dem 19. Jahrhundert haben - bitte nicht anlecken und keinen Staub aufwirbeln, es könnten Arsenverbindungen enthalten sein.