Caspar David Friedrichs "Skizzenbuch" für 1,8 Millionen Euro versteigert
Das Auktionshaus Villa Grisebach in Berlin macht mit einem unscheinbaren Heft aus dem 19. Jahrhundert Schlagzeilen: Es ist das "Karlsruher Skizzenbuch" von Caspar David Friedrich, das nun für 1,8 Millionen Euro versteigert wurde.
Das Skizzenbuch des berühmten aus Greifswald stammenden Malers aus dem Jahr 1804 misst 33 Seiten im Format 12 x 18 cm. Der Verkaufspreis war auf bis zu 1,5 Millionen Euro geschätzt worden. Nun wechselte es für 1,8 Millionen Euro den Besitzer. Wer es ersteigert hat, ist nicht bekannt.
Es ist eines von insgesamt sechs erhaltenen Skizzenbüchern des Romantikers. Vier Bücher befinden sich im Nationalmuseum in Oslo, eines verwahrt das Kupferstichkabinett in Dresden.
Die braun marmorierten Außenseiten des Büchleins sind etwas abgeschabt, doch insgesamt ist das Skizzenbuch erstaunlich gut erhalten. Das Papier ist glatt und nur leicht vergilbt, die Seiten sind fast vollständig. "Für mich ist es schon magisch. Ich beschäftige mich jetzt seit 20 Jahren mit Caspar David Friedrich. Ich kann gar nicht glauben, dass dieses Büchlein über Raum und Zeit zu uns gekommen ist und dann auch noch in diesem Zustand", freut sich Anna Ahrens, die beim Auktionshaus Grisebach für Kunst des 19. Jahrhunderts zuständig ist.
Familie von Georg Friedrich Kersting hat Skizzenbuch weitergegeben
"Dieses Buch ist von Caspar David Friedrich in die Hände von einem seiner engsten Künstlerfreunde gelangt, Georg Friedrich Kersting. Den kennen wir gut, weil er der große Porträtist von Friedrich auch gewesen ist, also Friedrich in seinem Atelier - die berühmten Bilder hier in der Nationalgalerie und in der Hamburger Kunsthalle. Die Familie hat dieses Büchlein, das sich nun im Künstlernachlass von Georg Friedrich Kersting befand, immer achtsam und wertschätzend von einer Generation an die nächste gegeben", berichtet Anna Ahrens über den langen Weg des Skizzenbuchs.
Die sechs Skizzenbücher von Caspar David Friedrich, die bis heute erhalten sind, heißen nach den Orten, wo sie bisher aufbewahrt wurden. Das jetzt versteigerte Exemplar kommt aus Karlsruhe. Gezeichnet hat es Friedrich aber in Dresden und Umgebung - im Frühjahr des Jahres 1804.
"Er war 29 Jahre alt, er war seit gut zwei Jahren fest in Dresden, davor hatte er in Kopenhagen studiert, und er war auf der Suche nach einer neuen Kunst für eine neue Zeit", erklärt Anna Ahrens.
Skizzenbuch zeigt Motive späterer Gemälde
Caspar David Friedrich wurde durch Landschaftsbilder berühmt, die als Seelenlandschaften verstanden werden können. Im "Karlsruher Skizzenbuch" sind erste Versatzstücke davon zu finden - Wiesen und Felder, Segelboote und Skizzen alter Bäume.
"Wir finden hierin Motive, die uns sehr vertraut sind, weil sie wie Schauspieler durch die berühmten und uns sehr vertrauten und liebgewonnenen Gemälde wandern. Das berühmteste Beispiel ist wahrscheinlich die Eiche, die er hier in diesem Skizzenbuch malt. Eine alte Eiche, die wir zum Beispiel kennen aus der 'Abtei im Eichwald', das große berühmte Gegenstück zum 'Mönch am Meer'. Da steht sie direkt neben dieser Ruine", so Ahrens.
Skizzen zeigen Entwicklung neuer Bildsprache
Die von Friedrich skizzierte Eiche ist ein knorriger Baum, von dem schon einige Äste abgebrochen sind. Spannend ist, dass Friedrich den Stamm in verschiedenen Varianten zeichnete. Auf einer Skizze wirkt die Struktur der Rinde wie ein abstraktes Muster. "Es geht nicht mehr um das reine Abzeichnen, sondern wir sehen, wie er tatsächlich über diese Auseinandersetzung mit den Naturmotiven zu einer wirklich radikal neuen Bildsprache kommt", erklärt Ahrens. All das macht das "Karlsruher Skizzenbuch" auch für die Forschung interessant. Bleibt zu hoffen, dass es nach der Versteigerung nicht irgendwo in einem Safe verschwindet.
"Für dieses Objekt gibt es eine Leihanfrage für die große Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in Dresden. Die ersten Ansprechpartner für ein solches Buch sind die großen, professionell geführten Institutionen. Ich habe eine ganze Reihe an vertrauensvollen Verbindungen zu Privatsammlern, die selber professionell sammeln mit einer großen Kennerschaft und selbstverständlich leihen die auch aus für Ausstellungen und machen ihre Objekte zugänglich. Insofern denke ich, dass sich dieses Büchlein an diese Adressaten richtet."
Nationales Kulturgut? Berliner Kulturverwaltung leitet Verfahren ein
Ein mögliches Hindernis für Bieterinnen und Bieter stellt ein Verfahren dar, das die Berliner Kulturverwaltung am 24. November eingeleitet hat. Sie will mit dem Verfahren erreichen, dass das "Karlsruher Skizzenbuch" in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes des Landes Berlin eingetragen wird. Das würde ein Ausfuhrverbot des Skizzenbuchs bedeuten. Nach Angaben von Grisebach-Geschäftsführerin Diandra Donecker hat das Verfahren bislang keinen Einfluss auf das Bieterinteresse gehabt.