"Versteinertes Wetter": Ausstellung zum Mitmachen und Anfassen
Wetter hinterlässt Spuren im Gestein: Das Naturhistorische Museum in Braunschweig hat eine aufregende Ausstellung zu diesem Thema zusammengestellt. Ein Gespräch mit dem Museumsdirektor Mike Reich.
Herr Reich, wir sprechen gerade viel über Wetter, Klima, Klimawandel - ist das auch einer der Gründe, dass Sie jetzt diese Ausstellung eröffnet haben?
Mike Reich: Definitiv. Wir wollen zum einen für das Thema Wetter, Klima, Klimawandel sensibilisieren, für Jung und Alt. Zum anderen aber auch aufzeigen, dass Wetter, Klima, Klimawandel auch schon in erdgeschichtlichen Zeiten eine Rolle gespielt haben und dass es da auch Nachweise gibt. Beispielsweise in 290 Millionen Jahre alten Sandsteinen, die wir zeigen, mit Regentropfenabdrücken oder Trockenrissen et cetera.
Wie kann ein Blitz versteinern?
Reich: Wenn ein Blitz in Sand oder Boden einschlägt, schmilzt das dortige Gestein oder der Sand blitzschnell, innerhalb von wenigen Sekunden. Es bleibt ein Hohlraum, wo der Blitz eingeschlagen ist, aber rundherum um diesen Blitzkanal entsteht eine Röhre aus dem geschmolzenen Gestein. Bei Sand ist das vorzugsweise Siliziumdioxid, also amorphes Glas, wie wir das kennen. Manchmal sind noch ein paar andere Elemente dabei, meistens Eisenverbindungen, die im Grundwasser vorhanden sind.
Warum bleiben die Regentropfenabdrücke so konserviert? Das passiert ja eine Menge zwischendurch, bis das Ganze versteinert.
Reich: Ja, natürlich. Wir zeigen sogar mehrere Beispiele für fossile Regentropfen, also Millionen Jahre alt, aber auch Regentropfen, die nur ein paar Jahre alt sind und aus einer Pfütze geborgen wurden. Gerade zum Ende eines Regenschauers, wenn der Regen ein bisschen nachlässt, dann bleiben diese Regentropfen als Marken, als Eindellungen in dem feinen Schlamm auf dem Waldweg erhalten. Wenn dann günstige Umstände dazukommen, wie zum Beispiel ein nachfolgender großer Gewittersturm, kommt dadurch noch eine weitere feine Schicht Sediment drauf, und das Ganze wird richtig versiegelt und, wenn wir Glück haben, für Millionen von Jahren konserviert.
In der Ausstellung sind auch Gesteine mit Eiskristallen zu sehen. Das hat eine ganz subtile Schönheit. Kann man auch einfach mit ästhetischen Gesichtspunkten durch diese Ausstellung gehen?
Reich: Definitiv. Zum einen sind es die Fotografien von Schnee, Frost, Hagel, Regen, Gewitter, Sonne, Hitze, Wind oder Sturm, die wir zeigen. Zum anderen diese Phänomene, diese Strukturen, Marken, die im Gestein erhalten bleiben. Das kann man aus vielerlei Perspektiven betrachten, auch von der künstlerischen Seite sehen.
Wir leben in einer Zeit, in der Extremwetterphänomene eine immer größere Rolle spielen. durch die Klimakatastrophe. Was erfahren wir in der Ausstellung zu solchen Ereignissen in der Vergangenheit?
Reich: Zum einen, dass das Klima nie wirklich stabil war. Die detaillierten Wetteraufzeichnungen führen uns mindestens 150 Jahre zurück. Aber das ist nur ein kleiner Wimpernschlag in der Erdgeschichte. Seit der Entstehung unseres Planeten ist eine Menge passiert. Und wir wollen aufzeigen, dass das in der Erdgeschichte schon immer eine Rolle gespielt hat. Andererseits müssen wir sehr klar unterschieden zwischen Klima und Wetter. Wir wollen zeigen, dass Klimawandel uns weiterhin begleiten wird und was wir dagegen tun können.
Man muss die Kinder nicht zu Hause lassen, wenn man die Ausstellung besucht, oder?
Reich: Nein, muss man nicht. Unser Haus ist bekannt dafür, dass es für alle Generationen etwas bietet. Zum einen für die älteren Generationen mit der künstlerischen Betrachtungsweise oder das Zurückbesinnen: Wie war das Wetter vor 50 Jahren? Aber auch für Kinder und Jugendliche ist etwas dabei. Es gibt viele Objekte nicht nur zum Mitmachen, sondern auch zum Anfassen: zum Beispiel das größte Hagelkorn der Welt mit fast 900 Gramm und dreifach so groß wie ein Tennisball. Oder andere Objekte, die haptisch erlebt werden dürfen.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.