Elvin İlhan, Julia Lochte, Mohammed Ghunaim stehen vor dem Thalia-Theater © Thalia Theater / Natalie Köhler Foto: Natalie Köhler

"Nachbarschaften": Transkulturelles Festival am Hamburger Thalia

Stand: 10.11.2023 11:29 Uhr

Anatolischer Disko-Folk, türkischsprachige Laientheatergruppen und ein Leipziger Buchpreis-Träger: Das transkulturelle Festival "Nachbarșchaften - Komșuluklar" am Thalia feiert eine neue Stadtgesellschaft.

von Katharina Preuth

Es ist bereits die dritte Auflage des transkulturellen Festivals "Nachbarșchaften - Komșuluklar" von den Kuratoren und Kuratorinnen Mohammed Ghunaim, Elvin İlhan und Julia Lochte, das das Thalia Gaußstraße bis zum 19. November feiert. "Es gibt Diversität im Kulturbereich, aber sie steht oft nicht derart im Mittelpunkt wie bei uns. Wir machen eines der größten Festivals Deutschlands, fokussiert auf ein Thema: postmigrantische Positionen", erklärt Mohammed Ghunaim, Referent für Diversität am Thalia Theater.

Bühnenpremiere und Impovisationstheater

Die Eröffnung des Festivals am 10. November übernimmt die türkische Journalistin Ece Temelkuran. Ihr 2015 erschienenes Buch "Stumme Schwäne" feiert auf der Bühne Premiere. Die Geschichte spielt in der Türkei - und wird mehrsprachig aufgeführt. Abends gibt es dann in der "süperdisko" anatolischen Disko-Folk und Middle Eastern Funk.

Besonders beliebt waren in den vergangenen Ausgaben die Aufführungen der türkischsprachigen Amateurtheatergruppen und auch in diesem Jahr sind die Aufführungen schon fast ausverkauft. In Improvisationen widmen sie sich dieses Mal dem Roman "Dschinns" von Fatma Aydemir. Ausgehend von der Geschichte des Romans entwickelten die Amateurgruppen eigene Choreografien und Texte.

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Altona wird zur Bühne

An einem anderen Abend wird der diesjährige Leipziger Buchpreis-Träger Dinçer Güçyeter aus seinem Roman "Unser Deutschlandmärchen" lesen. Neben den Gastspielen, Partys, Lesungen und Publikumsgesprächen steht auch noch einmal "Herkunft" von Saša Stanišić auf dem Programm.

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Das komplette Festival findet in Altona statt, meistens im Theater in der Gaußstraße. "Die neue Stadtgesellschaft ist divers, vor allem hier in Altona", erklärt Julia Lochte, Leitende Dramaturgin am Thalia Theater und Teil des KuratorInnen-Teams. In einem inszenierten Rundgang verlässt das Programm allerdings die Theaterbühne und geht tatsächlich hinein in den Stadtteil.

Rundgang durch das von Migration geprägte Altona

Eine Schauspielerin steht auf einer Bühne © Bettina Stöß Foto: Bettina Stöß
In „And now Hanau“ geht es um den rassistischen Mord am 19. Februar 2020. Das Stück wird im Altonarer Rathaus aufgeführt.

"Beim Nachbarschaftsspaziergang Sokak erzählen die Straßen Altonas die Geschichten", heißt es in der Ankündigung. Den Spaziergang machen sie nach den Erfolgen der vergangenen beiden Jahre bereits zum dritten Mal. "Der Hamburger Stadtteil Altona ist geprägt durch Migration. Nach 2015 kam eine neue Community, getragen von der alten Community. Die Gesellschaft ist im ständigen Wandel", sagt Ghunaim.

Erstmals geht es für das Festival in diesem Jahr an einen weiteren besonderen Ort. Das Altonaer Rathaus bildet die Kulisse für das Stück "And now Hanau". Das Gastspiel der Theater Münster und Oberhausen befasst sich mit der rassistischen Tat am 19. Februar 2020 in Hanau, als ein Mann neun Menschen ermordete. Im Anschluss ist ein Gespräch mit dem Regisseur Tuğsal Moğul geplant.

Festival: Diverses Programm für ein diverses Publikum

Eine Frau sitzt in einem Auto, vor ihr spielen Musiker. © Ute Langkafel Foto: Ute Langkafel
„Berlin Kleiststraße“ erzählt die Geschichte einer Israelin und eines Deutsch-Türken in Berlin.

Obwohl das Programm bereits vor den Angriffen der Hamas auf Israel feststand, wollen die Veranstalter das Thema nicht ausklammern. "Im Zentrum des Stücks 'Berlin Kleistpark' steht ein transkulturelles Liebespaar: eine Israelin und ein Deutsch-Türke, die zunächst Nachbarn waren und vielleicht eine Familie gründen wollen oder nicht. Da kommen natürlich Dinge zur Sprache“, vermutet Lochte.


Dem Festival ist es in den vergangenen Jahren gelungen, durch ein diverses Programm ein diverses Publikum zu begeistern. "Alleine, dass auf den Plakaten das Wort Nachbarschaften auf Türkisch steht, ist es eine andere Art der Einladung an das Publikum. Obwohl die meisten mittlerweile perfektes Deutsch sprechen." Auf die große Zustimmung aus der direkten Nachbarschaft des Theaters und des Stammpublikums hoffen die Veranstalter auch in diesem Jahr.

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