Rowohlt schenkt Hamburger Staatsbibliothek 35.000 Erstausgaben
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hat einen echten Schatz erhalten: 35.000 Erstausgaben des Rowohlt Verlags. Fallada, Kafka und Franzen sind dabei. Noch aber lagern sie in Lohbrügge, tief unter der Erde.
Diese Schatzkiste war früher mal eine Tiefgarage. Durch schier endlose Gänge, an den Seiten Rollregale mit Kurbeln, geht es im zweiten Untergeschoss zu einer schnöden blauen Tür, an der ein Zettel hängt: "Rowohlt Archiv". Dahinter, Bücher in Rollregalen. Alles Titel, die im Rowohlt Verlag erschienen sind, den es immerhin schon seit 1908 gibt.
"Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hat 35.000 Bände des Rowohlt Verlags übernommen, das so genannte Bucharchiv des Verlags", sagt Konstantin Ulmer von der Stabi. Es seien viele Nachriegstitel, aber auch einige Raritäten aus der Zeit davor. Der Verlag sei auf die Bibliothek mit dem Angebot zugekommen.
Perfekte Bedingungen für die Langzeitarchivierung
Derzeit werden die Bücher katalogisiert, bekommen eine Kennnummer und sollen dann auch für Stabi-Nutzer verfügbar sein. Jean-Paul Sartre, Max Frisch, Jonathan Franzen, praktisch jeder Name der Literatur des 20. Jahrhunderts liegt nun in Lohbrügge und das bei perfekten Bedingungen. "Hier sind es konstant 18 Grad, hier sind es konstant 50 Prozent Luftfeuchtigkeit. Das ist gerade für die extrem holzartigen Papiersorten der Nachkriegszeit sehr wichtig, damit sie hier mehr oder weniger für die Ewigkeit stehen können", erklärt Ulmer.
Raritäten und Perlen von Kafka über Maleko bis Fallada
Einige ganz besondere Titel sind noch nicht in Lohbrügge, sondern im Bieberhaus am Hauptbahnhof. In der Zentrale des Rowohlt Verlags. Michael Töteberg vom Verlag hat hier mitaussortiert. In der Hand hält er ein dünnes Büchlein. "Betrachtung" von Franz Kafka. "Ich hab dann mal geguckt, was das wohl wert wäre. Viele Bücher kann man ja in einem Auktionskatalog nachschlagen. Dieses Buch ist gar nicht auf dem Markt, man kann also nicht sagen, was es wert ist", sagt er.
Es ist die erste Veröffentlichung Kafkas, 1912 bei Rowohlt erschienen. Überraschend groß gedruckt. Gerade diese Kafka-Erstausgabe ist selten, sie wurde so nur 300 Mal produziert. Wie viele erhalten sind, ist unbekannt. Auch sie wird an die Sammlung des Stabi gehen.
Es gibt weitere Perlen, wie die Erstausgabe von Hans Falladas "Kleiner Mann, was nun?", Hardcover, aber auch die erste Taschenbuchausgabe, mit der der Rowohlt Verlag einst sehr viel Geld verdiente. Oder das "Stenogrammheft" von Mascha Kaleko, das Ernst Rowohlt lange weiterverlegte, obwohl die Nazis es verboten hatten. Alles muss raus.
"Von jedem Buch, das bei Rowohlt gedruckt worden ist, ist ein Exemplar ins Archiv gegangen. Eigentlich war in jedem Gang ein Bücherregal", erinnert sich Michael Töteberg. Schon das ehemalige Verlagshaus in Reinbek platzte aus allen Nähten. "Dann sind wir hier nach Hamburg gezogen, da ist nicht so viel Platz und die Statik des Hauses hätte das auch gar nicht so zugelassen", sagt Töteberg.
Ausstellung geplant
Die 35.000 Erstausgaben sollen nicht nur Studierenden zur Verfügung gestellt werden. Die Stabi hat noch eine weitere Idee, sagt Konstantin Ulmer: "Gemeinsam mit dem Rowohlt Verlag wollen wir eine Ausstellung aus den Beständen machen." Der Termin steht noch nicht und auch der Inhalt ist noch nicht komplett durchdacht. Fest aber steht, dass natürlich einige Raritäten zu sehen seien werden, aber auch die Vielfalt des umfangreichen Archivs gezeigt wird. Doch bis die 35.000 Bücher erfasst sind, dürfte es noch eine Weile dauern.